Rechtswörterbuch

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Abtretung

 Normen 

§§ 398 - 413 BGB

§ 354a HGB

§ 287 Abs. 2 InsO

§ 308 Nr. 9 BGB

BT-Drs. 19/26915 (Gesetzesbegründung zu § 308 Nr. 9 BGB)

 Information 

1. Allgemein

Rechtsgeschäftlicher oder gesetzlicher Forderungsübergang.

Bei der Abtretung überträgt der bisherige Gläubiger seine Forderung gegen den Schuldner auf einen neuen Gläubiger. Der Kenntnis oder der Einwilligung des Schuldners bedarf es dabei nicht.

Obwohl im Schuldrecht geregelt, handelt es sich bei der Abtretung um ein abstraktes Verfügungsgeschäft. Aufgrund des Abstraktionsprinzips ist auch hier zwischen dem Abtretungsvertrag und dem ihm zugrunde liegenden Kausalgeschäft zu unterscheiden.

2. Voraussetzungen

Voraussetzungen der Abtretbarkeit einer Forderung sind, dass

  • die ursprüngliche Forderung wirksam besteht,

  • die Forderung bestimmt bzw. bestimmbar ist,

  • ein wirksamer Abtretungsvertrag zwischen dem bisherigen und dem neuen Schuldner vorliegt,

  • kein Abtretungsverbot vorliegt.

Es ist auch möglich, zukünftig erst entstehende Forderungen abzutreten. Hauptsächliche Anwendungsfälle in der Praxis sind der verlängerte Eigentumsvorbehalt und die Sicherungsabtretung. Voraussetzung ist auch hier, dass die Forderung bestimmbar ist. Eine Forderung ist bestimmbar, wenn sie in der Abtretungsvereinbarung so konkretisiert ist, dass sie im Zeitpunkt ihres Entstehens nach der Höhe und nach der Art definiert werden kann.

3. Nachweis der Abtretung gegenüber dem Schuldner

Gemäß § 410 BGB muss der Schuldner an einen als neuen Gläubiger Auftretenden nur gegen Aushändigung einer von dem bisherigen Gläubiger über die Abtretung ausgestellten Urkunde leisten. Die über die Abtretung ausgestellte Urkunde erhält damit eine quittungsähnliche Eigenschaft.

Umstritten ist, ob die Aushändigung einer Fotokopie der Abtretungsurkunde den Erfordernissen des § 410 BGB genügt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, des Bundessozialgerichts sowie der Instanzgerichte ist dies grundsätzlich ausreichend. Der BGH hat diese Frage bewusst unbeantwortet gelassen (zuletzt in der Entscheidung BGH 23.08.2012, VII ZR 242/11, mit Nachweisen zu den Entscheidungen der anderen Gerichte).

4. Ausschluss

Die Abtretung ist gemäß § 399 f. BGB in bestimmten Fällen gesetzlich ausgeschlossen (Abtretungsverbote):

  • Die Abtretung würde zu einer Veränderung des Inhalts der Forderung führen.

  • Die Abtretung ist durch ein Gesetz ausdrücklich ausgeschlossen.

  • Die Parteien haben die Abtretung vertraglich ausgeschlossen.

Auch die Vereinbarung eines Abtretungsausschlusses in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist grundsätzlich zulässig. Eine derartige Klausel verstößt nur dann gegen § 307 Abs. 1 BGB, wenn ein schützenswertes Interesse des Verwenders an dem Abtretungsverbot nicht besteht oder die berechtigten Belange des Vertragspartners an der freien Abtretbarkeit das entgegenstehende Interesse des Verwenders überwiegen. Diese Voraussetzungen sind nicht bereits dann erfüllt, wenn durch das Abtretungsverbot die Vereinbarung eines verlängerten Eigentumsvorbehalts unmöglich wird (BGH 13.07.2006 - VII ZR 51/05).

Eine Ausnahme von der Möglichkeit des vertraglichen Ausschlusses der Abtretung ist in § 354a HGB geregelt: Handelt es sich bei dem Geschäft für beide Seiten um ein Handelsgeschäft oder ist der Schuldner eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein öffentlich-rechtliches Sondervermögen, so

  • ist die Abtretung gleichwohl wirksam.

  • Andererseits kann der Schuldner jedoch auch mit befreiender Wirkung an den bisherigen Gläubiger leisten.

5. Forderungskauf

Die Abtretung einer Forderung im Rahmen eines Forderungskaufvertrages wird als Factoring bezeichnet und ist eine Form der Finanzdienstleistung.

