Hohe Ansprüche an eine Schmähkritik

Hohe Ansprüche an eine Schmähkritik
12.04.2017481 Mal gelesen
Die Meinungsfreiheit ist in Deutschland geschützt. Ein so genannter verdrängender Effekt ist die so genannte Schmähkritik, die zu unterlassen ist, auch wenn der Redeführer sich auf des Recht der freien Meinungsäußerung beruft.

Deutsche Gerichte setzen der Schmähkritik einen engen Rahmen und ein Unterlassungsanspruch ergibt sich erst, wenn eine Beleidigung ohne Zweifel festgestellt werden kann. Rechtsanwalt Arno Lampmann, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und Partner bei LHR - Kanzlei für Marken, Medien, Reputation: "Ein bloßes Überzeichnen der Kritik oder eine besondere Auffälligkeit macht eine persönliche Kritik noch nicht zur Schmähkritik."

Der Versammlungsleiter einer im rechten Spektrum angesiedelten Veranstaltung hatte einen Grünen Bundestagsabgeordneten u.a. als "Obergauleiter" bezeichnet. Zitat: "Ich sehe hier einen aufgeregten grünen Bundestagsabgeordneten, der Kommandos gibt, der sich hier als Obergauleiter der SA-Horden, die er hier auffordert. Das sind die Kinder von Adolf Hitler. Das ist dieselbe Ideologie, die haben genauso angefangen."

Das Amtsgericht verurteilte den Beschwerdeführer wegen Beleidigung in Form einer Schmähkritik zu einer Geldstrafe. Auf die Berufung des Beschwerdeführers verwarnte das Landgericht den Beschwerdeführer und behielt sich die Verurteilung zu einer Geldstrafe vor. Die Revision zum Oberlandesgericht blieb erfolglos. 

Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die gerichtlichen Entscheidungen und rügt im Wesentlichen die Verletzung seiner Meinungsfreiheit.

BVG hattel anders zu bewerten als die Vorinstanzen

Entscheidungen verletzten den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Demnach darf Kritik auch pointiert, polemisch und überspitzt erfolgen. Um den hohen Anspruch einer Schmähkritik zu erfüllen, müssten Äußerungen deutlich herabsetzender sein und sich als Formalbeleidigung oder Schmähung darstellen.

Weiter stellte das Gericht auf die weiteren Geschehnisse des Tages ab: Der Politiker hatte die Versammlungsteilnehmer vorher seinerseits als "Braune Truppe" bezeichnet und in ihnen "rechtsextreme Idioten" erkannt. Dass die Einordnung als "Obergauleiter" erkennbar unzutreffend und lediglich eine Reaktion auf die Angriffe des Politikers war, wertete das Gericht als eindeutiges Zeichen gegen das Vorhandensein einer "Schmähkritik".

Die Vorinstanz wird sich nun etwas intensiver mit den Umständen rund um die Veranstaltung befassen müssen und abzuwägen haben, wie das Vorverhalten des Geschädigten, der immerhin die Versammlung verhindern wollte, zu bewerten sei und ob die Reaktion darauf wirklich eine Schmähkritik darstellt.

Beschluss vom 08. Februar 2017 - 1 BvR 2973/14 

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