Langjähriges Gewährleistungsversprechen auf Zahnersatz in Werbebroschüre einer privaten Zahnklinik begründet allein kein Garantieversprechen

Gesundheit Arzthaftung
18.05.2010667 Mal gelesen

Das Oberlandesgericht Oldenburg hat mit Urteil vom 10.03.2010 entschieden, dass sich aus der Werbung mit einer 7-jährigen Gewährleistung auf Zahnersatz in einer Werbebroschüre einer privaten Zahnklinik allein kein selbständiges Garantieversprechen ergibt (OLG Oldenburg, Urteil vom 10.03.2010, Az.: 5 U 141/09).

 Sachverhalt
 
Dem Urteil des OLG Oldenburg lag -gekürzt- folgender Sachverhalt zugrunde:
 
Dem Kläger wurden in der privaten Zahnklinik der Beklagten im Dezember 2004 in Ober- und Unterkiefer jeweils vier Implantate eingebracht. Nach der Einheilung wurden diese im April 2005 freigelegt und die Suprakonstruktion gefertigt und eingepasst. Im Anschluss nahm der Kläger sog. Recall-Termine im Dezember 2005, Juni und Dezember 2006 sowie am 9. Mai 2007 wahr. Am 15. Mai 2007 mussten die Implantate in regio 13, 23 und 25 entfernt werden. Der Kläger begehrte daraufhin u.a. von der Beklagten, ihn kostenfrei mit neuen Zahnimplantaten zu versehen (Klageantrag zu 1.) und an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen (Klageantrag zu 2.). Der Kläger ist der Auffassung, mit der Beklagten sei ein selbständiger Garantievertrag zustande gekommen, weil es in der Werbebroschüre der Zahnklinik "Besser leben mit Biss" heißt: "Das hauseigene Recall-System erinnert Sie an Ihre Kontroll-Termine, deren Einhaltung wichtig ist für unsere 7-jährige Gewährleistung auf Zahnersatz." Die Beklagte ist hingegen der Auffassung, zwischen ihr und dem Kläger sei kein Garantievertrag zustande gekommen, weil es nicht zu einem entsprechenden Vertragsabschluss gekommen sei. Erstinstanzlich hat das Landgericht Aurich dem Klageantrag zu 1. dem Grunde nach stattgegeben und den Klageantrag zu 2. abgewiesen. Nach Auffassung des Landgerichts Aurichs sei zwar kein ausdrücklicher Garantievertrag zwischen den Parteien geschlossen worden, aber die Begründung einer selbständigen Garantieverpflichtung ergebe sich nach dem Rechtsgedanken aus Art. 6 VerbrGKRL, der in § 443 Abs. 1 BGB seinen Niederschlag gefunden habe. Die Beklagte legte Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil ein.
 
Entscheidungsgründe
 
Das OLG Oldenburg hat in der Berufungsinstanz nunmehr entschieden, dass zwischen den Parteien kein selbständiger Garantievertrag zustande gekommen ist. Zwischen den Parteien ist weder ein ausdrücklicher Garantievertrag geschlossen worden noch hat der Kläger eine "Garantieurkunde" als Angebot unter Verzicht auf den Zugang einer Annahmeerklärung (§ 151 Satz 1 BGB) bekommen. Das OLG Oldenburg hat darauf hingewiesen, dass die Übernahme einer selbständigen Garantie sich daher nur aus der Werbebroschüre der Beklagten mit dem Titel "Besser leben mit Biss" ergeben könne. Bei dem Passus in der Werbebroschüre "Das hauseigene Recall-System erinnert Sie an Ihre Kontroll-Termine, deren Einhaltung wichtig ist für unsere 7-jährige Gewährleistung auf Zahnersatz." handelt es sich nach Auffassung des Gerichts jedoch nur um eine schlichte Werbeaussage, die erst der späteren vertraglichen Umsetzung bedarf, um Ansprüche auslösen zu können. Auch aus § 443 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 6 VerbGKRL ergebe sich nichts anderes, da sowohl § 443 BGB als auch die VerbrGKRL ausschließlich Kaufverträge betreffe.
 
Die Berufung der Beklagten war damit zulässig und begründet.
 
Stellungnahme
 
Die vorgestellte Entscheidung verdeutlicht, dass der Werbung und dem sonstigen Auftreten im Wettbewerb von Zahnärzten erhebliche Bedeutung zukommt. Standen bislang Fragen wettbewerbsrechtlicher Natur, insbesondere hinsichtlich berufswidriger Werbung von Zahnärzten, im Vordergrund, so behandelt diese Entscheidung die ? nicht minder relevanten Fragestellungen ? der zivilrechtlichen Auswirkungen des Aushändigens einer Werbebroschüre einer privaten Zahnklinik an einen Patienten.
 
Zutreffend hat das OLG Oldenburg festgestellt, dass es sich bei dem Passus in der Werbebroschüre um eine schlichte Werbeaussage handelt, die erst noch einer vertraglichen Umsetzung bedarf, um Ansprüche des Patienten gegenüber der Zahnklinik auslösen zu können.
 
Die in der Rechtsprechung und der Literatur umstrittene Frage, ob eine selbstständige Garantieverpflichtung aus § 443 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 6 VerbrGKRL allein durch eine Darstellung der Garantie in der Werbung zustande kommen kann oder ob Werbeaussagen nur für die Bestimmung des Inhalts einer späteren Garantieerklärung Bedeutung haben, bedurfte hier seitens des OLG Oldenburg keiner Entscheidung, denn § 443 BGB und Art. 6 VerbrGKRL betreffen ausschließlich Kaufverträge. Der Zahnarzt haftet jedoch seinen Patienten aus dem Behandlungsvertrag für die von ihm durchgeführte zahnmedizinische Behandlung insgesamt und damit auch für eventuelle Mängel des Zahnersatzes nach Dienstvertragsrecht. Der Gewährleistungsanspruch des Patienten unterliegt damit der regelmäßigen Verjährungsfrist gem. § 195 BGB von drei Jahren. Für den Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist in § 136b Abs. 2 SGB V ergänzend bestimmt, dass der Zahnarzt für Füllungen und die Versorgung mit Zahnersatz eine zweijährige Gewährung zu übernehmen hat. Identische und Teilwiederholungen von Füllungen sowie die Erneuerung und Wiederherstellung von Zahnersatz einschließlich Zahnkronen sind in diesem Zeitraum vom Zahnarzt kostenfrei vorzunehmen. Allerdings haftet der Zahnarzt nur verschuldensabhängig. Dementsprechend erfolgt eine Klärung der Verschuldensfrage im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung durch den Prothetik-Einigungsausschuss.
 
Für Rückfragen zum Thema Zahnarztrecht wenden Sie sich bitte an:
 
Miriam L. Germer, MLE
Rechtsanwältin
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