OLG Hamm zur Frage der Länge der Wartezeit bei einem sogenannten Abschlussschreiben

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06.08.2010871 Mal gelesen
1. Im Rahmen einer Auseinandersetzung im Gewerblichen Rechtsschutz geht es zumeist um die Abstellung eines bestimmten Verhaltens. Dabei wird, wenn der betreffende Verstoß begangen wurde, aufgrund der vermuteten Wiederholungsgefahr die Abgabe einer sogenannten strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung verlangt.
 
2. Kommt der mutmaßliche Schuldner dieser Aufforderung nicht nach, so kann der nunmehr ungesicherte mutmaßliche Gläubiger die Gerichtsbarkeit anrufen. Zumeist wird er den Erlass einer einstweiligen Verfügung begehren, den nur damit lassen sich die Ansprüche schnellstmöglich durchsetzen.
 
3. Ist diese begehrte Verfügung erlassen, so muss diese zugestellt werden. Nach der Zustellung ist aber das Verfahren noch nicht vorbei, denn diese Verfügung gewährt nur vorläufigen Rechtsschutz. Deshalb ist der Gläubiger an einer endgültigen Regelung interessiert. Hierzu dient das sogenannte Abschlussschreiben, in dem der Antragsgegner aufgefordert wird, die ergangene einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anzuerkennen.
 
4. Fraglich ist allerdings, ab wann man den Antragsgegner zu einer solchen Erklärung auffordern darf. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass dann, wenn dieses Schreiben durch einen Rechtsanwalt erfolgt, die erforderlichen Aufwendungen vom Antragsgegner zu ersetzen sind. Dieser Frage soll mit der nachfolgenden Entscheidung auf dem Grund gegangen werden.
 
a) Das Oberlandesgericht hatte jetzt einen Fall zu entscheiden, bei dem eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung der Ausgangspunkt war. Als der mutmaßliche Schuldner keine entsprechende strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgegeben hatte, wurde der Anspruch im Rahmen einer einstweiligen Verfügung geltend gemacht. Diese wurde der Gegenseite ordnungsgemäß zugestellt. Nach Einlegung des Widerspruchs durch den Beklagten wurde die einstweilige Verfügung bestätigt. Die Zustellung des Verfügungsurteils erfolge dabei am 24.02.2009. Am 19.03.2009 wurde der Schuldner mit einem Abschlussschreiben aufgefordert, die dort ergangene Entscheidung als endgültig anzuerkennen. Mit der nunmehr erhobenen Klage macht der Kläger die Freistellung von den Rechtsanwaltskosten für das Abschlussschreiben geltend. Das Landgericht hatte die Kostenerstattungsklage mit der Begründung abgewiesen, dass dieses Abschlussschreiben verfrüht gewesen sie, da der Kläger zumindest die Berufsfrist gegen das Verfügungsurteil hätte abwarten müssen. Gegen dieses Urteil legte der Kläger Berufung mit dem Ziel ein, von den entstandenen Rechtsanwaltskosten freigestellt zu werden.
 
b) Das Oberlandesgericht Hamm hat mit Urteil vom 04.05.2010 unter dem Aktenzeichen I-4 U 12/10 das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und den Beklagten zur Freistellung verurteilt. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Kosten des Abschlussschreibens grundsätzlich erstattungsfähig seien. Hierdurch sei es allerdings erforderlich, dass die Kosten der Aufwendungen notwendig sind. Dies wäre nur dann zu verneinen, wenn der Gläubiger den Schuldner zur Abgabe des Abschlussschreibens auffordere, ohne ihm zuvor Gelegenheit gegeben zu haben, in angemessener Frist von sich aus einer Abschlusserklärung abzugeben. Vorliegend habe der Kläger dem Beklagten allerdings ausreichend Zeit gelassen. Zwar sei es im Ansatz richtig, dass dem Schuldner nicht die Überlegungsfrist zur Berufungseinlegung verkürzt werden darf. Dabei sei aber zu berücksichtigen, dass im Abschlussschreiben seinerseits eine Frist zur Abgabe der Abschlusserklärung gesetzt werde. Erst das Ergebnis dieser zwei Fristen darf die Berufungsfrist nicht unterschreiten. Dementsprechend sei einer Wartefrist von regelmäßig zwei Wochen angemessen. Insoweit habe der Schuldner es hinzunehmen, dass dieser schon während des Laufs der Berufungsfrist mit einem weiteren Gebührentatbestand konfrontiert werde. Zu beachten sei im Gegenzug, dass der Schuldner nicht sofort mit einer Hauptsacheklage konfrontiert werden könne.
 
5. Im Ergebnis ist also dem Schuldner zwischen Zustellung und Aufforderung zur Abgabe der Abschlusserklärung ausreichend Zeit zu geben, damit sich dieser in Ruhe überlegen kann, ob er diese Verfügung als endgültige Regelung anerkennen will. Hierfür wird regelmäßig eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung der Verfügung ausreichend sein. Nur in komplizierten Einzelfällen wird man von einer längeren Wartefrist auszugehen haben, wobei auch hierfür keine festen Grenzen existieren.
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