Ein Verbot, Gehaltsansprüche abzutreten, kann durch eine Betriebsvereinbarung nicht wirksam geschaffen werden

23.05.2013 349 Mal gelesen
Die Gestaltung der Vermögensangelegenheiten ist Teil des außerdienstlichen Verhaltens. Sie wirkt sich auf die Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit nicht aus. Daher kann, so das Arbeitsgerichts Hamburg, in einer Betriebsvereinbarung kein Gehaltsabtretungsverbot vereinbart werden.

Ein Arbeitnehmer vereinbarte mit seinem Arbeitgeber am 4. März 2009 einen Aufhebungsvertrag. Dieser nahm Bezug auf einen Interessenausgleich vom 12. Januar 2009. Unserem Arbeitnehmer war als Entschädigung für den Verlust seines Arbeitsplatzes ein Abfindungsbetrag in Höhe von brutto € 70.733,50 zu zahlen. Ferner heißt es, dass mit dieser Zahlung zugleich alle Sozialplanansprüche erfüllt seien. Unser Arbeitnehmer hat einen Teilbetrag aus der Abfindung, nämlich einen Betrag in Höhe von 1.311 €, am 15. Dezember 2009 an eine Rechtsanwaltskanzlei abgetreten. Diese zeigte am 28. Dezember 2009 die Abtretung dem Arbeitgeber an und verlangte Zahlung. Der Arbeitgeber reagierte nicht und leistete auch keine Zahlung.

Die Rechtsanwaltskanzlei verklagte den (ehemaligen) Arbeitgeber nunmehr auf Zahlung der 1.311 €, die der ehemalige Arbeitnehmer an sie abgetreten hat. Zunächst wurde die Klage abgewiesen, weil die Rechtsanwaltskanzlei im Termin nicht erschienen war.

Nach Einspruchseinlegung wurde ihrer Klage sodann stattgegeben.

Aufgrund der Abtretung sei der Anspruch des Arbeitnehmers  auf Zahlung der Abfindung in Höhe von € 1.311,00 auf die Rechtsanwaltskanzlei übergegangen. Diese Abtretung ist rechtswirksam. Die Abtretungsverbote des Sozialplans und der Arbeitsordnung hingegen sind rechtsunwirksam.  Sozialplan und Arbeitsordnung konnten nicht wirksam eine Abtretung von Lohnansprüchen untersagen. Eine derartige Regelung schränkt die grundrechtlich geschützte allgemeine Vertragsfreiheit des Arbeitnehmers unzulässig ein.

Die beiden Regelungen über das Abtretungsverbot sind rechtsunwirksam, weil sie mit dem Gesetz nicht zu vereinbaren sind. Das Gesetz normiere Amtspflichten für Arbeitgeber und Betriebsrat. Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden. Sie haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Die Gestaltung der eigenen Vermögensangelegenheiten sei Teil des außerdienstlichen Verhaltens. Sie wirke sich auf die Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit, die Art und Weise der Arbeitsleistung und das betriebliche Zusammenwirken mit anderen Arbeitnehmern nicht aus. Nach dem Gesetz seien die Betriebsparteien mittelbar an die Grundrechte gebunden. Sie haben damit auch die verfassungsrechtlich gewährleistete allgemeine Handlungsfreiheit zu beachten. Die Grundrechtsträger sind vor unverhältnismäßigen Beschränkungen ihrer Grundrechte zu schützen.

Als schützenswertes Interesse des Arbeitgebers seien zwar die Lästigkeit und der Arbeitsaufwand, der mit der Berücksichtigung von Lohnabtretungen verbunden ist, zu erkennen. Diese Mühsam rechtfertigt jedoch nicht den erheblichen Grundrechtseingriff, der mit einem Abtretungsverbot verbunden ist.

Der Arbeitgeber wurde aus diesem Grunde antragsgemäß verurteilt.

(Quelle: Arbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 31.08.2010; 21 Ca 176/10)

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