Persönlichkeitsrechtsverletzung durch frei erfundene Äußerungen

Internet, IT und Telekommunikation
30.08.2012347 Mal gelesen
Journalisten dürfen im Rahmen ihrer Berichterstattung nicht einfach Äußerungen erfinden, die der Betroffene in Wirklichkeit gar nicht gemacht hat. Ansonsten müssen sie damit rechnen, dass sie wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes belangt werden. Dies hat kürzlich das Landgericht Köln klargestellt.

Vorliegend geht es um einen redaktionellen Beitrag, der sowohl in einer Tageszeitung, als auch auf einer Webseite als Leitartikel publiziert wurde.

Nach dem Inhalt dieses Beitrages soll die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen in Bezug auf die Leugnung des Holocaust eine Äußerung eines Mitglieds der Piratenpartei wiedergegeben haben. Dieser soll angeblich Folgendes gesagt haben: "Wenn Polen den Deutschen den Krieg erklärt hat (und das hat Polen durch die Generalmobilmachung), dann hatte Deutschland jede Legitimation, Polen anzugreifen."

Daraufhin erwirkte die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen sowohl gegen die Tageszeitung, den Autor des Artikels sowie gegen den Herausgeber des Online-Angebotes eine einstweilige Verfügung, welche die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung vorsah.

Doch die gescholtenen Adressaten waren uneinsichtig und legten gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch ein. Sie verwiesen unter anderem auf die zwischenzeitlich erfolgte "Richtigstellung" in der Tageszeitung und auf der Webseite.

Das Landgericht Köln entschied gleichwohl mit Urteil vom 15.08.2012 (Az. 28 O 199/12), dass es die erwirkte einstweilige Verfügung aufrecht erhält.

Zunächst einmal verwies das Gericht darauf, dass die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen durch die Wiedergabe einer überhaupt nicht gemachten Äußerung in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden ist. Denn das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt nicht nur vor Fehlzitaten, sondern auch vor der unrichtigen, verfälschten oder entstellten Wiedergabe einer Äußerung. Die ergibt sich aus der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes. Denn so etwas ist ein schwerer Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Kritisierten, weil er sich gegen diese angeblich getätigte Äußerung nur schwer zur Wehr setzen kann.

In einer solchen Situation reicht eine "Berichtigung" durch eine spätere Mitteilung nicht unbedingt aus.Vielmehr muss normalerweise eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben werden, um eine Wiederholungsgefahr auszuschließen. Etwas anderes gilt nur im Ausnahmefall. Die hier abgegebenen Richtigstellung reicht jedenfalls aufgrund ihrer unauffälligen Platzierung in der Tageszeitung sowie auf der Webseite des Online-Angebotes nicht aus.Zu berücksichtigen ist, dass der ursprüngliche Beitrag als Leitartikel veröffentlicht wurde.

Das Landgericht Köln stellt mithin an die Abgabe einer Berichtigung strenge Anforderungen. Betroffene Journalisten, Blogger und Verlage sollten sich daher am besten durch einen Rechtsanwalt beraten lassen, ehe das Kind in den Brunnen gefallen ist. Ansonsten müssen Sie damit rechnen, dass der Betroffene gegen Sie einen Anspruch auf Unterlassung und vielleicht sogar auf Schmerzensgeld geltend macht.

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