Tierhaltung in der Mietwohnung – das ewige Streitthema.

Miete und Wohnungseigentum
22.08.2012563 Mal gelesen
Der BGH vertritt eine vermittelnde, einzelfallbezogene Ansicht, bei der auf die jeweiligen Interessen Rücksicht zu nehmen ist. Eine schematische Lösung gibt es nicht.

Zu berücksichtigen sind insbesondere Art, Größe, Anzahl, Verhalten der Tiere und Zustand und Lage der Wohnung oder des Hauses, in dem sich die Wohnung befindet. Weiterhin sind entscheidend die persönlichen Verhältnisse, bestehende Tierhaltung im Haus, bisherige Handhabung durch den Vermieter und besondere Bedürfnisse des Mieters.

Die Haltung von kleinen Haustieren gehört nach Ansicht der Bundesrichter zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung, weil von ihnen in der Regel keine Beeinträchtigungen der Mietsache und Störungen Dritter ausgingen. Haustiere wie Schildkröten oder Hamster würden in Käfigen gehalten und gehörten zum vertragsmäßigen Gebrauch einer Mietwohnung, was laut der kritisierten Mietklausel aber der Zustimmung des Vermieters bedurft hätte.

Bei der Haltung von Haustieren, vor allem von Kleintieren, müsse eine umfassende Abwägung zwischen den Interessen des Mieters, des Vermieters und der weiteren Beteiligten erfolgen. Die Richter klärten jedoch nicht, welche Tiere als "Kleintier" gelten.

Das Gericht (BGH, AZ: VIII ZR 340/06) erklärte damit starre Verbotsregeln für unwirksam.

Als Folge dieses Urteils entfallen in vielen Mietverträgen wirksame Regelungen zur Tierhaltung und Mieter und Vermieter müssen nun im Einzelfall über die Haustierhaltung verhandeln.

Private Mietrechtsstreitigkeiten verhandelt stets das zuständige Amtsgericht. Welche Auswüchse auf untergerichtlicher einzelrichterlicher Ebene diese auf zahlreichen Kriterien und Gewichtungen ausgelegte Lösung annehmen kann, zeigen zwei Urteile:

AG München (AZ: 414 C 5898/12): Die Vermieterin/Klägerin hatte die Haltung zweier Hunde mündlich genehmigt. Monate später stellte sich heraus, daß die Mieter eine durch jeden objektiven Dritten feststellbare, offensichtlich professionelle, d.h. auf Gewinnerzielung aufgerichtete Jagdhundezucht betrieben und zwar mittels einer entsprechenden Homepage, auf der die Tiere mit Stammbäumen und mehrere tausend Euro teurem Wurf präsentiert wurden. Die Klägerin sprach die Kündigung aus, widerrief die Tierhaltung  und forderte Herausgabe der Wohnung. Der Richter stellte sich auf den Standpunkt, selbst diese Kriterien seien keine Zucht, sondern eben einmal ein Wurf. Zucht ist jedoch die gezielte Fortpflanzung von Rüde und Hündin. Das Zuchtziel ist das Erhalten von Welpen mit definierten Eigenschaften der Elterntiere. Dies war  hier also gegeben. Der Widerruf der Tierhaltung und die Kündigung seien jedoch unwirksam. Die Beklagten argumentierten, sie betrieben die Hundehaltung hobbymäßig. Der Wurf sei passiert und die Tiere wären verschenkt worden. Weitere Würfe seien nicht geplant. Als die Klägerin auch die Eintragung in eine Züchterliste eins Hundezuchtvereins vortrug und bewies, wurde gegenargumentiert, dort sei man hineingeraten. Eine Hundezucht sei laut Gericht nichts Anstößiges. Die Klage wurde abgewiesen.

Das AG Berlin Köpenick (AZ: 17 C 88/00) gestattete sogar ausdrücklich das Halten von Schweinen in der Mietwohnung. Laut Gericht seien die Borstenviecher (Hausschweine) rechtlich genauso zu behandeln, wie Hunde oder Katzen und dürften daher als Haustiere in einer Mietwohnung gehalten werden. Der Versuch des Vermieters, die Haltung gerichtlich zu untersagen, scheiterte.

Jedem Vermieter ist zu empfehlen, jegliche Tierhaltung im Mietvertrag schriftlich zu untersagen und sich ausdrücklich den Widerruf bei Erlaubnis vorzubehalten. Auch die stillschweigende Untersagung sollte ausgeschlossen werden, insbesondere, wenn der Mieter Haustiere hält, die die Wohnung nicht verlassen. Es sollte auch untersagt werden, fremde Tiere zur Pflege oder wegen urlaubsbedingter Abwesenheit Dritter vorübergehend aufzunehmen. Der Aufenthalt von Tieren auch von Besuchern sollte ebenfalls untersagt werden.

Ob solche Klauseln vor dem erkennenden Einzelrichter Bestand haben, bleibt dem Einzelfall und der gesellschaftlichen Entwicklung und Übung vorbehalten, sie geben aber zunächst Rechtssicherheit, da der Mieter in diese eingewilligt hat.

Es ist die freie Entscheidung des Vermieters, ob er seinem Mieter die Tierhaltung gestatten will oder nicht. Er muß noch nicht einmal Rechenschaft über die Gründe ablegen, die zu dieser Entscheidung geführt haben (OLG Hamm, RE v. 13.1.1981 - 4 REMiet 5/80 und 4 REMiet 6/80, NJW 1981, S. 1626). Diesem Urteil sind zahlreiche andere Gerichte gefolgt (LG Karlsruhe, Beschluss v. 4.2.2002 - 5 S 121/01, DWW 2002, S. 100; LG Berlin, Urteil v. 15.10.1998 - 67 S 143/98, PuR 1999, S. 52; LG Berlin, Urteil v. 10.1.1995 - 63 S 300/93, PuR 1995, S. 320; LG Köln, Urteil v. 11.2.1994 - 6 S 189/93, DWW 1994, S. 185). 

Rechtsanwalt Holger Hesterberg 

Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im DAV. 

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