Die neue Unterhaltsreform (seit 01.01.2008) hat für viel Verwirrung gesorgt. Sollte doch der nacheheliche Unterhalt einfacher als zuvor zeitlich befristet oder der Höhe nach begrenzt werden.
Allerdings ist der genaue Wortlaut der Gesetzesänderung sehr auslegungsbedürftig und lieferte viele neue offene Punkte. Man hatte bzw. hat demnach vor Gericht in Unterhaltsprozessen das Gefühl, es gebe zwar ein neues Gesetz, aber keine Rechtsprechung und damit einen "luftleeren" Raum.
Nunmehr gibt es einen Beschluss des OLG Hamm (1 WF 22 / 08), zu dessen OLG-Bezirk Essen gehört. In dieser Entscheidung wurden einige Prinzipien der neuen Reform zugrunde gelegt:
- Die Reform soll die Eigenverantwortlichkeit des bedürftigen Partners nach dem Eheende stärker betonen. Es gab zwar schon immer die Möglichkeiten der Befristung oder Begrenzung, aber es wurde in der Praxis so gut wie nie davon Gebrauch gemacht. Insbesondere wollte der Gesetzgeber bewußt korrigierend eingreifen, als er den lebenslangen nachehelichen Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehepartners als besondere Ausnahme ansah und von dem Maßstab der ehelichen Verhältnisse abgerückt ist.
- Unbillig ist eine Befristung des Unterhalts, wenn die Ehe als "lang" anzusehen ist. Wann das der Fall ist, hat sich lange entwickelt. Früher hatte der BGH eine 10 - Jahres - Grenze. Die jüngere Rechtsprechung sieht ein deutlich breiteres Spektrum; so sagt eine BGH-Entscheidung, auch eine Ehedauer von 20 Jahren schließt nicht unbedingt eine Befristung aus. Der Senat in Hamm nimmt an, dass sich diese Grundsätze zur Ehedauer auf die Befristung des Unterhalts auch in Zukunft anwenden lassen.
- Nunmehr soll nicht mehr schematisch Unterhalt gezahlt werden, sondern die nacheheliche Solidarität gebietet es, die ehebedingten Nachteile auszugleichen, die dem Unterhaltsbedürftigen deshalb entstehen, weil er wegen der Aufgabenverteilung in der nicht oder nicht ausreichend in der Lage ist, nach der Scheidung für seinen Unterhalt zu sorgen (z.B. Kindererziehung)
- Die Hammer Entscheidung spricht selbst von einer "nicht abzusehenden Entwicklung der Rechtsprechung"
Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte weiter entscheiden. Insbesondere hinsichtlich der Erwerbsobliegenheit des die Kinder betreunenden Ehegatten sind alle gespannt, wie sich das vor der Reform geltende Altersphasenmodell (halbschichtige Erwerbstätigkeit, wenn das jüngste Kind die Grundschule verläßt, vollschichtige Tätigkeit, wenn das jüngste Kind etwa 16 Jahre ist) verändern wird.