Corona als Fall Höherer Gewalt (Force Majeure) bei Lieferverträgen

Höhere Gewalt bei Lieferverzug oder Lieferausfall wegen Corona
27.03.20201344 Mal gelesen
Lieferverzug oder Lieferausfall wegen COVID-19. Ist das Höhere Gewalt bzw. Force Majeure oder ist Schadensersatz zu zahlen? Fachanwalt gibt ersten Überblick.

Kommt es wegen COVID-19 zu Lieferschwierigkeiten, so stellt sich die Frage, ob ein Fall von Höherer Gewalt bzw. Force Majeure vorliegt, der den Lieferanten entschuldigt. Andernfalls ist Schadensersatz wegen Lieferverzugs, Vertragsverletzung oder Unmöglichkeit zu leisten. Rechtsanwalt Dr. Louis Rönsberg, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, gibt einen Überblick.

Höhere Gewalt- und Force-Majeure-Klauseln in Lieferverträgen

Ob sich der Lieferant im Fall von Lieferschwierigkeiten wegen COVID-19 (Lieferverzug oder Lieferausfall) auf Höherer Gewalt oder Force Majeure berufen kann, hängt zunächst einmal davon ab, was zwischen den Parteien vertraglich vereinbart wurde. Denn für gewöhnlich enthalten Lieferverträge oder Allgemeine Lieferbedingungen sogenannte „Force-Majeure-Klauseln“. Zwar werden Epidemien oder Pandemien in den üblichen Höhere-Gewalt-Klauseln nicht ausdrücklich erwähnt. So enthält beispielsweise auch die Standardklausel der Internationalen Handelskammer ICC (International Chamber of Commerce) als Beispiele für Force Majeure nur Krieg, Überschwemmung, Feuer, Wirbelstürme und Erdbeben. Pandemien haben allerdings ähnliche Eigenschaften wie die aufgezählten Krisen und sind daher wohl mit umfasst. Je nach Formulierung der Höhere Gewalt-Klausel muss daher im Einzelfall durch Auslegung ermittelt werden, ob Epidemien oder Pandemien ausgeschlossen oder mit abgedeckt sein sollten.

Höhere Gewalt und Force Majeure nach der Rechtsprechung des BGH

Wurde zwischen dem Lieferanten und dem Besteller keine vertraglichen Regelungen zur Höheren Gewalt oder Force Majeure getroffen und kommt deutsches Recht (BGB, HGB) zur Anwendung, so richtet sich die Frage, was unter Höherer Gewalt zu verstehen ist, alleine nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH). Danach ist Höhere Gewalt ein von außen kommendes, keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisendes und auch durch die äußerste vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2017, Az. X ZR 142/15). Die Tatbestandsmerkmale sind also die Unvorhersehbarkeit, Unvermeidbarkeit und die Außergewöhnlichkeit des Ereignisses. Die Corona-Pandemie kann nach dieser Definition durchaus einen Fall höherer Gewalt darstellen.

Ursachenzusammenhang zwischen Corona und Lieferverzug oder Lieferausfall

Allerdings führt die Corona-Pandemie nicht automatisch und zwingend zu Lieferschwierigkeiten und entschuldigt diese auch nicht pauschal. Es ist vielmehr in jedem Einzelfall zu prüfen, ob und welcher kausale Zusammenhang zwischen COVID-19 und dem Lieferausfall oder Lieferverzug besteht, so Rechtsanwalt Dr. Louis Rönsberg. Endet der Streit vor Gericht, so trägt der Lieferant die Beweislast dafür, dass er wegen der Coronakrise nicht zur rechtzeitigen Lieferung in der Lage war. Er sollte daher nach Möglichkeit frühzeitig Beweise dafür sammeln, dass der Lieferausfall oder Lieferverzug nur durch Corona verursacht und nicht vermieden werden konnte, rät der Rechtsanwalt. Das Gesetz enthält nämlich eine Vermutung, wonach ein Schuldner seinen Verzug oder eine Unmöglichkeit der Leistung grundsätzlich auch zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Rechtsfolgen von Lieferverzug und Lieferausfall

Liegt kein Fall Höherer Gewalt bzw. von Force Majeure vor, so muss der Lieferant Schadensersatz wegen Unmöglichkeit oder Verzugs leisten. Erfolgt die Lieferung zu spät und wurde der Lieferant vom Besteller z.B. durch eine Mahnung wirksam in Verzug gesetzt, so muss der Lieferant gem. § 286 BGB den Verzugsschaden bzw. Verspätungsschaden ersetzen (sog. Schadensersatz neben der Leistung). Kann der Lieferant jedoch endgültig überhaupt nicht leisten oder hat der Besteller wegen dem Ablauf eines fixen Lieferungstermins an der Lieferung kein Interesse mehr (absolutes Fixgeschäft), so liegt ein Fall von Unmöglichkeit vor (§ 275 BGB), die die Lieferpflicht entfallen lässt. Ohne Entschuldigung muss der Lieferant in diesen Fällen auch den entgangenen Gewinn ersetzen oder Schadensersatz für eine Ersatzbestellung des Gläubigers zahlen (sog. Schadensersatz statt der Leistung).

Rechtsanwalt Dr. Louis Rönsberg, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, oder die anderen Anwälte der Wirtschaftskanzlei SLB Kloepper stehen für Rückfragen zur Rechtslage bei Lieferschwierigkeiten (Lieferausfall und Lieferverzug) wegen Höherer Gewalt unter der Rufnummer 089-51 24 270 oder unter roensberg@slb-law.de jederzeit gerne zur Verfügung. Rufen Sie an!