Dienstunfälle von Beamten

Beamtenrecht
15.05.2020 222 Mal gelesen
Erleidet ein Beamter einen Dienstunfall, hat er gegen den Dienstherrn Anspruch auf Unfallfürsorge.

Aber nicht jeder Unfall, der sich im Dienst ereignet, ist ein Dienstunfall. Der Teufel steckt im Detail.

I. Fristen beachten!

Ansprüche aufgrund von Dienstunfällen müssen innerhalb bestimmter Fristen geltend gemacht werden:

1. Bei Sachschäden: Ausschlussfrist von drei Monaten

§ 32 Satz 1 und 2 Beamt VG: Sind bei einem Dienstunfall Kleidungsstücke oder sonstige Gegenstände, die der Beamte mit sich geführt hat, beschädigt oder zerstört worden oder abhandengekommen, so kann dafür Ersatz geleistet werden. Anträge auf Gewährung von Sachschadenersatz nach Satz 1 sind innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten zu stellen.

2. Für die Unfallmeldung: Ausschlussfrist von 2 Jahren

§ 45 Abs. 1 BeamtVG: Unfälle, aus denen Unfallfürsorgeansprüche nach diesem Gesetz entstehen können, sind innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Jahren nach dem Eintritt des Unfalles bei dem Dienstvorgesetzten des Verletzten zu melden.

3. Nur ausnahmsweise: Meldung innerhalb von 10 Jahren seit dem Unfall

Nach Ablauf der Ausschlussfrist wird Unfallfürsorge nur gewährt, wenn

  • seit dem Unfall noch nicht zehn Jahre vergangen sind und
  • gleichzeitig glaubhaft gemacht wird, dass mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalles nicht habe gerechnet werden können oder
  • dass der Berechtigte durch außerhalb seines Willens liegende Umstände gehindert worden ist, den Unfall zu melden.

Die Meldung muss, nachdem mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalles gerechnet werden konnte oder das Hindernis für die Meldung weggefallen ist, innerhalb dreier Monate erfolgen. Die Unfallfürsorge wird in diesen Fällen vom Tage der Meldung an gewährt; zur Vermeidung von Härten kann sie auch von einem früheren Zeitpunkt an gewährt werden.

II. Was ist ein Dienstunfall?

1. Gesetzliche Definition (§ 31 BeamtVG)

Ein Dienstunfall ist ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Zum Dienst gehören auch

  1. Dienstreisen und die dienstliche Tätigkeit am Bestimmungsort,
  2. die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen und
  3. Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst oder in dem ihm gleichstehenden Dienst, zu deren Übernahme der Beamte gemäß § 98 des Bundesbeamtengesetzes verpflichtet ist, oder Nebentätigkeiten, deren Wahrnehmung von ihm im Zusammenhang mit den Dienstgeschäften erwartet wird, sofern der Beamte hierbei nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert ist.

Auch Wegeunfälle können Dienstunfälle sein: Als Dienst gilt auch das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle; hat der Beamte wegen der Entfernung seiner ständigen Familienwohnung vom Dienstort an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft, so gilt Halbsatz 1 auch für den Weg von und nach der Familienwohnung.

2. Äußere Einwirkung

Hierzu zählen z.B. tätliche Angriffe, Verkehrsunfälle. Auch ein Schockerlebnis mit psychischen Folgen kann einen Dienstunfall darstellen. Dies hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf (Urteil vom 02.11.2010 - 23 K 5235/07) in einem Fall entschieden, in welchem ein Vorgesetzter anstößige und stark ekelerregende Bilder im Dateinanhang einer Email verschickt hatte. Der Empfänger der Mail litt anschließend unter erheblichen psychischen Belastungen. Das Verwaltungsgericht erkannte darin ein plötzliches, auf äußerer Einwirkung beruhendes, in zeitlicher und örtlicher Hinsicht bestimmbares Ereignis, das in Ausübung des Dienstes eingetreten ist, sodass die gesetzlichen Merkmale erfüllt waren.

3. Mobbing ist kein Unfall

Denn es handelt sich nicht um ein plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares Ereignis. Das Verwaltungsgericht Göttingen hat in einem Urteil vom 02.04.2008 (3 A 263/06) entschieden, dass langandauerndes Mobbing nicht der gesetzlichen Definition eines Dienstunfalls entspricht. Die gesetzliche Voraussetzung "plötzlich" sei nur dann erfüllt, wenn das Unfallereignis in einem verhältnismäßig kurzen Zeitraum eintritt und wirkt. Es muss sich zwar nicht um ein "Augenblicksereignis" handeln, jedoch muss wenigstens feststellbar sein, dass innerhalb einer Arbeitsschicht eine Einwirkung erfolgte und ein Körperschaden konkret verursacht wurde, mag auch das volle Ausmaß des Körperschadens erst zu einem späteren Zeitpunkt erkennbar werden. Gleichzeitig fehlt es an einer "äußeren Einwirkung" bei Ereignissen, die auf der Veranlagung oder auf inneren Vorgängen in dem Beamten selbst beruhen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn ein anlagebedingtes Leiden mehr oder weniger zufällig gerade im Dienst hervortritt. Mithin ausgeschlossen sind im Allgemeinen Schäden, die auf inneren seelischen Vorgängen beruhen, die sich als Folge täglichen Ärgerns im Dienst über Vorgesetzte, Mitarbeiter oder Untergebene zeigen; auch Erkrankungen aufgrund eigener nervöser Unrast und Überarbeitung fallen nicht unter § 31 BeamtVG. Gerade die Häufung und die aus der allein bei dem Kläger 16 Ereignisse umfassenden Aufzählung ersichtliche Folge verschiedener einzelner Vorgänge sei deutlicher Ausdruck einer "Dauerwirkung". Die Entstehung einer Gesundheitsschädigung über einen Zeitraum von (mindestens) 1 ½ Jahren ist nicht auf ein plötzliches, zeitlich und örtlich bestimmbares Ereignis zurückzuführen
Mobbing kann aber u.U. als Dienstbeschädigung gewertet werden (§ 31 Abs. 3 BeamtVG).

