Rechtswörterbuch

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Baugenehmigung

 Normen 

Baden-Württemberg: §§ 58 ff. LBO BW
Bayern: §§ 72 ff. BayBO
Berlin: §§ 71 ff. BauO Bln
Brandenburg: §§ 67 ff. BbgBO
Bremen: §§ 74 ff. BremLBO
Hamburg: § 72 HBauO
Hessen: §§ 62 ff. HBO,HE
Mecklenburg-Vorpommern: § 72 ff. LBauO M-V
Niedersachsen: §§ 63 ff., 70 NBauO
Nordrhein-Westfalen: §§ 60 ff. BauO NRW 2018
Rheinland-Pfalz: §§ 70 ff. LBauO,RP
Saarland: §§ 73 ff. LBO,SL
Sachsen: §§ 72 ff. SächsBO
Sachsen-Anhalt: §§ 71 ff. BauO LSA
Schleswig-Holstein: §§ 78 ff. LBO,SH
Thüringen: §§ 70 ff. ThürBO

§§ 63 ff. MBO

 Information 

1. Allgemeines

Die Errichtung, die Änderung, die Nutzungsänderung und der Abbruch baulicher Anlagen bedürfen einer Baugenehmigung.

Erforderlich ist ein Antrag auf Baugenehmigung, dem alle notwendigen Pläne und Berechnungen beizufügen sind. Die untere Bauaufsichtsbehörde (dies sind i.d.R die Kreise, kreisfreien Städte, teilweise auch die großen und mittleren kreisangehörigen Städte) erteilt nach Prüfung die Baugenehmigung, gegebenenfalls mit Auflagen und Bedingungen, d.h. Nebenbestimmungen. Sie muss dies tun, wenn das Bauwerk nach der zu erwartenden Ausführung den öffentlich-rechtlichen Vorschriften (Bauvorschriften sowie Vorschriften des Straßenrechts, Naturschutzrechts, Immissionsschutzrechts u.a.) entspricht.

Hinweis:

Wird ein Bauvorhaben ohne Genehmigung begonnen, drohen nicht nur die Verhängung eines Baustopps (Stilllegungsverfügung), sondern auch hohe Geldbußen und - im Falle der materiellen Baurechtswidrigkeit - sogar der Abriss des Gebäudes.

Nicht nur die Errichtung von baulichen Anlagen, sondern auch die Änderung und der Abbruch baulicher Anlagen sind grundsätzlich genehmigungsbedürftig. Soll ein Gebäude anders genutzt werden als in der Vergangenheit (liegt also eine Nutzungsänderung vor), besteht eine Genehmigungspflicht immer dann, wenn für die neue Nutzung des Gebäudes andere bauordnungsrechtliche oder bauplanungsrechtliche Bestimmungen angewendet werden müssen.

Beispiele:

Aus einem Lebensmittelgeschäft soll ein Bowling-Center, aus Wohnungen Arztpraxen werden.

Gegenbeispiel:

Die ehemalige Apotheke im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses soll künftig als IT-Shop genutzt werden.

Praxistipp:

Um mit einigen Arbeiten vor Erteilung der Gesamtbaugenehmigung beginnen zu können, muss eine Teilgenehmigung eingeholt werden. Diese wird als formloser Antrag beim Bauordnungsamt meist für Erd-, Gründungs- und Entwässerungsarbeiten gestellt. Die Teilgenehmigung hat den Rechtscharakter einer Baugenehmigung, gilt aber nur für die konkret benannten Gewerke. Sie bindet die Behörde, das Gesamtbauvorhaben im Grundsatz zu genehmigen. Demzufolge muss erst die grundsätzliche Zulässigkeit des Vorhabens geklärt sein, bevor die Teilbaugenehmigung erteilt wird.

Hinsichtlich einzelner Fragen eines Bauvorhabens, die selbstständig beurteilt werden können, kann der Bauherr vor Einreichung eines Bauantrags einen schriftlichen Antrag auf Vorabentscheidung (Bauvoranfrage / Bauvorbescheid) stellen.

2. Vereinfachtes Genehmigungsverfahren

Für eine Reihe von Bauvorhaben - insbesondere für Wohnbauvorhaben - kommt je nach Landesbauordnung ein vereinfachte Genehmigungsverfahren bzw. ein Anzeige- oder Freistellungsverfahren in Betracht. Dabei handelt es sich um ein verkürztes und daher schnelleres Verfahren. Für welche Bauvorhaben das vereinfachte Genehmigungsverfahren durchgeführt werden kann und welche Unterlagen der Bauaufsichtsbehörde einzureichen sind, ist im Einzelnen in den Landesbauordnungen aufgeführt.

