Scheidungsrecht: Wann ist eine Ehe zerrüttet?

Familie und Ehescheidung
12.07.2011948 Mal gelesen
Für die Feststellung des Scheiterns der Ehe ist es ausreichend, wenn dem Verhalten und den glaubhaften Bekundungen des die Scheidung beantragenden Ehegatten zu entnehmen ist, dass er unter keinen Umständen bereit ist, zu dem anderen Ehegatten zurückzufinden und die Ehe fortzusetzen.

Eine Ehe kann nur geschieden werden, wenn sie im Rechtssinne gescheitert ist. Nach § 1566 Abs. 1 BGB wird das Scheitern der Ehe unwiderlegbar vermutet, wenn die Ehepartner seit mindestens einem Jahr getrennt leben und beide einvernehmlich die Scheidung wünschen. Widerspricht ein Ehepartner aber dem Scheidungsantrag, wird das Scheitern der Ehe unwiderlegbar vermutet, wenn die Ehepartner seit mindestens 3 Jahren getrennt leben.

Das bedeutet indes nicht, dass der scheidungsunwillige Ehepartner die Scheidung um Jahre hinauszögern kann.

Denn widerspricht der Ehepartner nach einjähriger Trennungszeit dem Scheidungsantrag, bedeutet dies lediglich, dass das Scheitern der Ehe nicht unwiderlegbar vermutet werden darf - das Scheitern der Ehe muss dann stattdessen bewiesen werden.

Kommt das Gericht dann zu der Überzeugung, dass die Ehe zerrüttet ist und eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr erwartet werden kann, wird die Ehe, auch gegen den Willen des Antragsgegners, geschieden.

Das OLG Brandenburg  (Beschl. v. 10.03.2011 - 9 UF 90/10) musste jetzt über folgenden Sachverhalt entscheiden:

Der Ehemann (Antragsteller) behauptete, sich im März 2007 von seiner Frau getrennt zu haben und begehrte die Scheidung. Das Familiengericht Oranienburg gab dem Antrag statt, die Ehe wurde geschieden.

Die Ehefrau (Antragsgegnerin) wehrte sich dagegen mit dem Rechtsmittel der Beschwerde beim OLG Brandenburg und behauptete, die Trennung sei erst im August 2009 erfolgt, die Ehe noch nicht gescheitert und der Scheidungsantrag daher zurückzuweisen.

Dem folgte der erkennende Senat nicht:

Allein der unbedingte Wille eines der beiden Ehepartner, an der Ehe festzuhalten, reiche nicht aus, um der Feststellung einer Zerrüttung der Ehe den Boden zu entziehen. Tatsächlich genüge es, wenn dem Verhalten und den glaubhaften Bekundungen des die Scheidung beantragenden Ehegatten zu entnehmen ist, dass er unter keinen Umständen bereit ist, zu dem anderen Ehegatten zurückzufinden und die Ehe fortzusetzen.

Der Ehemann habe glaubhaft erklärt, für ihn sei eine Rückkehr in das Eheleben mit der Antragsgegnerin ausgeschlossen; die Ehe sei nach seiner Einschätzung seit langem zerrüttet.  Zudem habe er sich bereits Anfang 2007 einer neuen Partnerin zugewendet, mit der er im Sommer 2008 zusammengezogen sei. Zahlungen an seine Ehefrau habe er im August 2009 eingestellt.

Angesichts einer inzwischen gut 2 ½ Jahre währenden Trennungszeit und der anderweitigen verfestigten Partnerbindung des Antragstellers, bestand für das OLG Brandenburg kein ernsthafter Zweifel an der Entschlossenheit des Antragstellers, die Ehe aufzukündigen und nicht mehr in diese zurückzukehren.

Auf den bloßen Wunsch der Antragsgegnerin, an der Ehe gleichwohl festzuhalten, komme es danach nicht mehr an, zumal auch die Antragsgegnerin keine Perspektiven für die Ehe aufzeigen konnte.

Die Ehe sei daher zu Recht geschieden worden. Die Beschwerde der Antragsgegnerin wurde zurückzuweisen.

Fazit:

Leben die Ehepartner noch keine 3 Jahre getrennt und möchte einer von Ihnen nicht geschieden werden, muss der Antragsteller darlegen und beweisen, dass die Ehe gescheitert ist.  Davon kann jedenfalls ausgegangen werden, wenn er bereits eine verfestigte Bindung zu einem neuen Partner eingegangen ist und mit diesem zusammenlebt. Der Wunsch des Ehepartners, die Ehe fortzusetzen, ist dann unerheblich und die Ehe kann geschieden werden.