Vorliegend hatte ein Arbeitnehmer es auf eine Flasche Mineralwasser seines Arbeitskollegen abgesehen. Er wollte diese mittels eines aufgetragenen Sekundenklebers verschließen. Doch die Sache lief anders als geplant. Der Kleber trocknete erst nach dem Öffnen der Flasche. Und so kam es, dass der arglose Kollege an Lippe und Zungenspitze erheblich verletzt wurde. Er musste mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gefahren werden und dort einige Tage behandelt werden. Die Folgen spürte er noch nach Wochen. Inzwischen ist er vollständig wieder gesund.
Der Arbeitgeber fand diesen Streich alles andere als lustig. Er kündigte dem Mitarbeiter fristlos. Außerdem verlangte er auch, dass der Arbeitnehmer ihm die Lohnfortzahlungskosten in Höhe von etwa 1.000 € ersetzt.
Das Landgericht Marburg entschied in seinem Urteil (Az. 2 Ca 205/11) zunächst einmal, dass die fristlose Kündigung rechtswidrig gewesen ist. Der Arbeitgeber hätte nur eine Abmahnung aussprechen dürfen, weil der Arbeitnehmer nicht vorsätzlich gehandelt habe. Er habe nur um eine fahrlässige Körperverletzung verübt. Allerdings muss der Arbeitnehmer für die Lohnfortzahlungskosten aufkommen.
Als Arbeitnehmer sollten Sie sich nicht darauf verlassen, dass die Gerichte in Ihrem Fall so milde urteilen. Ein Arbeitgeber ist muss bei einem erstmaligen Fehlverhalten keinesfalls immer erst eine Abmahnung aussprechen. Inwieweit der Arbeitgeber ohne vorhergehende Abmahnung eine Kündigung aussprechen darf, hängt von sehr vagen Kriterien ab. Das Gericht muss beurteilen, inwieweit dem Arbeitgeber noch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zugemutet werden kann. Bei Straftaten gegenüber anderen Mitarbeitern-wie Beleidigungen oder Körperverletzungen-ist das Vertrauen des Arbeitgebers häufig so zerstört, dass ihm eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zugemutet werden kann. Dabei spielt neben dem Grad des Verschuldens auch eine Rolle, wie schlimm der eingetretene Schaden beim Opfer ist. Zu berücksichtigen ist, dass der Arbeitnehmer hier sehr wenig die denkbaren Folgen seines Handelns bedacht hat. Denn es ist offensichtlich, dass man bei dem nicht sachgemäßen Gebrauch eines Sekundenklebers andere Menschen erheblich in ihrer Gesundheit schädigen kann. Darüber hinaus kann ein derartiger "Streich" auch ganz schön kostspielig werden, weil der Arbeitgeber hier bei einem krankheitsbedingten Ausfall gewöhnlich Regress fordern darf. Dies ergibt sich aus § 6 EntgFG. Unter Umständen kann auch der geschädigte Arbeitnehmer Schadensersatz oder Schmerzensgeld fordern, weil die Verletzung nicht in Ausübung einer betrieblichen Tätigkeit geschehen ist.
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