LG Berlin: Widerrufsrecht besteht auch bei vorherigem Ladenbesuch

Internet, IT und Telekommunikation
28.09.2013718 Mal gelesen
Das Landgericht Berlin (LG) hat entschieden, dass das Widerrufsrecht im Rahmen eines Fernabsatzgeschäftes auch gilt, wenn der Käufer vorher die Möglichkeit hatte sich im Geschäft des Online-Händlers beraten zu lassen (Az. 83 S 52/12).

Käufer geht vor Aufgabe einer Bestellung in den Laden des Verkäufers

Ein Käufer stritt mit dem Inhaber eines Kaufhauses und Versandhandels über die wirksame Ausübung seines Widerrufsrechts. Der Käufer hatte über den Versandhandel eine Lederjacke bestellt. Zuvor hatte er sich im Geschäft des Online-Händlers ein Bild über die angebotenen Waren machen können. Ohne diese anzuprobieren, hat er die Jacke zurückgeschickt und den Kaufpreis erstattet bekommen. Einige Zeit später bestellte er genau die gleiche Jacke, die diesmal zu einem reduzierten Preis angeboten wurde. Wieder wollte er von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen und schickte die Jacke zurück. Die Verkäuferin weigerte sich diesmal den Kaufpreis zurückzuerstatten. Als Begründung führte sie an, dass reduzierte Ware vom Umtausch ausgeschlossen sei. Dies hatte sie zuvor dem Käufer telefonisch mitgeteilt. Der Käufer habe sich zudem schon ein Bild von der Ware in ihrem Geschäft machen können und wenn nicht dort, dann spätestens bei der ersten Bestellung. Somit seien die Vorschriften über Fernabsatzverträge hier nicht anwendbar. Begründung:  "Der Kläger habe die Kenntnis aller für den Abschluss des Vertrages erforderlichen Informationen nicht ausschließlich durch Fernkommunikationsmittel erlangt."

Gerade bei Kleidungsstücken muss die Ware zeitnah mit dem Kauf geprüft werden

Das LG Berlin entschied, dass die Anwendung der Vorschriften über den Fernabsatzvertrag hier nicht ausgeschlossen ist. Der Käufer kann wirksam den Kaufvertrag widerrufen. Durch den Besuch im Ladengeschäft hat sich der Käufer lediglich einen Eindruck über die Seriosität des Unternehmens verschafft. Es bestand zudem weiterhin eine Unsicherheit in Bezug auf den Vertragsgegenstand. Der Zeitraum zwischen den Bestellungen war so groß, dass man davon ausgehen musste, dass der Käufer das Kleidungsstück nochmal auf Passform und Ähnliches überprüfen muss, bevor er sich zum Kauf entscheidet.

Auch bei reduzierter Ware besteht ein Widerrufsrecht

Schließlich stellte das Gericht noch fest, dass ein Widerrufsrecht auch in Bezug auf reduzierte Ware nicht wirksam ausgeschlossen werden kann: "Die Mitteilung der Mitarbeiterin der Beklagten, bei reduzierter Ware sei der Umtausch ausgeschlossen, kann sich allein auf die Bestimmungen zur Umtauschpraxis der Beklagten hinsichtlich eines Kulanzumtauschs beziehen; § 312g BGB verbietet ein Abweichen von den Regelungen der §§ 312 ff. BGB zum Nachteil des Verbrauchers."

  

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