Handelsvertretervertrag und Ausgleichsanspruch

Handelsvertreterrecht
03.11.2017409 Mal gelesen
Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters gehört zu den wichtigsten Klauseln im Handelsvertretervertrag. Häufig kommt es zwischen Unternehmer und Vertreter darüber zum Streit.

In der gesamten EU und in Deutschland kann der Handelsvertreter nach der Beendigung des Handelsvertretervertrags vom Unternehmer eine angemessene Ausgleichszahlung beanspruchen (§ 89b HGB). Auch wenn im Handelsvertretervertrag ein Ausgleichsanspruch nicht geregelt ist und sogar wenn im Vertrag ein Ausgleichsanspruch ausdrücklich ausgeschlossen ist, besteht ein Anspruch des Handelsvertreters gegen den Unternehmer auf Ausgleich für die entstandenen nachvertraglichen Unternehmervorteile. In der Praxis zeigt sich, dass viele Aspekte des Ausgleichsanspruchs, so z.B. seine Entstehung, sein Ausschluss und die Anspruchshöhe, Anlass zum Streit geben und nicht selten die gerichtliche Entscheidung gesucht wird.

Zwingendes Recht

Das Gesetz (HGB) schützt den deutschen Handelsvertreter. § 89 Abs. 4 S. 1 HGB normiert, dass ein Ausgleichsanspruch nicht zum Nachteil des Handelsvertreters vertraglich abgewertet werden darf. Vertragliche Regelungen, die den Ausgleichsanspruch einschränken, sind nur nach der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses zulässig. Während der Vertragslaufzeit kann der Ausgleichsanspruch nicht zu Lasten des Handelsvertreters abgeschwächt werden.

Der gesetzliche Schutz des Ausgleichsanspruchs lässt sich nur für Auslandssachverhalte reduzieren, wenn der Handelsvertreter außerhalb der Europäischen Gemeinschaft tätig ist.

Richtige Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs, taktische Aspekte

In der Vertriebspraxis fordern die Handelsvertreter oftmals pauschal die letzte Jahresprovision bzw. die durchschnittliche Jahresprovision auf der Basis der letzten Jahre als Ausgleich. Diese pauschale Berechnung eines Ausgleichsanspruchs ist nicht korrekt und wird somit auch von den Unternehmen oft pauschal zurückgewiesen.

In der Praxis durchgesetzt hat sich ein zweistufiges Bewertungssystem, das den Anforderungen des § 89b HGB entspricht: Zunächst wird ein sog. Rohausgleich errechnet, der von der Verwertung des geschaffenen Kundenstamms ausgeht. Dieser Rohausgleich wird dann durch die Ausgleichshöchstgrenze, die sich nach der durchschnittlichen Jahresvergütungsansprüche des Handelsvertreters richtet, begrenzt.

Diese handelsvertreterrechtliche Sondervergütung für die Überlassung eines wertvollen Kundenstamms kann am Ende einer langen Kooperation hoch ausfallen. Daher kommt es auch oft zu rechtlichen Auseinandersetzungen betreffend das Bestehen und die Höhe des Ausgleichsanspruchs. Wenn auf beiden Seiten spezialisierte Rechtsanwälte die Vertragsparteien vertreten, wird der Rechtsstreit oft taktisch geführt. Nicht selten gelingt gleichwohl eine Einigung, ohne die Gerichte anzurufen. Dies erspart für beide Seite Anwalts- und Gerichtskosten.

Der Handelsvertreter muss den Ausgleichsanspruch innerhalb eines Jahres nach Vertragsende geltend machen. Empfehlenswert ist die schriftliche Geltendmachung des Anspruchs, bei der man den Zugang des Schreibens beweisen kann (z.B. Einschreiben/Rückschein). Die Höhe des Ausgleichsanspruchs muss bei der Geltendmachung innerhalb der Jahresfrist noch nicht beziffert werden. Der Handelsvertreter muss nur darauf hinweisen, dass er seine gesetzlichen Handelsvertreteransprüche nunmehr einfordert. Indessen kann eine frühe Geltendmachung, einschließlich der Bezifferung der Anspruchshöhe, aus taktischen Gründen Sinn machen. Bei einer Verweigerungshaltung des Unternehmers kann beobachtet werden, dass neben dem Ausgleichsanspruch diverse andere handelsvertreterrechtliche Positionen geltend gemacht werden, um Aufwand und Druck beim Unternehmer zu erzeugen. Oft wird z.B. der sog. Buchauszug gegenüber dem Unternehmer geltend gemacht. Im Rahmen des Buchauszugs muss der Unternehmer dem Handelsvertreter relevante Verhältnisse und die Abwicklung der einzelnen Verträge offenlegen.  

Mehr zum Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters finden Sie auf der Kanzleiseite von ROSE & PARTNER LLP.