In einem an die Anleger gerichteten Schreiben datierend vom Februar 2011 wird den Gesellschaftern zunächst mitgeteilt, dass der Generalunternehmer (SBM) ursprünglich von einem Ablieferungstermin im März 2011 ausging. Da es in der Vergangenheit zu erheblichen Verzögerungen kam, welche das Gesamtprojekt nicht nur einmal infrage stellten, baute die Geschäftsleitung der Coöperatie bereits einen Zeitpuffer betreffend die tatsächliche Ablieferung von 2 Monaten ein.
Da das Vorhergesehene in der oben bezeichneten Angelegenheit mit nahezu gleicher Wahrscheinlichkeit einzutreten pflegte, wie das Unvorhergesehene, teilte nunmehr auch die SBM mit, mit dem neuen Ablieferungstermin zu Mitte Mai 2011 konform gehen zu müssen.
Glänzt das Anschreiben im ersten Abschnitt mit Fertigstellungsziffern von 97,4 % und 98 % Kabelabschlussarbeiten - was auch immer das heißen mag - so sei die Inbetriebnahme der Bohrsysteme im Hafen von Abu Dhabi jetzt mehr als absehbar. Soll das Oil Rig angeblich Mitte Mai 2011 laut der SBM abgeliefert werden können, so steht bis zur endgültigen Inbetriebnahme und Aufnahme der Charter noch ein langer und "schleppender" Weg bis zur Küste Brasiliens bevor, wo die Übergabe an die Petrobras erfolgen soll. Erfolgen wird dies allerdings nur dann, wenn die Petrobras eine bereits jetzt angenommene weitere Verzögerung in Kauf nimmt und von ihrem Kündigungsrecht einstweilen Abstand nähme (dazu sogleich mehr).
Die lesenden Anleger dürften jedoch zum ersten Mal zucken, wenn sie bei Durchsicht des Schreibens bereits im ersten Abschnitt zur Kenntnis nehmen müssen, dass von einer "erneuten Verzögerung" und damit entstehenden Mehrkosten die Rede ist, für welche das in Aussicht gestellte Überbrückungsdarlehen beansprucht werden muss.
Die Unsicherheit kann im Folgenden durch die Darstellung der anvisierten Finanzierung indes nicht abgebaut werden. Ganz im Gegenteil. So werden die Anleger bereits darauf hingewiesen, dass ohne eine bis dato noch unsichere Finanzierung der Mehrkosten weiterhin die Gefahr bestehe, dass die finanzierenden Banken das Darlehen sofort fällig stellen würden und das Oil Rig im Rahmen einer Sicherheitenverwertung veräußert werden müsse.
Soweit so schlecht. Denn in diesem Fall könnte ein teilweiser oder vollständiger Verlust der gezahlten Einlage der Anleger nicht ausgeschlossen werden. So jedenfalls der ausdrückliche Hinweis in dem Schreiben.
Dies vorangestellt werden die Anleger auf die sich durchschnittlich weiterhin gut entwickelnden Tagesraten vergleichbarer Oil Rigs informiert. Das der vertraglich verpflichtete Charterer Petrobras an seinen Erkundungszielen fest hält und weitere Oil Rigs in Auftrag gegeben hat, mag zwar für die nicht gänzlich verheerende Marktsituation sprechen, hilft den Anlegern jedoch in dem Falle nichts, in welchem die Fristen weiterhin nicht eingehalten werden können bzw. die finanzierenden Banken ihren Riegel vorschieben. Einzige Sicherheit bietet den Anlegern, dass Petrobras - wohlgemerkt vorbehaltlich - die Kündigungsfrist von 180 Tagen auf 365 Tage zu verlängern beabsichtigt.
Auch dies vorangestellt informiert das Schreiben die Anleger über einen nicht unwesentlichen Umstand. Die noch nicht sichere Verlängerung bzw. Akzeptanz der neuen Kündigungsfrist auf 365 Tage würde bedeuten, dass mit Datum vom 11. August 2011 der Chartervertrag kündbar wäre. Demgegenüber ist eine realistische Ablieferung auf Juli 2011 geplant, welche allerdings noch nicht die Überfahrt nach Brasilien beinhaltet. Nun wissen die Anleger auch, dass die räumliche Distanz ein erhöhtes Zeitfenster benötigt. Realistisch ist daher, dass eine Anlieferung beim Charterer erst im Oktober 2011 möglich wäre. Damit wäre der Kündigungstermin um weitere zwei Monate überschritten. Summa summarum bedeutet dies, dass um der Gefahr einer Kündigung zu entgehen, die Petrobras einer erneuten Verlängerung der Kündigungsfrist zustimmen müsste. Ob, wie und wann dies der Fall sein sollte, steht noch in den Sternen. Daher bleiben die Anleger mit der bestehenden Unsicherheit wieder einmal allein auf hoher See.
Hinsichtlich des weiteren Vorgehens wird kein Hehl daraus gemacht, dass enorme Unsicherheiten hinsichtlich der zu erneuernden Liquiditätsplanung bestehen. Was in dem Schreiben als vertrauensbildende Maßnahme hinsichtlich des Baufortschritts zunächst zu verstehen war, entpuppt sich in der Gesamtschau als Tropfen auf dem heißen Stein. Einzig eine straffe und sichere Finanzierung nebst für verbindlich erklärbaren Ablieferungsterminen hätten das Vertrauen in dieses Projekt nachhaltig "wieder-"herstellen können. Dies ist jedoch erneut nicht geschehen. Anleger müssen sich die Frage stellen, ob sie das Vertrauen in dieses Finanzierungskonzept zukünftig überhaupt wieder erlangen können oder sich bereits mit dem als Möglichkeit angekündigten vollständigen Verlust ihrer Anlage anfreunden müssen.
Da helfen auch angefertigte Hochglanzbilder nicht wirklich weiter.
Anleger kann geraten werden, ihre Unterlagen von einem auf diesem Rechtsgebiet spezialisierten Anwalt prüfen lassen.