Fahrradcops und die Verdachtsberichterstattung

02.05.2017111 Mal gelesen
Polizei-Dokus sind beliebt und günstig zu produzieren - Oft bleiben Persönlichkeitsrechte auf der Strecke - meint Rechtsanwältin Birgit Rosenbaum aus Köln.

Ganz klar: wer bei Rot über die Fußgängerampel geht, der kann und sollte auch dafür bestraft werden und wenn die Polizei sich medienwirksam positioniert, dann ist das in der Sache nicht schlecht und hilft sicherlich auch.

Allerdings: Am Beispiel der Kölner Fahrradcops passieren in "Spiegel.tv" doch einige Dinge, die Persönlichkeitsschützern die Haare zu Berge stehen lassen. Menschen, die eine Ordnungswidrigkeit oder ein Vergehens begehen, erfahren hier eine Art der Vorverurteilung und der Vorführung, die nach Meinung von Rechtsanwälten wie der Kölner Fachanwältin und Expertin im Persönlichkeitsrecht Birgit Rosenbaum nicht zulässig ist - vor allem dann nicht, wenn die Bilder der Beschuldigten einem Millionenpublikum präsentiert werden.

Problematisch dabei sind vor allem die Äußerungen der Gesetzeshüter. Das fängt an mit einem "Das ist doch bestimmt nicht Ihr Auto!" geht über ein "Bei dem ist eh nichts zu holen!" und endet beim Zitieren von Gesetzesnormen durch TÜV-Prüfer, die sich Gedanken über die psychologische Fahreignung von Autobesitzern machen.

Insbesondere die Tatsache, dass die Polizei Köln Drehgenehmigungen an private Produktionsbüros erteilt ist nach Meinung der Anwältin schon kritisch zu sehen, da davon ausgegangen werden kann, dass Dokus dieser Art mit heißer Feder gestrickt sind und statt von sauberer Recherche von billigen Vorführeffekten leben, an denen sich öffentliche Einrichtungen nicht beteiligen sollten. Rosenbaum: "Wenn sich Polizisten zu Großstadt-Sherifs aufspielen und 'die Bösen' genüsslich in ihren Unvollkommenheiten gewälzt werden, da muss dann doch schon mal die Frage nach dem Sinn solcher Filmaufnahmen gestellt werden!" Das Ziel der Aktion ist legitim, aber nicht die Mittel. Die Polizei Köln hat u.a. auch die Pflicht, Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu verhindern, statt sich zum Unterstützer der verantwortlichen Rechteverletzer zu machen.

Unfreiwilligen Hauptdarstellern empfiehlt Rechtsanwältin Rosenbaum, sich gegen nachweisliche Verletzungen von Persönlichkeitsrechten durch solche Reality-Dokus zeitnah und konsequent zu wehren. Rosenbaum: "Nochmals: Das Ziel solcher Aufklärung ist edel, die Ausführung allerdings nicht! Die ganze Sendung lebt von einem in seiner Art erwartungsgemäß agierenden Auto-Fan-Urtypus, der sich zugegebenermaßen dämlich verhalten hat. Spannung kommt allerdings eher durch die Gewaltprophezeiungen der Polizei und der Erfüllung von Ressentiments innerhalb des geneigten Publikums zustande". Heißt: Ordentlich recherchiert ist etwas anderes. Tipp der Expertin: "Lassen Sie sich auf das Abenteuer nicht ein und verweigern Sie jegliche Beteiligung an Medienerzeugnissen dieser Art. Polizei-Dokus werden nicht gedreht, um zu zeigen, dass die Angehaltenen recht haben!"