Gericht entscheidet, dass auch nach der EuGH-Entscheidung der Verkäufer Wertersatz im Fernabsatzgeschäft verlangen kann

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09.02.2010637 Mal gelesen
1. In der Entscheidung des EuGH vom 03.09.2009, über die schon berichtet wurde, entschied das Gericht, dass eine Wertersatzpflicht für die normale Nutzung der Ware innerhalb der Widerrufsfrist nicht mit den europäischen Vorgaben vereinbar sei.
 
2. Allerdings führte das Gericht gleichzeitig aus, dass ein Wertersatzanspruch wegen übermäßiger Nutzung damit grundsätzlich nicht ausgeschlossen sei. So gäbe es durchaus vorstellbare Fallkonstellationen, bei dem ein Ersatzanspruch denkbar wäre.
 
3. Allerdings besteht nun die Unsicherheit, wann der Verkäufer Wertersatzverlangen kann. Diese Unsicherheit wird in den nächsten Monaten wohl abnehmen, da mit einer Reihe einschlägiger Entscheidungen zu rechnen ist.
 
4. Eine erste solche Entscheidung hat jetzt das nachfolgende Gericht getroffen.
 
a) Das Amtsgericht Berlin hatte nun einen Fall zu entscheiden, bei dem der Kaufvertrag fristgerecht widerrufen wurde, jedoch das Gerät geringe Gebrauchsspuren aufwies. Daraufhin verlangte der Verkäufer Wertersatz. Als der Beklagte jedoch diesen ablehnte, wurde die Gerichtsbarkeit angerufen.
 
b) Das Amtsgericht Berlin hat mit Urteil vom 05.01.2010 unter dem Aktenzeichen 5 C 7/09 entschieden, dass in diesem Fall Schadenersatzansprüche mangels Pflichtverletzung nicht gegeben seien. Allerdings bestehe ein Wertersatzanspruch, da die Gebrauchsspurennicht auf einer vorsichtigen Überprüfung der Sache beruhen. Explizit führte das Gericht weiter aus, dass die nationale Regelung, die den Wertersatz für Schäden infolge bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme der Ware ausschließe, in Bezug auf die europarechtlichen Vorgaben wirksam sei. Jedoch seien Gebrauchsspuren wie im vorliegenden Fall auf eine Ingebrauchnahme zurückzuführen, die nichts mehr mit dieser bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme zu tun haben. Dementsprechend bestünde ein Anspruch auf Wertersatz.
 
5. Die Zukunft wird zeigen, wie weitere Gerichte mit den Vorgaben des EuGH umgehen werden. Zu hoffen bleibt, dass die Gerichte dabei eine einheitliche Linie finden werden, um mehr Rechtssicherheit zu schaffen.
 
6. Vielleicht könnte sich dieses Problem auch in naher Zukunft erledigen und zwar dann, wenn wie angekündigt, Mitte dieses Jahres eine neue und verbesserte Musterwiderrufsbelehrung vom Gesetzgeber vorgelegt wird. Dann sollte man zumindest erwarten können, dass dieser die Problematik aufgegriffen hat und entsprechend den europäischen Vorgaben eine Regelung getroffen wird.
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© 09.02.2010
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