Drastische konjunkturelle Schwankungen einerseits, die demographische Entwicklung, die Rente mit 67 und der Wegfall der Förderung der Altersteilzeit andererseits führen zu bedeutenden Veränderungen in der Arbeitswelt. Arbeitgeber und Mitarbeiter stehen vor neuen Herausforderungen, wenn sie Wege für eine mittel- bis langfristige Arbeitszeitflexibilisierung finden wollen. Diese sollten sowohl Möglichkeiten zur bedarfsgerechten Arbeitszeitgestaltung bei konjunkturellen Schwankungen als auch Altersteilzeit-Gestaltungen und Optionen für ein flexibles Ausscheiden vor dem regulären Renteneintrittsalter ermöglichen (Vorruhestand).
Um betriebsbedingte Kündigungen bei konjunkturellen Einbrüchen vermeiden zu können und gleichzeitig den Mitarbeitern einen Weg zum vorzeitigen Ruhestand ohne empfindliche Rentenabschläge zu ebnen, bietet sich die Einrichtung von Zeitwertkonten an. Diese werden auch Lebensarbeitszeitkonten genannt und sind eine tragfähige, steuerlich geförderte und sozialverträgliche Möglichkeit, den benannten Herausforderungen zu begegnen. Arbeitgebern bietet die Einführung solcher Arbeitszeitmodelle darüber hinaus die Möglichkeit, ihre Attraktivität zu steigern, Mitarbeiter zu motivieren und langfristig an sich zu binden.
Zeitwertkonten sind Arbeitszeitkonten, in die der Mitarbeiter Arbeitsentgelt oder Arbeitszeit einbringen kann, um damit eine zukünftige bezahlte Freistellung zu finanzieren. Hauptzweck ist also, spätere Auszeiten (z. B. für Fortbildung oder Pflege von Angehörigen) oder den vorgezogenen Ruhestand zu realisieren. Das Gesetz zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen ("Flexigesetz" und "Flexi II") hat sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen, durch die die Attraktivität von Zeitwertkonten beträchtlich gestiegen ist. Es ist nun sicher gestellt, dass auch Sozialabgaben erst dann zu erheben sind, wenn es tatsächlich zur Zahlung des Arbeitsentgelts kommt. Bei der lohnsteuerlichen Behandlung gilt ohnehin das Zuflussprinzip. Das bedeutet für den Arbeitnehmer, dass seine Beiträge zum Zeitwertkonto nicht zum Zeitpunkt der Leistungserbringung besteuert werden, sondern wenn ihm der Wert zufließt.
Einführung von Zeitwertkonten
Die Einführung von Zeitwertkonten wird meist durch eine Betriebsvereinbarung geregelt in der auch die Quellen für die Einbringung in das Zeitwertkonto bestimmt sind. Außerdem ist in ihr zu bestimmen, wie die Entscheidung über eine Freistellung erfolgt, bspw. unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitnehmer zu Lasten des Zeitwertkontos freistellt werden kann, um eine mangelnde Auslastung auszugleichen.
Grundsätzlich kann der Arbeitnehmer Arbeitszeit oder Arbeitsentgelt in das Zeitwertkonto einbringen. Das Konto muss jedoch entweder einheitlich in Zeit oder in Geld geführt werden. Den Stand des Zeitwertkontos bezeichnet man als Wertguthaben. In der Praxis wird das Konto meist in Geld geführt.
Unterschied zum "normalen" Arbeitszeitkonto
Das Zeitwertkonto des Mitarbeiters kann sowohl in Zeit als auch in Geld aufgefüllt werden. Die Einbringung von Geld geschieht durch den Verzicht der Mitarbeiter auf die Auszahlung von Arbeitsentgelt. Dieses wird stattdessen dem Konto gutgeschrieben. Es käme also bspw. in Betracht Überstunden, Weihnachts- oder Urlaubsgeld und sogar laufende Bezüge dem Konto gutzuschreiben. Für die Auffüllung mit Zeit kommen Überstunden oder nicht genommene Urlaubstage in Frage.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Arbeitszeitkonten ist ein kurz- bis mittelfristiger Abbau des Guthabens nicht vorgeschrieben. Es soll vielmehr mittel- bis langfristig angespart werden, um unter fortlaufenden Bezügen auch in fernerer Zukunft eine längere Zeit aussetzen zu können. Die Gründe hierfür können mannigfaltig sein und reichen vom Beschäftigungsmangel durch einen konjunkturellen Knick über eine längere Auszeit (Sabbatical) bis zur Verlängerung der Elternzeit oder Vorverlegung des Ruhestandes.
Ein weiterer Unterschied zum "normalen" Arbeitszeitkonto ist, dass auch eine Freistellung "auf Kredit" möglich ist. Der Mitarbeiter nimmt erst die Freizeit - z.B. für eine Weiterbildung - und arbeitet die genommene Zeit später wieder rein.
Auflösung - Übertragung - Risiken
Im Regelfall wird das Zeitwertkonto durch längerfristige Zeitentnahme aufgelöst. Wenn das Wertguthaben jedoch nicht mehr durch eine bezahlte Freistellung aufgelöst werden kann (bspw. durch Kündigung, Tod oder Invalidität) wird das Guthaben nach Versteuerung und Verbeitragung in einer Summe ausgezahlt. Das Zeitwertkonto wird jetzt rückwirkend so behandelt, als hätte es eine entsprechende Vereinbarung nie gegeben. Sozialversicherungspflichtig wird der Teil des Wertguthabens, der im Falle der vorhergehenden Auszahlung zum ursprünglichen Fälligkeitszeitpunkt beitragspflichtig gewesen wäre (§ 23b Abs. 2 SGB IV). Ein Zeitwertkonto wird aber über viele Jahre geführt und um eine korrekte Abwicklung zu gewährleisten, hat der Arbeitgeber besondere Aufzeichnungspflichten. Im Falle der Kündigung kann das Wertguthaben innerhalb von sechs Monaten auf einen neuen Arbeitgeber - der dazu bereit ist - oder treuhänderisch an die Deutsche Rentenversicherung Bund übertragen werden. Hier gelten ähnliche Regeln wie in der bAV, das heißt der Mitarbeiter hat einen Rechtsanspruch auf Mitnahme, wenn der neue Arbeitgeber für ihn ein Zeitwertkonto einrichtet.
Ein Risiko ist, dass auch unproduktive Arbeitszeit auf den Zeitwertkonten angespart wird. Zeitwertkontenmodelle schaffen einen Anreiz für Mitarbeiter, das Konto langsam voll zu "bummeln". Hier sind wirksame Steuerungsmechanismen gefordert, die die konstante Produktivität der eingesetzten Arbeitszeit sicher stellen.
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