Weitergabe von Foto eines mutmaßlichen Straftäters an die Zeitung-und Veröffentlichung

Internet, IT und Telekommunikation
03.02.2011781 Mal gelesen
Darf die Polizei einfach das Foto eines Tatverdächtigen an die Presse weitergeben und diese es dann veröffentlichen? So etwas hat sich kürzlich im Fall Mirco ereignet. Warum hier eine solche „identifizierende Berichterstattung“ aus juristischer Sicht fragwürdig ist.

Der Fall Mirco ist in der Öffentlichkeit mit großer Anteilnahme verfolgt worden. Bekanntlich war der 10-jährige Mirco aus Grefrath bei Neuss im September 2010 spurlos verschwunden. Nach monatelangen Ermittlungen teilte die Polizei Ende Januar 2011 nach Überführung des mutmaßlichen Täters mit, dass der Junge erst entführt und dann getötet worden sei. Nach Angabe der Polizei habe der Verdächtige sie zur Leiche geführt und auch ein Geständnis abgelegt.

 

Obwohl er noch nicht verurteilt worden ist, ist so etwas ein Fressen für die Sensationspresse. Nach Informationen des WDR und von RP-Online vom 02.02.2011 wurde einer Zeitung ein Foto des mutmaßlichen Täters zugespielt, das nach Angabe der Polizei aus einer internen Datenbank stammte. Es sei dort missbräuchlich heruntergeladen und weitergegeben worden. Diese Zeitung veröffentlichte das Foto dann so, dass der Verdächtige darauf gut erkannt werden konnte. Laut Polizei werde gegen einen Beamten wegen der Weitergabe des Bildes ermittelt. So etwas sei als Geheimnisverrat anzusehen.

 

Hier stellt sich zunächst einmal die Frage, inwieweit die Polizei die Daten von mutmaßlichen Tätern wirkungsvoll schützt. Denn nach Angabe des WDR hat der Polizeisprecher nicht angegeben, inwieweit hier Sicherungssysteme bestehen.

 

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass die Veröffentlichung des Bildes von einem nicht verurteilten Straftäters dessen Persönlichkeitsrechte verletzten. Eine Verletzung könnte sich daraus ergeben, dass bis zu einer Verurteilung normalerweise die Unschuldsvermutung gilt. Dieser in der Verfassung niedergelegte Grundsatz besagt, dass jemand bis zu diesem Zeitpunkt wie ein Unschuldiger behandelt werden muss und nicht unnötig bloßgestellt werden darf.

 

Nach dem Kodex des deutschen Presserates ist eine Vorverurteilung durch eine solche identifizierende Berichterstattung bereits vor der Verurteilung zulässig, wenn der Verdächtigte ein Geständnis abgelegt hat und weitere Beweise gegen ihn sprechen oder wenn er die Tat unter den Augen der Öffentlichkeit begangen hat.

 

Diese weite Einschränkung der Unschuldsvermutung ist bedenklich. Denn es kann im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden, dass ein Tatverdächtigter gerade in solchen Verfahren ein Geständnis ablegt, obwohl er das zur Last gelegte Verbrechen gar nicht begangen hat. Sollte sich das in einem Fall während der Gerichtsverhandlung herausstellen, wäre der Schaden nicht wiedergutzumachen.