BGH: Bemessung des Betreuungsunterhalts, BGH v. 16.07.2008, AZ: XII ZR 109/05

Familie und Ehescheidung
07.11.2008831 Mal gelesen

In diesem Urteil befasst sich der Bundesgerichtshof mit der Frage der zeitlichen Befristung eines Unterhaltsanspruchs nach § 1615l BGB in der seit dem 1. 1. 2008 geltenden Fassung.

Der BGH hat entschieden, dass die für die Höhe des Unterhaltsbedarfs nach §§ 1615 l II, III 1, 1610 I BGB relevante Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten sich auch dann, wenn er schon vor der Geburt des gemeinsamen Kindes mit dem anderen Elternteil zusammen gelebt hat, aus den Einkünften ergibt, die er ohne die Geburt des Kindes hätte. Auch in einem solchen Fall ist nicht ein Quotenunterhalt nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen innerhalb der nichtehelichen Lebensgemeinschaft geschuldet. Denn die Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten i.S. der §§ 1615lII 2, III 1, 1610I BGB richtet sich nicht allein nach den tatsächlichen Umständen, sondern setzt stets eine nachhaltig gesicherte Position voraus. Wenn die Eltern vor der Geburt ihres gemeinsamen Kindes in nichtehelicher Gemeinschaft zusammengelebt haben, beruht ein gemeinsamer Lebensstandard regelmäßig noch auf freiwilligen Leistungen des besserverdienenden Lebenspartners, da ein Unterhaltsrechtsverhältnis gemäß § 1615l BGB erst aus Anlass der Geburt eines gemeinsamen Kindes entsteht. Weil der Lebenspartner seine Leistungen vor Beginn des Mutterschutzes für ein gemeinsames Kind deswegen jederzeit einstellen kann und das deutsche Recht keine Unterhaltsansprüche außerhalb von Verwandtschaft und Ehe vorsieht, ist der in einer nichtehelichen Gemeinschaft erreichte Lebensstandard nicht ausreichend gesichert, um damit eine Lebensstellung i.S. der §§ 1615lII und III, 1610I BGB begründen zu können.
Weiterhin sollen gemäß §§ 1615lII 4 und 5, 1570I 2 und 3 BGB zwar vorrangig kindbezogene Belange sein, die eine Anspruchsverlängerung über das dritte Lebensjahr des Kindes hinaus rechtfertigen können. Im Rahmen des nachehelichen Betreuungsunterhalts sollen aber auch elternbezogene Gründe für eine Verlängerung des Basisunterhalts sprechen können. Elternbezogene Gründe sollen ihre Ursache ausschließlich in der geschiedenen Ehe selbst oder der gelebten Familie nicht miteinander verheirateter Lebenspartner haben, wobei auf den Einzelfall und auf die individuellen Umstände der Eltern und das Maß der Bindung untereinander abgestellt werden soll . Elternbezogene Gründe, die neben kindbezogenen Gründen für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach § 1615l II BGB sprechen können, kommen insbesondere dann in Betracht, wenn die Eltern mit ihrem gemeinsamen Kind zusammengelebt haben und deswegen ein eventueller Vertrauenstatbestand als Nachwirkung dieser Familie zu berücksichtigen ist.
Schließlich hat der BGH entschieden, dass bei der Bemessung der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils zu beachten ist, ob der ihm neben oder nach der Erziehung und Betreuung in staatlichen Einrichtungen verbleibende Anteil an der Betreuung und Erziehung des Kindes in Verbindung mit einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen würde.
 
(Quelle: BGH v. 16.07.2008, AZ: XII ZR 109/05)
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