6. Ausschluss der Abtretung in einem Formularvertrag

Durch die neu eingefügte Nr. 9 des § 308 BGB wurde ein neues Klauselverbot für Abtretungsausschlüsse in Allgemeinen Geschäftsbedingungen geschaffen.

Von dem Klauselverbot werden nicht nur Vereinbarungen erfasst, durch die die Abtretung eines Anspruchs gänzlich ausgeschlossen wird, sondern auch Vereinbarungen durch die die Abtretbarkeit beschränkt wird. So sollen auch Klauseln unter das neue Klauselverbot fallen, mit denen eine Abtretung des Anspruchs nur an bestimmte Personen zugelassen, beschränkt, an bestimmte Voraussetzungen gebunden oder von einer Zustimmung des Schuldners abhängig gemacht wird.

Die Abtretbarkeit von Ansprüchen kann nach § 399 BGB grundsätzlich durch Vereinbarung mit dem Schuldner ausgeschlossen werden.

Für Kaufleute enthält § 354a HGB eine Sonderregelung für Abtretungsausschlüsse in Bezug auf Geldforderungen, mit Ausnahme der Geldforderungen von Kreditinstituten im Sinne des Kreditwesengesetzes. Durch die Vorschrift soll gewährleistet werden, dass Kaufleute nicht gehindert werden, ihre Geldforderungen als Sicherungsmittel oder zur Refinanzierung durch Verkauf einzusetzen. Außerhalb des Anwendungsbereichs des § 354a HGB, damit insbesondere auch im Verhältnis von Verbrauchern und Unternehmern, unterliegen Abtretungsausschlüsse hingegen bislang keinen besonderen Beschränkungen. Solche Abtretungsausschlüsse sind grundsätzlich auch durch AGB möglich, unterliegen aber nach geltendem Recht der Inhaltskontrolle anhand der Generalklausel in § 307 Absatz 1 Satz 1 BGB.

 Siehe auch 

Eigentumsvorbehalt - verlängerter

Factoring

Pfändung von Forderungen

Zedent

Zessionar

BGH 26.01.2012 - IX ZR 191/10 (auch bei der Sicherungsabtretung unterliegt es der freien Gestaltung der Parteien, auf welche Rechte sich die Abtretung erstreckt)

BGH 18.01.2012 - IV ZR 196/10 (Bezugsberechtigung aus einer Lebensversicherung bei Zurückübertragung der an dem Sicherungsnehmer abgetretenen Ansprüche nach dem Tode des Versicherungsnehmers auf dessen Erben)

BGH 12.01.2006 - IX ZB 239/04 (Anwendungsbereich der Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO)

OLG Hamburg 03.02.2005 - 5 U 65/04 (Übertragung von Bundesliga-Eintrittskarten)

Beckmann: Haftungsbeschränkung des Leasinggebers im Rahmen der leasingtypischen Abtretungskonstruktion für sämtliche Leistungsstörungen aus dem Liefervertrag; Der Betrieb - DB 2006, 320

Brandes: Gutgläubiger Erwerb bei bedingter Abtretung von GmbH-Geschäftsanteilen. Konsequenzen aus der Entscheidung des BGH, v. 20.09.2011 - II ZB 17/10; GmbH-Rundschau - GmbHR 2012, 545

Coester-Waltjen: Die Abtretung; Jura 2003, 23

Elfring: Die Verwertung verpfändeter und abgetretener Lebensversicherungsansprüche in der Insolvenz des Versicherungsnehmers; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2005, 2192

Enstahler/Zech: Verkehrsfähigkeit von Inhaberkarten nach § 807 BGB; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2005, 3389

Gabbert: Abtretung und Verpfändung nach § 53 SGB I: Rechtsgeschäftliche Verfügung über Sozialleistungsansprüche; Neue Wirtschafts-Briefe - NWB 2011, 717

Petersen: Rechtsgeschäftliche Abtretungsverbote im Handelsrecht; Jura 2005, 680

Prütting/Wegen/Weinreich: BGB Kommentar; 8. Auflage 2013

Reinicke/Tiedtke: Kreditsicherung; 7. Auflage 2013

Seggewiße: Das kaufmännische Abtretungsverbot und seine Rechtsfolgen; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2008, 3256

Schmidt: Gutgläubiger Eigentumserwerb trotz Abtretungsverbots in AGB; NJW 1999, 400

Schonebeck: Die Abtretung von Mängelansprüchen; Baurecht - BauR 2005, 934