Abmahnwelle – Anwalt will für seine Mandanten Präzendenzfall wegen der Preisgabe von IP-Adressen schaffen

Internet, IT und Telekommunikation
29.09.2011356 Mal gelesen
Nach einem Bericht von derwesten.de hat es sich ein Rechtsanwalt aus Hemer zur Aufgabe gemacht, gegen die Freigabe der IP-Adressen durch die Provider von Abgemahnten vorzugehen. Seiner Ansicht nach verstößt diese Art der Sachverhaltsermittlung gegen Datenschutzrecht. Der Anwalt will das jetzt in einem Präzedenzrechtsstreit klären lassen.

Rechtsanwalt Stefan Harmuth hat in den vergangenen Jahren eine vierstellige Fallzahl bei seinen Mandaten zu verzeichnen, was kein Einzelfall ist. Der Abmahnwahn hat in der Tat nicht nur für z. B. Musikproduzenten, sondern auch für Rechtsanwälte eine einträgliche zusätzliche Einnahmequelle geschaffen - nicht nur bei den Vertretern der Abmahnenden, sondern auch auf der Seite der vielen Privatpersonen, die abgemahnt werden. Sehr häufig findet sich bei Letzteren die Aussage,  sie seien von der Abmahnung überrascht worden, weil sie den fraglichen Download gar nicht getätigt hätten.

Umso wichtiger ist in Sachen Abmahnungen die so genannten IP-Adresse, also gewissermassen die Identifikationsnummer des jeweiligen Computers, mit der der Nutzer im Internet unterwegs ist, wichtig. Beim Provider kann über diese IP per Gerichtsbeschluss der Anschlussinhaber aufgedeckt werden. Die so ermittelten IP werden massenhaft gespeichert und weitergegeben und genau hier will der Hemeraner Anwalt ansetzen.

Er ist der Ansicht, dass die Weitergabe dieser Daten nicht ohne Weiteres zulässig ist, sie sei in dieser Form, nämlich zur Weitergabe an private Dritte, in dem Fall die Abmahner, nicht vorgesehen. Nach dem Urheberrechtsgesetz müsse die Rechtsverletzung offensichtlich sein oder in gewerblichem Ausmaß erfolgen. Meist sei aber eine schwerwiegende Rechtsverletzung, bei der die berechtigten Datenschutzbelange der Kunden zurücktreten müssten, nicht gegeben. Zumal jeder Vertrag mit einem Provider auch Schutzrechte beinhalte. Zudem sei der Kunde mit dem Provider verbunden und nicht mit der Musikindustrie.

Rechtsanwalt Harmuth hat Klage beim Amtsgericht Koblenz eingereicht. Ralf Engel von derwesten.de rechnet damit, dass ein Urteil weitreichende Konsequenzen für die Abmahnpraxis der Musikindustrie haben könnte.

Und auch wir bei WBS sind der Ansicht, dass die Adressen tatsächlich viel zu häufig herausgegeben werden. Die Gewerbsmässigkeit wird von den Gerichten allerdings schon beim Tausch eines aktuellen Songs angenommen. Dies ist eine Auffassung, die ich nicht teile. Wir sind daher gespannt, wie das Verfahren vor dem AG Koblenz ausgeht. Allerdings ist zu bedenken, dass sich auf dieser Instanzenebene andere Gerichte nicht an die Entscheidung halten müssen. Selbst, wenn das Verfahren aus Sicht der Filesharer wider Erwarten gut ausgehen sollte, ist dennoch im Moment von einer eher geringen Praxisrelevanz auszugehen.

Interessant könnte die Angelegenheit aber durchaus dann werden, wenn die Rechtsfrage in die höheren Instanzen getragen wird. Wir bleiben dran!

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