Schweizerisches Bundesgericht entscheidet, dass die Erfassung von IP-Adressen für Massenabmahnungen in der Schweiz rechtswidrig ist

Schweizerisches Bundesgericht entscheidet, dass die Erfassung von IP-Adressen für Massenabmahnungen in der Schweiz rechtswidrig ist
08.09.2010671 Mal gelesen
Das Schweizerische Bundesgericht (1C_285/2009) entschied in seiner öffentlichen Urteilsberatung vom 8. September 2010, dass das Verhalten einer privaten Aktiengesellschaft (Logistep AG) gegen das schweizer Datenschutzgesetz verstösst.

Das Geschäftsmodell der Logistep AG besteht darin, im Auftrag von Urheberrechtsinhabern in Peer-to-Peer-Netzwerken nach dort illegal angebotenen urheberrechtlich geschützten Werken zu suchen.

Der Eidgenössische Datenschutz und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) hatte dieses Vorgehen als Verstoss gegen das Datenschutzgesetz beurteilt.

Das Bundesgericht hat seine Beschwerde nunmehr bestätigt.

In seiner Empfehlung vom 9. Januar 2008 hielt der EDÖB fest, die betreffende Aktiengesellschaft (AG) suche mittels der von ihr entwickelten Software in Peer-to-Peer-Netzwerken nach unrechtmässig angebotenen urheberrechtlich geschützten Werken. Beim Herunterladen dieser Werke würden verschiedene Übermittlungsdaten aufgezeichnet und in einer Datenbank abgespeichert. Die so erhobenen Daten würden anschliessend an die Urheberrechtsinhaber weitergegeben und von diesen zur Identifikation des Inhabers des Internetanschlusses verwendet.

Zu diesem Zweck reichten die Urheberrechtsinhaber unter anderem Strafanzeige gegen Unbekannt ein und verschafften sich die Identitätsdaten im Rahmen des Akteneinsichtsrechts. Diese Daten würden sodann zur Geltendmachung von Schadenersatzforderungen gegen die mutmasslichen Urheberrechtsverletzer verwendet. Der EDÖB gelangte zum Schluss, dass dieses Vorgehen das Datenschutzgesetz verletze und empfahl die unverzügliche Einstellung der Datenbearbeitung. Nachdem die AG dies abgelehnt hatte, gelangte der EDÖB an das Bundesverwaltungsgericht, das seine Klage indessen abwies.

An der öffentlichen Sitzung vom 8. September 2010 hatte die I. öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts die Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts zu beurteilen. Das Verfahren  betraf eine Beschwerde des EDÖB. Dieser warf dem Bundesverwaltungsgericht vor, das Datenschutzgesetz falsch ausgelegt zu haben. Das Bundesgericht trat auf seine Beschwerde ein und bejahte in einem zweiten Schritt auch die Anwendbarkeit des Datenschutzgesetzes. Denn die von der Logistep AG bearbeiteten Daten, zumindest die IP-Adressen, stellen Personendaten im Sinne des Datenschutzgesetzes dar. Dessen Verletzung liegt im konkreten Fall darin begründet, dass das Bearbeiten der Daten durch die AG im Regelfall ohne Wissen der betroffenen Personen und in einer für diese nicht erkennbaren Weise erfolgt.

Das Bundesgericht entschied, dass das fragliche Vorgehen der AG nicht durch ein überwiegendes Interesse gerechtfertigt sei zumal ein solches Interesse nur zurückhaltend bejaht werden dürfe. Zwar erschwere die Möglichkeit der digitalen Vervielfältigung die umfassende wirtschaftliche Verwertung von Urheberrechten erheblich. Es sei jedoch zu berücksichtigen, dass das Vorgehen einen bedeutsamen Eingriff in die Privatsphäre von jedem betroffenen Benutzer mit sich bringe, welche der Staat zu schützen habe.

Quelle: Medienmitteilung des Schweizer Bundesgerichts, Lausanne

Anmerkung: Die geschilderte Rechtslage gilt zunächst nur für die Schweiz. Welche Auswirkungen die in der Schweiz illegale Datenerhebung für gerichtliche Verfahren in Deutschland nach sich ziehen wird, bleibt abzuwarten.

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