Kontozugang mit Generalvollmacht oder Erbschein?

Erbschaft Testament
11.01.2008990 Mal gelesen

Berlin, 11.01.2008: Die Kanzlei Gansel Rechtsanwälte informiert über ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe zur Kontovollmacht über den Tod hinaus.



Der Fall
Die Erblasserin räumte ihrem Neffen und dessen Großmutter nach anwaltschaftlicher Beratung eine gemeinsam auszuübende Generalvollmacht mittels Patientenverfügung ein. Unter Vorlage der Vollmachtsurkunde begehrten die Bevollmächtigten bei der Bank die Überweisung von 60.000 € an den Neffen und 10.000 € an die Großmutter vom Girokonto der verstorbenen Erblasserin. Die Bank lehnte nach Prüfung des Vorgangs die Ausführung des Überweisungsaufträge ab. Die inzwischen ermittelte Alleinerbin der Erblasserin widerrief schließlich die Generalvollmacht.
Der Neffe nahm daraufhin die Bank wegen pflichtwidriger Ablehnung der Überweisungsaufträge auf 20.000 € Schadensersatz in Anspruch. Die Bank hätte die Überweisung ausführen müssen, da ihr durch den Rechtsanwalt der Erblasserin bestätigt wurde, dass die Vollmacht ordnungsgemäß sei. Die Rechtsbeziehungen der Erblasserin zu dem Überweisungsempfänger gingen die Bank nichts an. Die Erblasserin habe ihm 20.000 €, seiner Großmutter 10.000 € und einer Freundin 40.000 € versprochen und deshalb die Vollmacht erteilt.
Die Bank sah ihrerseits keinen Pflichtverstoß, da sie begründeten Anlass gehabt habe, an der Wirksamkeit der Aufträge und an der behaupteten Schenkung zu zweifeln.

Die Entscheidung
Das Gericht gab der Bank Recht. Der klagende Neffe habe kein Recht auf Schadensersatz wegen der Weigerung der Bank, den Überweisungsvertrag abzuschließen und die Überweisung vorzunehmen. Selbst wenn man aus dem Girovertragsverhältnis der Bank zur Erblasserin eine Pflicht zur Annahme und Ausführung eines Überweisungsauftrages annehmen wolle, könne der Neffe als Begünstigter des Überweisungsauftrages daraus keine Ansprüche für sich herleiten. Die Bank habe rechtmäßigerweise die Wirksamkeit der Vertretungsmacht, und zwar nicht nur im Hinblick auf die Wirksamkeit der Vollmachtserteilung, sondern auch im Hinblick auf einen möglichen und zunächst nicht auszuschließenden Missbrauch der Vertretungsmacht durch die Gesamtvertreter überprüft. Dabei habe sich ihr der Eindruck von einem Missbrauch der Kontovollmacht aufgedrängt. Deshalb durfte sie auch der Frage nachgehen, welchem Zweck die ungewöhnlich hohen Überweisungen im Valutaverhältnis dienen sollten. Insoweit konnte der Rechtsanwalt der Erblasserin der Bank keinen Aufschluss geben, sodass der Verdacht des Vollmachtsmissbrauchs nicht ausgeräumt werden konnte. Daher sei die Bank nicht nur berechtigt, sondern aus dem Girovertrag gegenüber der Erblasserin/Erbin sogar verpflichtet gewesen, den angetragenen Überweisungsvertrag zu verweigern.



Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 21.11.2006, Az.: 17 U 19/06



Der Kommentar
Immer wieder gibt es Unsicherheiten hinsichtlich einer Vollmacht nach dem Tod des Erblassers ("Vollmacht über den Tod hinaus") sowohl bei den Bevollmächtigten - die meist selbst die Erben bzw. Begünstigten sind - als auch auf Seiten der Bank. Für die Hinterbliebenen ist die Abwicklung der Bankguthaben des bzw. der Verstorbenen mittels einer Vollmacht zweifellos vorteilhaft, erspart man sich doch die Beantragung eines Erbscheines. Die Richter stellen in dieser Entscheidung jedoch klar, dass die Bank durchaus berechtigt ist, einen Überweisungsauftrag des Kontobevollmächtigten abzulehnen, wenn Anhaltspunkte für einen Missbrauch der Kontovollmacht im Zusammenhang mit dem Tod des Kontoinhabers bestehen. Um sich gegen mögliche Schadensersatzansprüche der Erben wegen unberechtigter Auszahlungen zu schützen, kann die Bank bei gewünschten Auszahlungen von Bankguthaben verstorbener Personen an Dritte deshalb die Vorlage eines Erbscheines verlangen.
Wenn die Bank allerdings keine Kenntnis vom Tod des Kontoinhabers hat und eine ordnungsgemäße Vollmacht vorliegt, kann der Bevollmächtigte im Rahmen der Vollmacht agieren .



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