Auf Abstandsflächenverstöße nur berufen, wer ihn selbst einhält!

Baugenehmigung bei Verstoß gegen Abstandsflächengebot nur dann anfechtbar, wenn nicht selbst gegen Abstandsflächengebot verstoßen wurde.
14.07.2021210 Mal gelesen
Baugenehmigung bei Verstoß gegen Abstandsflächengebot nur dann anfechtbar, wenn nicht selbst gegen Abstandsflächengebot verstoßen wurde.

Kein Messen mit zweierlei Maß - Auf Abstandsflächenverstöße kann sich nur berufen, wer selbst genügend Abstand hält

Ein Bauvorhaben erfordert regelmäßig eine ausgiebige Planung, da viele baurechtliche Vorschriften zu beachten sind. Ein Grundstück darf nicht nach Belieben bebaut werden, insbesondere die in der jeweiligen Bauordnung vorgesehenen Abstandsregelungen sind von großer Bedeutung. Diese schreiben vor, welche Flächen nicht bebaut werden dürfen, damit bestimmte Abstände zwischen Gebäuden und Grundstücksgrenzen eingehalten werden.

 

Wozu dienen Abstandsflächen?

Abstandsflächen sind maßgeblich aus brandschutztechnischen Gründen vorgesehen. Zudem sichern Sie die Wohnqualität, indem sie für ausreichende Belichtung und Belüftung eines Grundstücks sorgen. Die Abstandsvorschriften sind jedoch nicht nur Pflicht, sondern begründen auch ein Abwehrrecht, falls ein Nachbar zu dicht an der eigenen Grundstücksgrenze baut und so gegen die Abstandsvorschriften verstößt.

 

Was passiert, wenn beide Nachbarn gegen Abstandsrecht verstoßen?

Darüber hatte zuletzt das Oberverwaltungsgericht Münster zu entscheiden (OVG Münster, Beschluss v. 18.06.2020 - 7 A 1510/18). In dem Fall versuchte ein Nachbar gegen die Baugenehmigung des anderen vorzugehen, da er behauptete das geplante Vorhaben verstoße gegen das Abstandsgebot. Das Gebäude des Klägers rief jedoch selbst Abstandsflächen hervor, welche zum Teil auf dem Grundstück des Beklagten lagen. Die Abstandsflächen lagen jeweils zum Teil auf dem Grundstück des anderen, sodass sich diese überschnitten. Nach der Entscheidung des Gerichts durfte der Kläger jedoch nicht von seinem Abwehrrecht Gebrauch machen, da er selbst in vergleichbarer Weise die Einhaltung von Abstandsflächen missachtete. Zu Begründung führten die Richter aus, dass ein solches Vorgehen gegen das allgemeine Rechtsempfinden verstoße und eine unzulässige Rechtsausübung darstelle.

 

Was folgt aus der Entscheidung?

Gegen den Verstoß des Abstandsrechts kann nur vorgehen, wer nicht selbst in vergleichbarem Umfang die Abstandsregelungen nicht einhält. Ein Abwehrrecht leitet sich nicht schon aus der Verletzung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften ab. So ist es nicht zwingend, dass bei der Erteilung der Baugenehmigung das Abstandsflächenrecht berücksichtigt wurde. Vielmehr kommt es auf die konkrete bauliche Wechselbeziehung zwischen den Nachbarn an. Diese stehen in Abhängigkeit zueinander, daher ist die tatsächliche Situation bei der Beurteilung der Abstandsflächenverstöße heranzuziehen. Eine vorliegende Baugenehmigung über ein bestehendes Gebäude heilt nicht den Abstandsflächenverstoß. Hält der Nachbar ebenfalls keine Abstandsflächen ein, muss man den eigenen Verstoß trotz Bestandsschutz weiterhin gegen sich gelten lassen.

 

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Quellen: