Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren erfordert hohe Toleranzabschläge

Autounfall Verkehrsunfall
16.02.20094866 Mal gelesen
Das Oberlandesgericht Köln hat bestätigt, dass grundsätzlich ein Sicherheitsabschlag von 7 % des Skalenwertes als Ausgleich für mögliche Eigenfehler des Tachometers und ein weiterer Abzug von 12 % der abgelesenen Geschwindigkeit für andere mögliche Ungenauigkeiten erforderlich ist, wenn die Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren mit einem nicht justierten Tachometer erfolgte. (OLG Köln, Beschluss vom  19.09.2008, 82 SS-OWi  67/08-B - 215 B -)
 
Wie die Richter betonen, solle sich daran auch nichts dadurch ändern, dass es die Technik mittlerweile ermöglicht, exaktere Tachometer herzustellen. Der Senat macht auf geltendes Recht aufmerksam, wonach in der EU zulassungsfähige Fahrzeuge beim Tachometer eine Voreilung von 10 %  der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit plus 4 km/h aufweisen dürfen. 
 
Liest zum Beispiel der Beamte im nachfahrenden Auto einen Geschwindigkeitswert von 85 km/h ab, ist von der abgelesenen Geschwindigkeit ein Abzug von 12 % vorzunehmen (85 km/h x 12 % = 10,2 km/h). Vom Tachoskalenendwert sind 7% in Abzug zu bringen (bei Tachoendwert von 220:  15,4 km/h;  bei 240: 16,8; bei 260: 18.2). Geht der Tacho im Fahrzeug des Beamten also bis 240, wären von den abgelesenen 85 km/h insgesamt 27 km/h abzuziehen. Heraus käme eine vorwerfbare Geschwindigkeit von nur noch 58 km/h.
 
Ausnahmen vom Sicherheitsabschlag denkbar
 
In besonderen Situationen aber soll es nach Ansicht des Gerichts aber zulässig sein, statt  12% von der abgelesenen Geschwindigkeit nur  6% abzuziehen. Nämlich dann, wenn der Tacho ablesende Polizeibeamten immer ?den nächst niedrigen, durch einen Teilstrich gekennzeichneten Wert? in Ansatz gebracht hat und sich der Abstand zwischen den Fahrzeugen während der Messung vergrößert hat. Grund:  Der Abzugswert 12 % beinhaltet einen Abzug von jeweils 3 % für mögliche Ablesefehler und Fehler durch Abstandsveränderungen. Diese Fehlerquellen könnten aber ausgeschlossen werden, wenn sich der Beamte beim Ablesen wie geschildert verhalten und der Abstand sogar größer wurde.
 
Fahrverbot oder nicht Fahrverbot 
 
Die Festsetzung des korrekten Toleranzwertes kann für den Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein, wenn es um die Frage geht, ob sein Geschwindigkeitsverstoß mit einem Fahrverbot oder mit Punkten zu ahnden ist. Durch einen höheren Sicherheitsabschlag auf die gemessene Geschwindigkeit kann er eventuell  aus dem Bereich herausfallen, in dem nach dem Bußgeldkatalog ein Fahrverbot vorgesehen ist. Steht von vorneherein kein Fahrverbot zur Rede, so kann es um die Frage gehen, ob der Verstoß noch in einen Bereich fällt, der Punkte in Flensburg nach sich zieht.    
 
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Der Verfasser, Rechtsanwalt Christian Demuth, verteidigt speziell Menschen, die mit dem Verkehrsrecht in Konflikt geraten. Weitere Informationen: www.cd-recht.de