Eine Monatsvergütung von 750 € brutto für 42 Stunden wöchentliche Altenpflege ist sittenwidrig

Eine Monatsvergütung von 750 € brutto für 42 Stunden wöchentliche Altenpflege ist sittenwidrig
29.05.20131250 Mal gelesen
Eine Vergütung für eine auf 42 Stunden wöchentlich eingestellte staatlich anerkannte Altenpflegerin in Höhe von monatlich 750 € brutto bei einer vergleichsweise üblichen Vergütung in Höhe von 2.100 € brutto ist nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts München sittenwidrig und nichtig.

Eine staatlich anerkennte Altenpflegerin wurde von einer Altenpflegeeinrichtung mit schriftlichen Arbeitsvertrag vom 4. April 2005 zunächst befristet als Altenpflegerin für 42 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit eingestellt. Als Monatsgehalt waren 750 € brutto vereinbart. 100 € Zuschläge waren auch noch erwähnt. Unsere Altenpflegerin erhielt diverse Male mit ihrer Monatsabrechnung einen Zuschlag für Nachtarbeit oder für Sonntagsarbeit in Höhe von 50 €. Das Arbeitsverhältnis endete zum 31.12.2006.

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhob die Altenpflegerin Entgeltnachzahlungsklage.

Die von der Altenpflegeeinrichtung gezahlte Vergütung sei sittenwidrig. Die Vergütungsvereinbarung sei daher nichtig. Die Differenz zur üblichen Vergütung sei ihr nachzuzahlen.

Das Arbeitsgericht Rosenheim erachtete die vereinbarte Vergütung nicht als sittenwidrig unhd wies die Klage der Altenpflegerin ab.

Das Landesarbeitsgericht gab ihr hingegen statt.

Entgegen der kaum nachvollziehbaren Entscheidung des Arbeitsgerichts Rosenheim sei die Vergütungsvereinbarung sittenwidrig. Daher stehe der Altenpflegerin die Differenz zur üblichen Vergütung zu.

Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, wie es sowohl der spezielle Wuchertatbestand als auch der wucherähnliche Tatbestand voraussetzen, sei gegeben, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten regelmäßigen Tariflohns erreiche. Eine Üblichkeit der Tarifvergütung als pauschalierter Marktwert der Arbeitsleistung könne zugrunde gelegt werden, wenn mehr als 50 % der Arbeitgeber eines Wirtschaftsgebietes tarifgebunden sind oder wenn die organisierten Arbeitgeber mehr als 50 % der Arbeitnehmer eines Wirtschaftsgebietes beschäftigen.

Hier habe die Altenpflegerin nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung eine Vergütung von weit weniger als zwei Dritteln, ja nicht viel mehr als ein Drittel der maßgeblichen Tarifentlohnung als Vergütung erhalten.

Die Durchschnittsvergütung für als solche ausgebildete Altenpflegerinnen beträgt nach den einschlägigen tarifvertraglichen und kirchlichen AVR-Bestimmungen etwa 2.000,- € brutto je Monat, bei einer niedrigeren Wochenarbeitszeit als der im Arbeitsvertrag der Parteien hier vereinbarten.

Die Altenpflegerin habe daher einen Anspruch auf Zahlung der Diffenzvergütung.

 

(Quelle:  Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 03.12.2009;  4 Sa 602/09

Vorinstanz: Arbeitsgericht Rosenheim Urteil vom 07.04.2009; 4 Ca 317/07 Tr)

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