Die Übergabe einer Belegsammlung ist keine Auskunft im Sinne des § 1605 BGB

Kredit und Bankgeschäfte
21.11.20065431 Mal gelesen

Die Auskunft ist eine Wissenserklärung, die der Schriftform bedarf (§ 260 I BGB)[1] und in einer Erklärung abzugeben ist, da sie ggf. eidesstattlich zu versichern ist. Sie ist höchstpersönlicher Natur und deshalb vom Pflichtigen selbst abzugeben und gemäß § 126 BGB persönlich zu unterzeichnen.[2] In einfach gelagerten Fällen kann auch eine mündliche Abgabe (vgl. §§ 260 III, 259 III BGB) und damit eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt in Betracht kommen.[3] Die Vorlage eines Belegs ist damit keine Auskunft. Wird die Auskunft nach Verzugseintritt nicht erteilt, ist ein Anspruch auf Schadensersatz gegeben.[4]

Der Anspruch auf Auskunft beinhaltet eine systematische Zusammenstellung aller erforderlichen Angaben, um dem Gegner ohne übermäßigen Arbeitsaufwand die Einkommensberechnung zu ermöglichen.[5]Anzugeben ist deshalb nicht nur das Endergebnis, sondern es sind die gesamten Einnahmen sowie alle damit zusammenhängenden Ausgaben (Steuern, Vorsorgeaufwendungen, Werbungskosten bzw. berufsbedingte Aufwendungen usw.)[6] sowie alle sonstigen unterhaltsrechtlich relevanten Umstände, z.B. mietfreies Wohnen, längeres Zusammenleben mit einem neuen Lebensgefährten vorzutragen.[7] Bei den Ausgaben einer Einnahmen/Überschussrechnung oder bei Werbungskosten, z.B. für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, können Sachgesamtheiten (z.B. Personalkosten, Raumkosten, Instandhaltungskosten) zusammengefasst werden, wenn insoweit der Verzicht auf eine detaillierte Aufschlüsselung im Verkehr üblich ist und eine ausreichende Orientierung des Auskunftsberechtigten nicht verhindert. Gegebenenfalls ist eine ergänzende Auskunft zu verlangen, wenn es auf nähere Einzelheiten, z.B. die Aufschlüsselung der Personalkosten, ankommt. Bei Gewinneinkünften (Selbständige, Gewerbetreibende) genügt es, nur das Endergebnis in der Auskunft anzuführen und bezüglich aller Einzelheiten auf eine beigefügte Anlage zur Einnahmen/Überschussrechnung Bezug zu nehmen.[8]Geht es um die Überprüfung von unterhaltsrechtlich im Einzelfall nicht oder nur teilweise zu berücksichtigenden Ausgabenpositionen, z.B. der AfA , können auch weitere Angaben, z.B. zu den tatsächlich gezahlten Darlehen (Zins und Tilgung) und Investitionsausgaben verlangt werden.[9] Hat der Auskunftspflichtige nur Einkommen in einzelnen Einkommensarten und wurde umfassend Auskunft verlangt, ist zu erklären, dass im übrigen keine weiteren Einkünfte vorhanden sind.[10] Insgesamt sollten Kleinlichkeiten vermieden werden, um das Verfahren nicht zu verzögern und um möglichst bald in die Leistungsstufe übergehen zu können.[11]

Auskunft und Vorlage von Belegen sind zwei getrennte Ansprüche.[12] Soweit beides begehrt werden soll, ist dies im Antrag klar zum Ausdruck zu bringen. In der Praxis wird dies häufig übersehen und beantragt, Auskunft durch Vorlage von Belegen zu erteilen, statt Auskunft zu erteilen und Belege vorzulegen. Ein derartiger Antrag kann regelmäßig nur als Antrag auf Vorlage von Belegen ausgelegt werden,[13] auch im Vollstreckungsverfahren.[14]Umgekehrt reicht es für eine Auskunftserteilung nicht aus, wenn lediglich Belege übersandt werden. Es kann dabei nur die Vorlage bereits existenter oder in Kürze hergestellter Belege verlangt werden, nicht dagegen von Belegen, die noch nicht vorhanden sein können, z.B. der Einkommensteuerbescheid des laufenden Kalenderjahres.

