Eine Schlechterfüllung der übertragenen Arbeitsaufgabe rechtfertigt nicht in jedem Fall die Kündigung des Arbeitsverhältnisses

Eine Schlechterfüllung der übertragenen Arbeitsaufgabe rechtfertigt nicht in jedem Fall die Kündigung des Arbeitsverhältnisses
10.05.2013298 Mal gelesen
Verstöße gegen Arbeitgeberanweisungen zur gewünschten Art der Erfüllung der Arbeitspflicht haben nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern nur dann eine kündigungsrechtliche Relevanz, wenn sich in der Verfehlung mehr ausdrückt als nur die menschliche Fehlverhaltensquote.

Eine einem Kind unterhaltspflichtige Bankmitarbeiterin ist seit dem Jahre 1999 bei einer Bank angestellt. Die Bankmitarbeiterin ist Ersatzmitglied des Personalrats und vertritt in dieser Eigenschaft regelmäßig ordentliche Mitglieder desselben. Der Bankmitarbeiterin sind im Rahmen ihrer Aufgabe als Kundenberaterin auch mehrere Privatkunden zugeordnet, hinsichtlich derer die Bank aktive Versuche der Bankmitarbeiterin erwartet, neue Abschlüsse herbeizuführen.

Im Mai und Juni 2010 lief bei der Bank die Aktion "Tausch MasterCard Standard in MasterCard Gold". Die Kundenberater der Bank  sollten diesbezüglich mit den ihnen zugeteilten Privatkunden persönliche Gespräche führen. Die Aktion begann am 17. Mai 2010 und sollte bis zum 30. Juni 2010 beendet sein. Während dieser Zeit hatte die Bankmitarbeiterin vom 21. Mai 2010 bis zum 7. Juni 2010 Urlaub.

Im Rahmen dieser Aktion hat die Bankmitarbeiterin im Kundenberatungsprogramm eingetragen, dass sie mit den Kunden D. und W.  telefoniert hätte und Erstgenannter keinen Bedarf und Zweitgenannter kein Interesse an der MasterCard Gold gezeigt hätte. Diese beiden Eintragungen haben nicht der Wahrheit entsprochen. Das hat sich nach Kontrollanrufen des Filialleiters bei den beiden Kunden am 7. und 8. Juli 2010 ergeben. Tatsächlich hatte die Klägerin mit keinem der beiden Kunden im Rahmen der Aktion Kontakt aufgenommen.

Der Filialleiter führte sodann weitere Stichprobenkontrollen bezüglich der Leistungen der Bankmitarbeiterin durch. Dabei stellten sich weitere Defizite in Zusammenhang mit der Erstellung und Nutzung von Finanz-Checks durch sie  heraus.

Mit Schreiben unter dem 19. Juli 2010, dem Personalrat bereits am 16. Juli 2010 zugegangen, hörte die Bank den Personalrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen hilfsweise fristgemäßen Kündigung der Bankmitarbeiterin an. Der Personalrat hat sich sodann auf seiner Sitzung am 19. Juli 2010 mit dem Antrag beschäftigt und der außerordentlichen sowie auch der hilfsweise ordentlichen Kündigung zugestimmt.

Sodann sprach die Bank mit Schreiben vom 20. Juli 2010 ihrer Mitarbeiterin die fristlose Kündigung, hilfsweise die ordentliche Kündigung wegen Schlechtleistung aus.

Am 26. Juli erhob die Bankmitarbeiterin hiergegen Kündigungsschutzklage.

Der Kündigungsschutzklage wurde sowohl vom Arbeitsgericht, als auch vom Landesarbeitsgericht stattgegeben.

Nach dem Gesetz könne ein Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden könne.

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

Alle Komplexe, die der Bankmitarbeiterin vorgeworfen werden, betreffen ihr Arbeitsverhalten. Mit Arbeitsverhalten werden die Bemühungen des Arbeitnehmers, seine Arbeitspflicht ordnungsgemäß zu erfüllen, umschrieben. Defizite bei der Erfüllung der Arbeitspflicht, insbesondere das Abweichen von Arbeitgeberanweisungen, können eine Kündigung nicht rechtfertigen. Denn der Mensch ist keine Maschine. Dass er Fehler macht, ist unausweichlich. Verstöße gegen Arbeitgeberanweisungen zur gewünschten Art und Weise der Erfüllung der Arbeitspflicht haben aus diesem Grunde nur dann eine kündigungsrechtliche Relevanz, wenn sich in der Verfehlung mehr ausdrückt als nur die typisch menschliche und nahezu unvermeidbare Fehlverhaltensquote.

Gemessen hieran, sei keiner der Vorwürfe kündigungsrelevant.

Die beiden Falscheintragungen der Bankmitarbeiterin im System in Zusammenhang mit der Kreditkartentauschaktion haben einen deutlich hervorgehobenen Unrechtsgehalt, da sie die Eintragungen bewusst wahrheitswidrig vorgenommen hat. Insoweit muss man sogar die Feststellung treffen, dass die Bankmitarbeiterin sich zu diesem Fehlverhalten hat hinreißen lassen, um ihr eigenes Versagen hinsichtlich der von der Beklagten vorgegebenen Ziele zu vertuschen. Bei der Bewertung ihres Fehlverhaltens muss jedoch berücksichtigt werden, dass die negativen Auswirkungen des Fehlverhaltens auf die Bank und deren Interessen nicht als hoch oder gravierend eingeschätzt werden können, wie das Gericht sodann noch weiter ausführt.

Das Gericht führt sodann ausführlich aus, dass auch alle anderen Fehlleistungen der Bankmitarbeiterin die fristlose Kündigung nicht rechtfertigen würden.

Abschließend stellt das Gericht noch fest, dass auch die ordentliche Kündigung der Bankmitarbeiterin wegen Verstoßes gegen das Verbot der ordentlichen Kündigung ehemaliger Mitglieder des Personalrats in der ersten Phase nach Beendigung der Amtszeit unwirksam sei. Auf diesen Kündigungsschutz können sich auch Ersatzmitglieder des Personalrats in der Zeit nach ihrer zwischenzeitlichen Tätigkeit als ordentliches Mitglied im Falle des Vertretungsbedarfs berufen.

Die Bankmitarbeiterin war somit ordentlich unkündbar.

 

(Quelle: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 15.09.2011; 5 Sa 53/11)

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