Bundestrojaner - wie weit reicht die staatliche Überwachung durch Späh-Software? Bericht des Chaos Computer Clubs

Internet, IT und Telekommunikation
10.10.2011406 Mal gelesen
Sicherheitslücken und Pannen bei einer staatlichen Überwachungssoftware ("Bundestrojaner"), die der Chaos Computer entdeckt haben will, lösen Entsetzen aus. Das Innenministerium dementiert, dass es ein Bundestrojaner war. Nun will der Bundesdatenschützer Peter Schaar das Programm untersuchen.

Der Chaos Computer Club (CCC) soll eine ihm zugespielte Version der staatlichen Überwachungssoftware zur Quellen-TKÜ analysiert haben (nach eigenen Angaben). Mit der Software führen Ermittler in Deutschland die Quellen-TKÜ (Quellen-Telekommunikationsüberwachung) durch. Mit der Quellen-TKÜ kann Kommunikation auf dem Computer eines Verdächtigen bereits in dem Moment abgefangen werden, bevor diese verschlüsselt wird.

Das Ergebnis der Untersuchung des CCC: Durch Einsatz des Bundestrojaners können beliebige Überwachungsmodule auf einen einmal infiltrierten Computer nachgeladen werden, bis hin zum "Großen Lausch- und Spähangriff".  Der CCC hat am 08.10.2011 geschrieben: "Die untersuchten Trojaner können nicht nur höchst intime Daten ausleiten, sondern bieten auch eine Fernsteuerungsfunktion zum Nachladen und Ausführen beliebiger weiterer Schadsoftware. Aufgrund von groben Design- und Implementierungsfehlern entstehen außerdem eklatante Sicherheitslücken in den infiltrierten Rechnern, die auch Dritte ausnutzen können." 

Das Programm ist nach Ansicht des CCC voller Mängel. Es verstoße möglicherweise gegen deutsches Recht.

Nach Angaben der F.A.Z. vom 09.10.2011 in dem Artikel "Nach Enttarnung des Staatstrojaners, Innenministerium: Trojaner nicht eingesetzt" zeigte sich Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wegen des Vorfalls beunruhigt und erklärte: "Wenn die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in der Praxis durch die Technik nicht eingehalten werden, verschwindet das Vertrauen der Bürger."

Der Sprecher des Bundesinnenministeriums dementierte dem Bericht der F.A.Z. nach dagegen, dass es sich bei der untersuchten Software um einen Bundestrojaner gehalten hat: "Was auch immer der CCC untersucht hat oder zugespielt bekommen haben mag, es handelt sich dabei nicht um einen sogenannten Bundestrojaner", wird der Sprecher des Innenministeriums in dem Bericht der F.A.Z. zitiert.

Nun will der Bundesdatenschützer Peter Schaar die Sache untersuchen, wie Spiegel online am heutigen 10.10.2011 berichtet.  Schaar kritisiert dem Bericht zufolge fehlende Rahmenbedingungen wie folgt: "Der Einsatz von Überwachungssoftware ist nur lückenhaft geregelt. Während für das Bundeskriminalamt zur Abwehr schwerster Verbrechen eindeutige gesetzliche Vorgaben bestehen, fehlen vergleichbar klare Auflagen für Polizei und Staatsanwaltschaft im Bereich der Strafverfolgung".

Rechtsanwältin Amrei Viola Wienen
Anwaltskanzlei Wienen, Kanzlei für Medien & Wirtschaft
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