Bundesverfassungsgericht 2.März 2010 : Entscheidung zur Vorratsdatenspeicherung (Verfassungswidrig!)

Internet, IT und Telekommunikation
02.03.20101127 Mal gelesen

Prof Nietzer von NIETZER & HÄUSLER ist Mitglied des DIHK-Rechtsausschusses, und insoweit wurden die Mitglieder, die die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ebenso wie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) begrüßen, soeben wie folgt informiert:

Das Bundesverfassungsgericht hat am 2.3.10 (Az.: 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08) über die Vereinbarkeit der Vorratsdatenspeicherung mit dem Grundgesetz entschieden. Es hält die Regelung im deutschen Recht nicht für verfassungsmäßig. Daher muss der Gesetzgeber im TKG und in der StPO nachbessern.

Die zur Datenspeicherung verpflichteten Unternehmen haben nun eine klarere Grundlage für ihre Aufgabenwahrnehmung.

Der Erste Senat des höchsten deutschen Gerichts hat auf eine noch nie da gewesene Flut von Verfassungsbeschwerden die Regelungen zur sog. Vorratsdatenspeicherung für unvereinbar mit Art. 10 des Grundgesetzes erklärt. Art. 10 schützt das Telekommunikationsgeheimnis.

Die Vorratsdatenspeicherung verpflichtet alle Telekommunikationsanbieter, sämtliche Verkehrsdaten von Telefon-, E-Mail- und Internetdiensten aufzuzeichnen und 6 Monate lang zu speichern. Diese Daten können dann von Strafverfolgungsbehörden für die Verfolgung von schweren, aber auch anderen Straftaten genutzt werden. 

Deutschland war verpflichtet, eine entsprechende EG-Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Das BVerfG stellt klar, dass die Feststellung der Verfassungswidrigkeit nicht den Inhalt der Richtlinie infrage stellt. Denn dort werde nur die Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung, nicht aber die Nutzung durch die Strafverfolgungsbehörden geregelt. Hier habe Deutschland einen weiten Spielraum der Ausgestaltung gehabt. 

Die Vorratsdatenspeicherung an sich, also die anlassunabhängige Speicherung von Verkehrdaten, verstößt nicht gegen Art. 10 GG, auch wenn der Eingriff in das Grundrecht jeden Bürgers schwerwiegend ist. Dennoch sieht das Gericht die Vorratsdatenspeicherung als ein effektives Mittel für die Strafverfolgung und die Gefahrenabwehr an. 

Die Vorratsdatenspeicherung ist in ihrer jetzigen gesetzlichen Ausgestaltung unverhältnismäßig. Es bedarf nach Auffassung des Gerichts klarer Regelungen zur Datensicherheit, zur Begrenzung der Datenverwendung, zur Transparenz und zum Rechtsschutz. Insbesondere der Grundsatz der Transparenz fordert bei einer heimlichen Verwendung der Daten eine zumindest nachträgliche Benachrichtigung des Betroffenen. Im Vorhinein darf die heimliche Verwendung nur angewandt werden, wenn sie im Einzelfall erforderlich ist und richterlich angeordnet wurde.

 Das Gericht hat auch zu der Kostenbelastung für die Diensteanbieter Stellung genommen. Danach sehen die Richter keinen Anlass für Ersatzleistungen des Staates, da das Angebot solcher Dienste erhebliche Sicherheitsrisiken mit sich bringe, deren Kosten die Unternehmen zu tragen hätten.