BGH: Banken müssen über das Risiko der Schließung offener Immobilienfonds aufklären

Aktien Fonds Anlegerschutz
23.09.2014253 Mal gelesen
Eine Bank, die den Erwerb von Anteilen an einem offenen Immobilienfonds empfiehlt, muss den Anleger ungefragt über das Bestehen der Möglichkeit einer Aussetzung der Anteilsrücknahme durch die Fondsgesellschaft aufklären. Das hat der für Bankrecht zuständige Elfte Zivilsenat im Rahmen zweier Verfahren entschieden (Urteil vom 29.04.2014, Az.: XI ZR 477/12 und XI ZR 130/13). Viele Banken haben in der Vergangenheit sicherheitsorientierten Anlegern dazu geraten, Anteile an einem offenen Immobilienfonds zu erwerben. Hierbei wurde erklärt, dass eine solche Kapitalanlage eine konservative und wertstabile Anlageform darstelle, das eingesetzte Kapital werde eine durchschnittliche Rendite von über 4 % bringen und sei jederzeit verfügbar, da der Anleger die Anteile bei Bedarf jederzeit verkaufen könne.

Offene Immobilienfonds sind für Privatanleger gefährlich

Mit der Finanzkrise 2008 sind auch offene Immobilienfonds vielfach in Schieflage geraten, da zu viele Anleger zur gleichen Zeit ihre Anteile wieder verkaufen wollten. Nachdem nicht alle Ansprüche gleichzeitig bedient werden konnten, wurden die Fonds für eine bestimmte Zeit geschlossen und teilweise abgewickelt. Anleger müssen in einem solchen Fall mehrere Jahre warten, bis die Fonds abgewickelt sind, um wieder an ihr Geld zu gelangen. Dabei müssen sie dann auch erhebliche Verluste in Kauf nehmen. Obwohl die meis­ten Bankkun­den als "kon­ser­va­tive Anle­ger" ein­ge­stuft wor­den sind, wurden die erheb­li­chen Verlustrisi­ken in den Bera­tungs­ge­sprächen nicht erwähnt. Viele Anleger wur­den von ihren Bera­tern getäuscht, weil die Immo­bi­li­en­fonds als angeb­lich solide, si­cher oder risi­ko­los dar­ge­stellt wor­den sind. Die Banken haben außerdem Pro­vi­sio­nen abkas­siert, worüber sie ihre Kunden nicht aufgeklärt haben Vor allem für risi­ko­scheue Anle­ger sind offene Immo­bi­li­en­fonds keine geeig­nete Kapitalanlage. Es bestand nämlich ein jederzeitiges Schlie­ßungs­ri­siko sowie im Rahmen der Immobilienverkäufe ein Abwer­tungs­ri­siko.

Auszug aus der Presseerklärung des Bundesgerichtshofes:

"Die in § 81 InvG aF geregelte Möglichkeit, die Anteilsrücknahme auszusetzen, stellt dementsprechend ein während der gesamten Investitionsphase bestehendes Liquiditätsrisiko dar, über das der Anleger informiert sein muss, bevor er seine Anlageentscheidung trifft. Ob eine Aussetzung der Anteilsrücknahme zum Zeitpunkt der Beratung vorhersehbar oder fernliegend ist, spielt für die Aufklärungspflicht der Bank keine Rolle.

Anleger können ihre Anteile an einem offenen Immobilienfonds zwar auch während einer Aussetzung der Anteilsrücknahme weiterhin an der Börse veräußern. Dies stellt angesichts der dort möglichen Beeinflussung des Preises durch spekulative Elemente aber kein Äquivalent zu der Möglichkeit dar, die Anteile zu einem gesetzlich geregelten Rücknahmepreis an die Fondsgesellschaft zurück zu geben."

Anleger von offenen Immobilienfonds nicht schutzlos gestellt  

Betroffene Offene Immobilienfondsanleger sollten sich mit deren Situation nicht abfinden, sondern umgehend den Rat eines auf Bank- und Kapitalanlagerechts spezialisierten Rechtsanwalts suchen. Sollten betroffene Anleger von ihrer Bank nicht umfassend über die Risiken einer Beteiligung an einem offenen Immobilienfonds  aufgeklärt worden sein, so bestehen möglicherweise Schadensersatzansprüche. Eine Beratung durch einen auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierten Rechtsanwalt wird empfohlen.

Wann verjähren Ansprüche?

Schadensersatzforderungen von Altfälle bis einschließlich 04.08.2009 verjähren gem. § 37a WpHG a.F. i.V.m. § 43 WpHG taggenau in drei Jahre ab Kauf der Wertpapiere. Die Frist begann unabhängig davon, ob der Anleger Kenntnis von der Fehlberatung hatte oder nicht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Falschberatung vorsätzlich begangen wurde.  Wenn Sie Ihren Offenen Immobilienfonds ab dem 05.08.2009 erworben haben, greift die dreijährige Regelverjährung des BGB, bei der die Verjährungsfrist erst mit Kenntnis des Anlegers von der Falschberatung zu laufen beginnt. Die Höchstfrist der kenntnisabhängigen Verjährung beträgt dann 10 Jahre ab Erwerb des Offenen Immobilienfonds.

Was können betroffene Anleger jetzt tun?

Geschädigte Anleger von Offenen Immobilienfonds sollten in jedem Fall ihre in Betracht kommenden Ansprüche zeitnah durch einen auf Anlegerschutz spezialisierten Rechtsanwalt prüfen lassen.