Am 31.01.2007 wurde der Beschluss der Bundesverfassungsgerichts vom 07.11.2006 veröffentlicht, wonach die derzeitige Erbschafts- und Schenkungsbesteuerung verfassungswidrig ist. Das BVerfG bemängelt, dass die Bewertung von Betriebsvermögen, Anteilen an Kapitalgesellschaften und Grundvermögen aufgrund der derzeit normierten Bewertungsverfahren in aller Regel Ergebnisse unterhalb des Verkehrswertes ausweist.
Innerhalb einer Übergangsfrist bis zum 31.12.2008 muss der Gesetzgeber nunmehr eine verfassungskonforme Lösung schaffen. Dabei hat das BVerfG klargestellt, dass der Gesetzgeber durchaus Vergünstigungen einräumen können, diese aber nicht auf der Bewertungsebene anzusetzen hätten.
Es existiert bereits ein Reformentwurf, dessen weitere Behandlung bis zu der Entscheidung des BVerfG zurückgestellt worden war. Dieser Entwurf trägt den Namen "Gesetz zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge". Die Vorschriften zur Bewertung von Grundvermögen wurden bereits durch das Jahressteuergesetz 2007 mit Wirkung zum 01.01.2007 geändert, werden aber in dieser Form die Anforderungen des BVerfG nicht erfüllen können.
Hinsichtlich Grundvermögen ist damit zu rechnen, dass die Bewertungsvorschriften bis spätestens 31.12.2008 zu geändert werden, dass sich auch bei Anwendung pauschalierter Verfahren ein Wert ergibt, der dem Verkehrswert jedenfalls nahe kommt. In vielen Fällen wird damit der Steuerwert von Immobilien steigen. Hinsichtlich einer eigengenutzten Immobilie wird es ggf. Vergünstigungen geben, auch die Freibeträge für Ehepartner und Kinder stehen derzeit nicht zur Debatte.
Es kann jedoch sinnvoll sein, jedenfalls nicht selbst genutzte Immobilien vor der zu erwartenden Änderung auf Kinder zu übertragen. Die wirtschaftlichen Interessen der schenkenden Eltern lassen sich durch Vorbehaltung von Nießbrauch oder dinglich gesicherte Wohnrechte berücksichtigen. Eine optimale Ausnutzung von Freibeträgen (jedes Kind kann den vollen Freibetrag sowohl von Schenkungen seiner Mutter als auch seines Vaters geltend machen - faktisch also innerhalb der Familie verdoppeln).lässt sich ggf. durch Kettenschenkungen erreichen.
Hinsichtlich Betriebsvermögen ist eine völlige Neuregelung der Systematik der Begünstigung geplant. Derzeit wird Betriebsvermögen zunächst mit den Steuerbilanzwerten bewertet, also in aller Regel deutlich unterhalb des Verkehrswertes. Dann wird sowohl ein Bewertungsabschlag vorgenommen, als auch ein besonderer Betriebsvermögensfreibetrag gewährt. Erst dann kommen die "normalen" Freibeträge zum Abzug. Es lassen sich damit oft nennenswerte (Betriebs-)Vermögen mit einer relativ geringen ggf. sogar ohne Steuerbelastung verschenken bzw. vererben.
Künftig ist damit zu rechnen, dass zunächst die Bewertung des Betriebsvermögens deutlich höher erfolgt. Nach dem vorliegenden Entwurf sind bestimmte Teile des Betriebsvermögens (fremdvermietete Immobilien, Geldvermögen, Wertpapiere) nicht mehr begünstigt, soweit sie die Verbindlichkeiten übersteigen. Der besondere Freibetrag und der Bewertungsabschlag entfallen. Es ergibt sich damit eine in der Regel erheblich höhere Steuerlast als nach aktuellem Recht.
Diese Steuer soll auf 10 Jahre gestundet werden. Jeweils zum 31.12. erlischt 1/10 der Steuer, wenn der Betrieb "in einem dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbarem Umfang" fortgeführt wurde. Nach 10 Jahren erlischt die Steuer vollständig.
Was sich zunächst attraktiv anhört, hat seine Tücken:
Wird der Betrieb nicht "in einem dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbarem Umfang" fortgeführt, so wird die noch nicht erloschene Steuer fällig. Was genau unter dieser Floskel zu verstehen ist, bleibt unklar. Der Grund für eine Reduzierung des Umfangs spielt keine Rolle. Muss etwa nach 2 Jahren eine Produktionslinie wegen des Konkurrenzdrucks geschlossen und ein Teil der Mitarbeiter entlassen werden, so werden 80 % der ursprünglich festgesetzten Steuer fällig. Die Gründe für Umsatzrückgänge, Abbau von Arbeitsplätzen oder Reduzierung des Betriebsvermögens sind unter Umständen vom Erben/Beschenkten nicht beeinflussbar - die Steuerkeule trifft ihn trotzdem.
So genannte gewerblich geprägte Gesellschaften (in der Regel GmbH & Co KG, die keine originär gewerbliche Tätigkeit ausüben, sondern Vermögensverwaltung, z.B. Vermietung) sollen künftig nicht mehr begünstigt werden. Bislang war es eine übliche Gestaltung, insbesondere Immobilienvermögen in eine GmbH & Co KG einzubringen, um diese als Betriebsvermögen mit den entsprechenden Vergünstigungen übertragen zu können. Auch bei Beendigungen von Betriebsausspaltungen oder aus sonstigen Gründen drohender (steuerpflichtiger) Entnahme aus einem Betriebsvermögen in das Privatvermögen erfolgten oft Einbringungen in gewerblich geprägte Gesellschaften. Wenn diese Gestaltungen "gerettet" werden sollen, ist eine kurzfristige Übertragung derartiger Gesellschaften zu erwägen.
Es dürfte daher in vielen Fällen sinnvoll sein, vor der Gesetzesänderung noch Betriebsvermögen zu übertragen. Die Neuregelung soll für alle Erwerbe gelten, für die die Steuer nach dem Tag der Gesetzesverkündung entsteht. Entscheidend ist damit der Todestag bzw. bei Schenkungen der Tag der Ausführung der Zuwendung (in der Regel wird hier der Tag der notariellen Beurkundung maßgeblich sein).
Empfehlung:
Übereilte Schenkungen von Immobilien und Betriebsvermögen sind sicherlich nicht geboten. Zu empfehlen ist aber, das vorhandene Vermögen unter erbschafts-/schenkungssteuerlichen Gesichtspunkten zu bewerten und die Nach- oder ggf. auch Vorteile der beabsichtigten bzw. zu erwartenden Neuregelung abzuwägen.
In vielen Fällen dürfte die vorgezogene Übertragung von Immobilen und/oder Betriebsvermögen sinnvoll sein.

16.02.20073935 Mal gelesen