OLG Hamburg: Urheberrechtsverletzung durch Cheat-Software bei Spielkonsolen

Geistiges Eigentum und Urheberrecht
28.08.2012358 Mal gelesen
Wer als Online-Händler Cheat-Software vertreibt, kann unter Umständen wegen einer Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden. Denn auch Veränderungen am Programmcode im Arbeitsspeicher können bereits eine Urheberrechtsverletzung darstellen. Diese Ansicht vertritt jedenfalls das Oberlandesgericht Hamburg.

Vorliegend ging es um eine Software, welche die Nutzer auf dem Speicherstick einer "Playstation portable" installieren sollten. Die dadurch in den Arbeitsspeicher geladene Software veränderte die darin befindliche Spiel-Software dahingehend, dass von den Nutzern sogenannte "Cheats" durchgeführt werden konnten. Darunter versteht man eine Manipulation des vorgesehenen Spielablaufes. Häufig geschieht das, um den Spielablauf zu erleichtern. So war es auch hier: Der Nutzer konnte unter verschiedenen Optionen beispielsweise wählen, ob er etwa direkt alle Fahrer zur Verfügung hatte. Unter normalen Spielbedingungen konnte ein Teil der Fahrer erst nach Erreichen einer bestimmten Punktezahl eingesetzt werden. Eine andere Option sah vor, dass keine Beschränkungen bei der Verwendung des sogenannten Turbos bestehen.

 

Hiergegen ging ein Hersteller von Spielkonsolen vor. Er beantragte sowohl gegen den Hersteller und Vertreiber der Software, als auch gegen einen deutschen Online-Händler den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Nach seiner Ansicht werde durch diese Manipulation der im Spiel vorhandenen Computersoftware eine Urheberrechtsverletzung begangen.

 

Hierzu entschied das Oberlandesgericht Hamburg mit Urteil vom 23.04.2012 (Az. 5 U 11/11), dass wegen einer Urheberrechtsverletzung ein Anspruch auf künftige Unterlassung besteht. Denn auch in der zeitweiligen Veränderung der Software im Arbeitsspeicher liegt nach Auffassung des Gerichtes eine Umarbeitung im Sinne des § 69c Nr. 2 UrhG, die der hier nicht vorhandenen Zustimmung des Rechteinhabers bedarf. Dies begründeten die Richter damit, dass der Begriff der Umarbeitung weit zu verstehen ist. Er umfasst jede Art der Veränderung des Computerprogramms. Eine schöpferische Leistung ist nicht erforderlich. Es bedarf keiner Veränderung der Substanz eines Programms. Von daher ist es gleichgültig, auf welche technische Weise in das urheberrechtlich geschützte Computerprogramm eingegriffen wird. Abschließend stellt das Gericht fest, dass der betreffende Online-Händler durch den Vertrieb zumindest eine Urheberrechtsverletzung in Form der Beihilfe begeht.

 

Interessant ist, wie das Oberlandesgericht Hamburg in dem in dieser Sache anhängigen Hauptsacheverfahren (Az. 5 U 23/12) entscheidet und ob dann gegen dieses Urteil Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt wird. Gleichwohl sollten gerade auch Online-Händler dieses Urteil bereits jetzt ernst nehmen, da dieses Gericht vermutlich bei seinem Standpunkt verbleibt. Sie müssen bei dem Vertrieb einer derartigen Software zumindest mit einer Abmahnung wegen einer Urheberrechtsverletzung rechnen. Wenn Sie von einer Abmahnung oder gerichtlichen Schritten betroffen sind, sollten Sie sich durch einen Rechtsanwalt beraten lassen. Wir helfen Ihnen gerne weiter.

  

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