3. Genehmigungsfreie Vorhaben

Einige Vorhaben bedürfen überhaupt keiner Genehmigung, sie sind genehmigungsfrei.

Beispiel:

Mobilfunkanlagen bis zu bestimmten Grenzwerten, Gartenlauben, nicht überdachte Stellplätze, Wochenendhäuser

Die jeweilige Landesbauordnung enthält Bestimmungen darüber, welche Vorhaben im Einzelnen genehmigungsfrei sind.

4. Rechtsschutz des Bauherrn

Wird der Genehmigungsantrag negativ beschieden (Ablehnungsbescheid), kann der Bauherr seine Interessen durch (Verpflichtungs-)Widerspruch (§§ 68 ff. VwGO) und Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) durchsetzen.

Daneben können auch einzelne Auflagen und Bedingungen (Nebenbestimmungen eines Verwaltungsaktes) anfechtbar sein.

Zu beachten ist, dass die Baugenehmigung unbeschadet privater Rechte Dritter ergeht. So kann es z.B. sein, dass der Bauherr einem Nachbarn ein Überfahrtsrecht einräumen muss, damit dieser zu seinem Parkplatz gelangt. Der Bauherr sollte in dieser Hinsicht auf eine eventuell bestehende Grunddienstbarkeit seines Grundstücks achten. Ob für das Baugrundstück eine Grunddienstbarkeit besteht, lässt sich dem Grundbuch entnehmen.

5. Rechtsschutz Dritter gegen die Baugenehmigung

Werden öffentlich-rechtliche Bestimmungen zugunsten Dritter (Nachbarrecht - öffentliches) durch das genehmigte Vorhaben verletzt, können die Betroffenen mit (Anfechtungs-)Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung vorgehen (Zu Einzelheiten zum Rechtsschutz des Nachbarn gegen ein Bauvorhaben siehe den Beitrag "Nachbarrecht - öffentliches"). Etwas anderes gilt nur, wenn das Widerspruchsverfahren in dem Bundesland abgeschafft wurde. Siehe hierzu den Beitrag "Widerspruch".

 Siehe auch 

Abrissverfügung

Bauaufsicht

Bauherr

Bauleiter

Bebauungsplan

Bauvorbescheid

Nutzungsänderung

Teilgenehmigung

BGH 24.04.2008 - III ZR 252/06 (Mitverschulden des Bauherrn)

OVG Bremen 25.02.2005 - 1 B 41/05 (Voraussetzungen einer einstweiligen Anordnung im Baugenehmigungsverfahren)

BGH 21.10.2004 III ZR 323/03 (Geltendmachung eines Amtshaftungsanspruchs Zug um Zug)

Bringewat: Geltungsverlust einer Baugenehmigung bei Nutzungsunterbrechung: Neue Entwicklungen?; Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - NVwZ 2011, 733

Büchs/Walter/Amann: Baurecht in Bayern. Kommentar; Loseblattwerk

Decker: Reichweite und Grenzen des baurechtlichen Bestandsschutzes; Bayerische Verwaltungsblätter - BayVBl. 2011, 517

Gädtke/Johlen/Wenzel/Hanne u.a.: BauO NRW, Kommentar; 13. Auflage 2019

Glöckner/Berg: Fachanwaltskommentar Bau- und Architektenrecht 2. Auflage 2015

Jeromin: LBauO Rh-Pf, Kommentar; 4. Auflage 2016

Johlen/Beutling: Schadensersatzanspruch des Bauherrn bei einer rechtswidrig erteilten und später aufgehobenen Baugenehmigung; Baurecht - BauR 2002, 263

Kuffer/Wirth: Handbuch des Fachanwalts Bau- und Architektenrecht; 5. Auflage 2017

Lembcke: Handbuch Baukonfliktmanagement: Mediation, Schlichtung, Adjudikation, Schiedsgutachten; 1. Auflage 2013

Reimer: Baugenehmigungspflicht für Mobilfunkbasisstationen?; Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - NVwZ 2004, 146

Rolshoven: Baugenehmigung im Eilverfahren? Baurecht - BauR 2003, 646

Spieler: Veränderungssperre und Zurückstellung von Bauvorhaben nach rechtskräftiger Verurteilung zur Erteilung der Baugenehmigung; Baurecht - BauR 2008, 1397

Ulbrich: Formularbuch des Fachanwalts Bau- und Architektenrecht; 4. Auflage 2018

Uschkereit: Bestandsschutz bzw. besser Bestandskraft der Baugenehmigung bei längeren Nutzungsunterbrechungen; Baurecht - BauR 2010, 718