Müssen im Onlinehandel die AGB und die Informationspflichten in mehreren Sprachen abgefasst sein?

Internet, IT und Telekommunikation
16.07.20102066 Mal gelesen
Nachfolgend soll es um die Frage gehen, ob man, wenn man den Shop selbst in verschiedenen Sprachen anbietet, auch sämtliche Informationspflichten und Allgemeinen Geschäftsbedingungen in diesen Sprachen abfassen muss.
 
Hierzu scheint es auch von verschiedenen Beratern unterschiedliche Meinungen zu geben, sodass wir es für erforderlich halten, in der gebotenen Kürze auf dieses Problem einzugehen.
 
(a) Die meisten Onlineshops bieten ausweislich der zur Verfügung gestellten Versandinformationen an, dass die Ware nicht nur in das europäische Ausland, sondern zum Teil auch weltweit versandt wird.
 
(b) Der Onlineshopbetreiber gibt daher auch zu erkennen, dass er gerade auch mit Interessenten aus anderen Staaten Verträge über das Internet abschließen will.
 
(c) Zu diesem Zweck bietet die Shopsoftware die Möglichkeit, einzustellen, in welchen Sprachen der Shop dargestellt werden soll, sodass insbesondere die Navigation auf dem Onlinehandelsportal in der jeweiligen Sprache dargestellt wird.
 
(d) Notwendig wäre es dann auch, die Einzelheiten hinsichtlich des einzelnen Produkts auch in der jeweiligen Sprache abzufassen.
 
(e) Allerdings stellt sich dann die Frage, ob nicht auch die anderen Informationen, wie die gesetzlichen Informationspflichten, die Datenschutzerklärung, die Versandkostenangaben und vor allem die Allgemeinen Geschäftsbedingungen in dieser Sprache abgefasst werden müssen.
 
Nun wird zunächst von einigen vorgebracht, dass die Darstellung der einzelnen Informationen, wie beispielsweise die Informationspflichten aus der BGB-InfoV oder der allgemeinen Geschäftsbedingungen, nur in Deutsch gegeben werden müssen, da der Käufer schließlich in Deutschland kauft und auch deutsches Recht Anwendung finden.
 
Diese Ansicht berücksichtigt allerdings nicht alle Gesichtspunkte der Problematik.
 
Außer Frage dürfte stehen, dass deutsches Recht anwendbar ist, da die maßgebliche Leistungserbringung von Deutschland aus erfolgt.
 
Dieser Themenkomplex hat aber nichts damit zu tun, in welcher Sprache die Informationen abzufassen sind.
 
Zwar ist zuzugeben, dass, wenn beide Vertragsparteien die gleiche Verhandlungssprache haben, diese dem Vertrag zugrunde gelegt werden kann, was zur Folge hätte, dass die Informationen in Deutsch ausreichen. Das würde aber nur dann zutreffen, wenn sowohl Käufer als auch Verkäufer Deutsche sind oder aber in Deutsch verhandeln.
 
Auch ist nicht zu verschweigen, dass die Vertragsparteien sich auf eine bestimmte Vertragssprache einigen können, wobei Verhandlungssprache diejenige Sprache ist, in welcher die Vertragsverhandlungen dann geführt werden. Da aber die Darstellungen in diesem Shop dann in einer der ausgewählten Sprachen erfolgen, so ist Deutsch eben nicht die Verhandlungssprache, sondern jene Sprache, in der der Shop und die Beschreibungen der Waren angezeigt wird. Zu beachten ist weiter, dass man sich auch vorher über eine bestimmte Sprache einigen müsste, was mangels persönlichen Kontakt nicht geschieht.
 
Fehlt es an einer gemeinsamen Verhandlungssprache, so etwa wenn der Engländer oder Franzose kein Deutsch versteht, sieht die Sache zudem sowieso anders aus. Hierzu führen verschiedene Kommentare das Folgende aus:
 
(aa) Festzuhalten ist zunächst, dass sämtliche Hinweise grundsätzlich in der Verhandlungssprache zu erfolgen haben. Eine andere Sprache reicht nur, wenn der Kunde oder sein Vertreter diese mühelos verstehen kann oder wenn es sich um eine allgemein gebräuchliche Sprache, zum Beispiel Englisch, handelt. Fehlt es an einer gemeinsamen Verhandlungssprache, so muss der Hinweis in der Sprache des Kunden gegeben werden, (Wolf/ Lindacher/ Pfeiffer - Kommentar zum AGB-Recht § 305 Rn. 71).

bb) Darüber hinaus ist zu bedenken, dass gemäß § 305 BGB dem Vertragspartner die Möglichkeit gegeben werden muss, dass dieser diese Informationen zur Kenntnis nehmen kann. Hierzu gehört neben der Lesbarkeit auch die Verständlichkeit. Die Verständlichkeit setzt aber voraus, dass die AGB in der von beiden Teilen benutzten Verhandlungssprache abgefasst werden. Fehlt es an einer gemeinsamen Verhandlungssprache, so müssen diese in der Sprache des Kunden zugänglich gemacht werden, (Wolf/ Lindacher/ Pfeiffer § 305 Rn. 89).

cc) Auch muss gemäß dem früheren § 3 Nr. 4 BGB-InfoV, der jetzt in § 312c Abs. 1 Nr. 2 BGB i.V.m. Art 246 Abs. 2 Nr. 6 EGBGB geregelt ist, dem Verbraucher mitgeteilt werden, welche Sprachen zur Verfügung stehen. Werden mehrere Sprachen angeboten, müssen alle Informationen in diesen Sprachen zur Verfügung stehen, (Palandt § 3 BGB-InfoV Rn. 5).
 
(f) Das Ergebnis der obigen Darstellungen lässt sich also wie folgt zusammenfassen: Wird im Shopsystem dem potentiellen Käufer die Möglichkeit gegeben, die Darstellungen des Onlineshops auch in einer anderen Sprache darstellen zu lassen, so ist es erforderlich, dass sämtliche Informationen in den jeweils verwendeten Sprachen zur Verfügung gestellt werden.
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