- Klare Absage an das Altersphasenmodell -

Betreuungsrecht Pflege
14.04.20101073 Mal gelesen
- Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahrs -
Bei der Billigkeitsentscheidung nach § 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB ist der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die notwendige Betreuung der Kinder auf andere Weise gesichert ist, oder in kindgerechten Betreuungseinrichtungen gesichert werden könnte. Bereits in seiner Entscheidung vom 18.03.2009 hat der BGH ein Altersphasenmodell für das neue Recht - auch in modifizierter Form ? abgelehnt, mit der Begründung, ein Altersphasenmodell, das allein auf das Alter der Kinder abstellt, werde den Anforderungen nicht mehr gerecht.
 
Der BGH stellt nun in seiner Entscheidung vom 06.05.2009 (Az. XII ZR 114/08) noch einmal klar, dass mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahrs grundsätzlich kein Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten besteht. Die Obliegenheit zur Inanspruchnahme einer kindgerechten Betreuungsmöglichkeit findet erst dort ihre Grenzen, wo die Betreuung nicht mehr mit dem Kindeswohl vereinbar ist. Dies ist jedenfalls bei öffentlichen Betreuungseinrichtungen wie Kindergärten, Kindertagesstätten oder Kinderhorten regelmäßig nicht der Fall.
 
Bei der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs über diesen Zeitraum hinaus ist zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die notwendige Betreuung der Kinder auf andere Weise gesichert ist oder in kindgerechten Betreuungseinrichtungen gesichert werden könnte.
 
In der Praxis wird nach den beiden Entscheidung des BGH zukünftig verstärkt darauf abgestellt werden müssen, inwieweit aufgrund des Einzelfalls und insbesondere der konkreten Betreuungssituation vor Ort von dem betreuenden Elternteil eine (Teil-) Erwerbstätigkeit neben der Kinderbetreuung erwartet werden kann. Dazu muss konkret festgestellt werden ob im näheren Einzugsbereich eine kindgerechte Einrichtung existiert, die die Betreuung des Kindes ? ggf. bei Schulkindern nach ihrem Schulbesuch einschließlich der Hausaufgabenhilfe ? ganztags sicherstellt.
 
 
Soweit sich der betreuende Elternteil unabhängig von der Existenz und dem Leistungsspektrum einer solchen kindgerechten Einrichtung auf die Notwendigkeit einer persönliche Betreuung beruft z.B. wegen gesundheitlicher Probleme des Kindes, ist das Bestehen eines solchen Problems allein nicht ausreichend, denn dies sagt noch nichts darüber aus, durch wen eine solche zusätzliche Betreuung sichergestellt werden kann.
 
Unterhaltsrechtliche Bedeutung hat ein solches Problem des Kindes lediglich dann, wenn nur der betreuende Elternteil dieses Problem lösen kann und wegen des damit verbundenen Zeitaufwands in seiner Berufstätigkeit eingeschränkt ist.
 
Es kommt nicht allein auf die aktuelle Belastung des allein erziehenden Elternteils an, sondern es ist zusätzlich als Maßstab auch das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte oder praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung heranzuziehen. Diese Umstände gewinnen durch das Vertrauen des unterhaltsberechtigten Ehegatten bei längerer Ehedauer oder bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit zur Erziehung des gemeinsamen Kindes weiter an Bedeutung.
Sofern Sie zur Unterhaltszahlung verpflichtet sind, ist es ratsam, die beanspruchten Zahlungen durch einen Anwalt prüfen zu lassen. Insbesondere Änderungen in dem seit 2008 geltenden Unterhaltsrecht geben Anlass zur Überprüfung Ihrer Unterhaltsverpflichtungen. Eine auf Ihre individuelle Situation abgestimmte Einschätzung der Rechtslage erhalten Sie bei Rechtsanwältin Bettina Batrinu