Erwerbsobliegenheit bei Betreuung eines Grundschülers

Erbschaft Testament
12.10.2009885 Mal gelesen
Eine Halbtagstätigkeit neben der Betreuung eines siebenjährigen Kindes ist nicht überobligatorisch. Wird das Kind darüber hinaus teilweise von den Eltern der Unterhaltsberechtigten betreut, um zum Beispiel in den Abendstunden oder am Wochenende zusätzlich zu arbeiten, so erhöht dies nicht zwingend den Umfang der Erwerbsobliegenheit. Das in diesen Zeiten erzielte Einkommen kann überobligatorisch sein.
BGH, Urteil vom 17. 6. 2009 -XIIZR 102/08
 
 
Sachverhalt
Der Ehemann ist Lehrer und 1965 geboren, die Ehefrau ist 1977 geboren und gelernte Buchhändlerin. Nach der Heirat im September 2001 wurde im März 2002 die gemeinsame Tochter geboren. Zur Trennung kam es im April 2004. Die Rechtskraft der Ehescheidung trat im September 2007 ein.
 
Die Ehegatten streiten um nach- eheliche Unterhaltsansprüche. Der Ehemann beruft sich auf eine Pflicht der Ehefrau zur Vollerwerbstätigkeit. Die Tochter besuchte den Kindergarten bis 14 Uhr, seit Mitte 2008 geht sie in die Grundschule, dort wird sie bis 14 Uhr betreut. Ein Antrag für einen längeren Hortbesuch wurde trotz Dringlichkeitsstufe abgelehnt. Die Ehefrau arbeitet seit Oktober 2007 als Verkäuferin mit 80 Feststunden und 30 flexiblen Stunden. Insgesamt entspricht die Tätigkeit einer 2/3 Stelle.
 
Sofern die Ehefrau in den Abendstunden und am Wochenende arbeitet, wird die Tochter von den Großeltern mütterlicherseits betreut. Das OLG hat der Ehefrau einen unbefristeten Betreuungsunterhalt zugesprochen. Dabei hat es nur das Einkommen der Ehefrau aus den 80 Feststunden berücksichtigt. Das Einkommen aus den 30 flexiblen Stunden wurde als überobligatorisch angesehen.
 
Entscheidung
Der BGH hat die Revision des Ehemanns zurückgewiesen, auf die Anschlussrevision der Ehefrau wurden die Unterhaltsbeträge geringfügig erhöht. Der BGH wiederholt seine Auffassung zu den Voraussetzungen eines Betreuungsunterhaltsanspruchs über den dritten Geburtstag eines Kindes hinaus.
 
Der Anspruch basiert auf Billigkeitsgründen, wobei kind- und elternbezogene Gründe abzuwägen sind. Der Umstand, dass die Tochter zeitweise von den Großeltern betreut wird und die Ehefrau in dieser Zeit arbeitet, soll dem Ehemann nicht zugute kommen. Es handelt sich dabei um eine freiwillige Leistung der Großeltern um die Belastung der Ehefrau zu reduzieren.
 
Der BGH billigt die Auffassung des OLG, dass die Ehefrau momentan nicht verpflichtet ist, länger als halbtags zu arbeiten. Die Ehefrau hat nachgewiesen, dass ihr Antrag auf einen längeren Hortbesuch der Tochter abgewiesen wurde.