Kindeswohl
1 Allgemein
Das Kindeswohl (Wohl des Kindes) ist bei allen Kinder und Jugendliche betreffenden Entscheidungen das Leitbild. Generell wird darunter das Recht des Kindes auf eine Förderung seiner Entwicklung und eine Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit verstanden.
Die inhaltliche Ausfüllung des Begriffs des Kindeswohls ist immer im Kontext mit der jeweiligen Anspruchsgrundlage zu sehen und mithilfe von interdisziplinärem Wissen auszufüllen. Dabei ist zu beachten, dass grundsätzlich die Eltern nach Art. 6 Abs. 2 GG ein Recht auf die Erziehung ihrer Kinder haben.
Auch können insbesondere bei der Beurteilung des Kindeswohls nur in sehr geringem Maße allgemeine Grundsätze zur Beurteilung aufgestellt werden.
Zu beachten ist, dass in Sorgerechtsverfahren als Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit der Amtsermittlungsgrundsatz gilt.
2 Gefährdung des Kindeswohls
Bei einer Gefährdung des Kindeswohls können verschiedene Maßnahmen ergriffen werden. Siehe insofern den Beitrag "Kindeswohl - Gefährdung".
3 Kindeswohl bei Sorgerechtsentscheidungen
3.1 Die Eltern sind nicht miteinander verheiratet
Siehe insofern den Beitrag "Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern".
3.2 Die Eltern sind miteinander verheiratet, leben aber dauerhaft getrennt
Eltern behalten auch nach der Trennung / Scheidung grundsätzlich das gemeinsame Sorgerecht. Jedoch kann ein Elternteil gemäß § 1671 BGB beantragen, dass ihm die alleinige elterliche Sorge zusteht.
Die Anforderungen bei der Übertragung des Sorgerechts auf einen Elternteil sind in zwei Schritten zu prüfen bzw. in dem rechtsanwaltlichen Schriftsatz darzustellen (BGH 12.12.2007 - XII ZB 158/05):
Dabei hat das Gericht in einem ersten Schritt zu überprüfen, ob das Weiterbestehen der gemeinsamen Sorge dem Kindeswohl widerspricht.
Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1992 beinhaltet dies die Prüfung, ob beide Elternteile geeignet und gewillt sind, die Pflege und Erziehung des Kindes zu übernehmen oder sonstige Gründe dem gemeinsamen Sorgerecht im Wege stehen.
In einem zweiten Schritt wird geprüft, ob die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf den beantragenden Elternteil dem Kindeswohl entspricht.
Bei der Kindeswohlprüfung werden folgende Kriterien berücksichtigt:
Wo hat das Kind bisher gelebt?
Wer hat in der Vergangenheit den größten Teil der Erziehungsarbeit und Pflege übernommen?
Inwieweit bestehen Bindungen des Kindes zu seinen gegebenenfalls bei dem anderen Elternteil lebenden Geschwistern?
Welche Bindungen bestehen zu den Eltern?
Bei wem möchte das Kind leben?
Voraussetzung des Weiterbestehens der gemeinsamen Sorge ist ein Mindestmaß an Verständigungsmöglichkeiten zwischen den Eltern (BGH 12.12.2007 - XII ZB 158/05).
4 Hilfen zur Erziehung
Ist der Personensorgeberechtigte des Kindes / Jugendlichen mit der Erziehung überfordert und dadurch das Kindeswohl gefährdet, so hat er gemäß § 27 SGB VIII einen Anspruch auf die für die Entwicklung des Kindes / Jugendlichen geeignete und notwendige Hilfe zur Erziehung.
Die Erziehungshilfe findet dabei insbesondere in den Formen der §§ 28 - 35 SGB VIII statt. Dies sind:
Erziehungsberatung
Soziale Gruppenarbeit
Erziehungsbeistand
Erziehung in einer Tagesgruppe
Vollzeitpflege
Heimerziehung / betreute Wohnformen
Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung (Intensivpädagogik)
Gemäß § 27 Abs. 2 S. 3 SGB VIII können unterschiedliche Hilfearten miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
Bei der Auswahl der Hilfe haben der Personensorgeberechtigte und das Kind / der Jugendliche ein (eingeschränktes) Mitbestimmungsrecht gemäß der Voraussetzungen des § 36 SGB VIII.