Um die Angaben zur Auskunft überprüfen oder das Einkommen selbst errechnen zu können, besteht für die Höhe der Einkünfte (nicht des Vermögens) ein Anspruch auf Vorlage von Belegen (§§ 1580 S 2, 1605 I 2 BGB). Hierbei handelt es sich insbesondere um Verdienstbescheinigungen des Arbeitgebers, Lohnsteuerkarten, Einkommensteuererklärung mit sämtlichen Anlagen (= Bilanzen nebst Gewinn- und Verlustrechnung) und Einkommensteuerbescheide. In Einzelfällen kann auch die Vorlage eines Dienst- oder Arbeitsvertrages begehrt werden,[15] bei Geschäftsführern und Gesellschaftern einer GmbH die Vorlage von Bilanzen nebst Gewinn- und Verlustrechnungen der GmbH,[16] ferner die Vorlage von Darlehensverträgen und Umsatzsteuerbescheiden.[17] Die Belegvorlage umfasst im Regelfall nicht die Pflicht zur Vorlage von Orginalbelegen.[18]

 
 

Es ist Auskunft zu Einkommen und Vermögen geschuldet, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs erforderlich ist, §§ 1605, 1580 Satz 2, 1361 IV Satz 4 BGB.

 

Nach § 1603 II gehört es zur gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern, alle verfügbaren Mittel zum Unterhalt einzusetzen, nötigenfalls auch die Substanz, also das Vermögen anzugreifen.

 

Nach § 1609 II BGB steht der (geschiedene) Ehegatte den Kindern im Sinne des § 1603 II BGB gleich; auch zu dessen Unterhalt hat der Pflichtige also alle verfügbaren Mittel einzusetzen.

 

Somit gibt es bis zu dem Bereich, da sich Richter am BGH nicht mehr vorzustellen vermochten, dass man so viel Geld zum Bestreiten des angemessenen Unterhalts benötigte (DM 25.000,00 waren das zuletzt, aber die Richter kennen offenbar GALA nicht und wissen nicht, was Frau Arafat und die Begum in Paris so durchschnittlich allein fürs Personal ausgeben müssen), schlechterdings kein Vermögen, das nicht von Bedeutung für den Unterhaltsanspruch sein kann.

 

Nebenbei besteht eine allgemeine Unterrichtungspflicht zum Vermögen, deren beharrliche Verletzung einen Anspruch auf vorgezogenen Zugewinnausgleich gewährt, § 1386 III BGB.

 Wer mir innerhalb der von mir gesetzten angemessenen Frist keine Auskunft (wie vor) erteilt, sondern statt dessen ein Sammelsurium von Belegen vorlegt, legt den Ball für mich auf den Elf-Meter-Punkt und verlässt das Tor. Er gibt Anlass zur Stufenklage, und hat sich von vornherein die Kosten gefangen. (§ 93 d ZPO)
 
Das ist nicht kleinlich oder schäbig. Der Auskunftsschuldner, der Auskunft erteilt hat, kann sozusagen auf die Zahl unter dem  Strich festgenagelt werden. Setze ich aus seinen Belegen ein Pussel zusammenund komme ich zu einem von mir für richtig  gehaltenen Schluss, klage ich darauf beziffert Unterhalt ein, kann der Schlingel mich ärgern mit einfachem Bestreiten. Und  nicht jeder Richter macht von der Möglichkeit Gebrauch, Auskünfte von Arbeitgebern pp gem. § 643 ZPO von Amts  wegen einzuholen.
 
Der Weg zurück von der Zahlungsklage zur erneuten Auskunftsstufe ist umständlich, zeitraubend und peinlich.
 
Eckhard Benkelberg
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht
Emmerich am Rhein
www.famrecht.de
 

[1]BGH FamRZ 1984, 144
[2]OLG München FamRZ 1995, 737; 1996, 738

[3]Wendl/Haußleiter § 1 Rn 567; KG FamRZ 1997, 503, wenn der Aussteller eines Bestandsverzeichnisses bekannt ist

[4]BGH FamRZ 1984, 163, 164; Palandt/Diederichsen § 1605 Rn 5

[5]BGH FamRZ 1983, 996, 998

[6]OLG München FamRZ 1996, 738; Kalthoener/Büttner/Niepmann Rn 597 ff

[7]OLG Koblenz FamRZ 1987, 1156
[8]Eingehend OLG München FamRZ 1996, 738

[9]Arbeitskreis 3 des 14. Deutschen Familiengerichtstages

[10]OLG München FamRZ 1999, 437
[11]Wendl/Haußleiter § 1 Rn 570

[12]OLG München FamRZ 1993, 202; 1994, 1126

[13]OLG München FamRZ 1994, 1126
[14]OLG München FamRZ 1992, 1208
[15]BGH FamRZ 1994, 28, 29
[16]BGH FamRZ 1994, 28, 29

[17]OLG München FamRZ 1996, 738 ff; eingehend Wendl/Haußleiter § 1 Rn 583

[18]OLG Frankfurt FamRZ 1997, 1296