4. Einen Körperschaden verursachend

Das Unfallereignis muss einen Körperschaden verursachen. An diesem Punkt treten die häufigsten Streitfragen auf. Das Unfallereignis muss die rechtlich allein wesentliche Ursache sein. "Verursachen" bedeutet in diesem Zusammenhang nicht dasselbe wie "Auslösen". Häufig sind Unfälle zwar Auslöser eines Körperschadens, aber nicht die rechtlich allein wesentliche Ursache. Nämlich dann nicht, wenn eine Körperschädigung vor dem Unfall bereits latent vorhanden ist und der Unfall lediglich (zufällig) den Schaden hervorruft.

Es geht bei dieser Frage um die sachgerechte Risikoverteilung. Der Dienstherr soll nur die spezifischen Gefahren der Beamtentätigkeit tragen und mit denjenigen Unfallursachen belastet werden, die auf die dienstliche Tätigkeit zurückzuführen sind. Risiken die sich aus anderen als dienstlichen Gründen, insbesondere aus persönlichen Anlagen, Gesundheitsschäden und Abnutzungserscheinungen ergeben, trägt der Beamte selbst (OVG Lüneburg - Beschluss vom 20.02.2009 - 5 LA 155/07).

Das auslösende äußere Ereignis ist dann nicht ursächlich, wenn es sich um eine sog. Gelegenheitsursache handelt. Davon spricht man, wenn bereits eine krankhafte Veranlagung oder ein anlagebedingtes Leiden so leicht ansprechbar waren, dass auch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis denselben Schaden herbeigeführt hätte. Das Problem stellt sich z.B. immer dann, wenn bereits Vorschädigungen bestanden oder sich der Umfang vorhandener Vorschädigungen nicht mehr ermitteln lässt. Beispiel:

Erleidet ein Polizeibeamter beim Dienstsport einen Achillessehnenriss, kann diese Verletzung nicht als Dienstunfall anerkannt werden, sofern sich nachträglich nicht mehr feststellen lässt, ob und ggf. in welchem Umfang die Sehe degenerativ vorgeschädigt war (VG Braunschweig - Urteil vom 01.02.2007 - 7 A 33/06)

III. Leistungen

Die Unfallfürsorge umfasst

  1. Erstattung von Sachschäden und besonderen Aufwendungen (§ 32 BeamtVG), z.B. Kleidungsstücke oder sonstige Gegenstände, die der Beamte mit sich geführt hat.
  2. Heilverfahren (§§ 33, 34 BeamtVG). Notwendige ärztliche Behandlung, Versorgung mit Arznei- und anderen Heilmitteln, Körperersatzstücke, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, notwendige Pflege.
  3. Unfallausgleich (§ 35 BeamtVG). Ist der Verletzte infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate wesentlich beschränkt, so erhält er, solange dieser Zustand andauert, neben den Dienstbezügen, den Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt einen Unfallausgleich,
  4. Unfallruhegehalt oder Unterhaltsbeitrag (§§ 36 bis 38 BeamtVG). Setzt sich ein Beamter bei Ausübung einer Diensthandlung einer damit verbundenen besonderen Lebensgefahr aus und erleidet er infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall, erhält er ein erhöhtes Unfallruhegehalt, wenn er infolge dieses Dienstunfalles dienstunfähig geworden und in den Ruhestand getreten und im Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 vom Hundert beschränkt ist.
  5. Unfall-Hinterbliebenenversorgung (§§ 39 bis 42BeamtVG). Ist ein Beamter, der Unfallruhegehalt erhalten hätte, oder ein Ruhestandsbeamter, der Unfallruhegehalt bezog, an den Folgen des Dienstunfalles verstorben, so erhalten seine Hinterbliebenen Unfall-Hinterbliebenenversorgung.
  6. einmalige Unfallentschädigung (§ 43BeamtVG: Ein Beamter des Bundes, der einen Dienstunfall der in § 37 bezeichneten Art erleidet, erhält eine einmalige Unfallentschädigung von 150 000 Euro, wenn er nach Feststellung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle infolge des Unfalls in seiner Erwerbsfähigkeit dauerhaft um wenigstens 50 vom Hundert beeinträchtigt ist.
  7. Schadensausgleich in besonderen Fällen (§ 43a BeamtVG),
  8. Einsatzversorgung (§ 31a BeamtVG), wenn eine gesundheitliche Schädigung bei einer besonderen Verwendung im Ausland eintritt.

 

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