Vollkasko muss auch bei vorübergehender Unaufmerksamkeit zahlen

Buchführung und Bilanzwesen
29.12.20051675 Mal gelesen

Ob Handy, Zigarettenanzünder oder Autoradio: Ein Kraftfahrer riskiert stets den Kaskoversicherungsschutz, wenn derlei Unaufmerksamkeiten zu Verkehrsunfällen führen. Das Oberlandesgericht Nürnberg entschied am 25.04.2005 einen solchen Fall zu Gunsten des Versicherungskunden. Der war mit 50 km/h auf einer übersichtlichen Straße mit seinem PKW in eine Verkehrsinsel gerauscht und hatte anschließend angegeben, er sei vor dem Unfall durch die Bedienung des Radios abgelenkt gewesen. Der Versicherer legte ihm dies als grobe Fahrlässigkeit aus und weigerte sich, die Reparaturkosten in Höhe von € 15.400,00 zu erstatten.  

   

Der Autofahrer obsiegte erst in II. Instanz, nachdem das Landgericht Regensburg noch dem Versicherer bescheinigt hatte, von der Leistungspflicht befreit zu sein.  

   

Das OLG Nürnberg stellte klar, dass eine kurzzeitige Ablenkung, die nahezu alltäglich vorkommt, zwar den Vorwurf eines fahrlässig begangenen Fahrfehlers rechtfertigt, nicht aber den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit. Dies ist aber Voraussetzung dafür, dass sich der Kaskoversicherer auf Leistungsfreiheit berufen kann. Nur wenn der Autofahrer durch die Bedienung des Radios seinen Blick erhebliche Zeit von der Fahrbahn abgewendet hätte, wäre nach Auffassung des OLG der Versicherungsschutz verloren gegangen. Dies war aber vorliegend nicht nachzuweisen. Vorübergehende Unaufmerksamkeiten und kurzfristige Ablenkungen könnten jedoch nicht zum Verlust des Versicherungsschutzes führen, da ansonsten die Vollkaskoversicherung ihren Sinn und Zweck verlöre.  

   

Im Ergebnis ist also die Dauer der Ablenkung entscheidend. Eine ca. 5-sekündige Ablenkung soll aber auch nach Auffassung des OLG Nürnberg zum Verlust des Versicherungsschutzes führen. Das hatte das OLG bereits im Jahr 1990 einmal so entschieden.  

   

OLG Nürnberg, Urteil vom 25.04.2005, AZ: 8 U 4033/04