Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzung d. Negele Zimmel Kremer Greuter Rechtsanwälte, Augsburg, wegen öffentlicher Zugänglichmachung von Filmwerken in Internettauschbörsen (Abmahnung Filesharing)

Abmahnung Filesharing
02.03.20084829 Mal gelesen

 Internetanschlussinhaber, über deren Anschluss Nutzer von Peer-to-Peer Netzwerken (P2P-Netzwerk) Filme (meist pornografischer Art) über Torrent, Emule oder Edonkey heruntergeladen und gleichzeitig der Öffentlichkeit zum upload ermöglicht haben (meist unwissentlich), erhalten neuerdings von den Rechtsanwälten Negele Zimmel Kremer Greuter aus Augsburg eine Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzung und werden zur Zahlung von 700,- € aufgefordert.

Die Betroffenen werden mit der Begründung abgemahnt, die Mandantschaft der Negele Zimmel Kremer Greuter Rechtsanwälte sei Inhaber der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem abgemahnten Filmwerk. 

Es wird ferner behauptet, dass im Rahmen des eDonkey2000-Netzwerkes einem so genannten Peer-to-Peer Netzwerk von dem Internetanschluss des Betroffenen Anschlussinhabers ausgehend das abgemahnte Filmwerk ohne Erlaubnis der Mandantschaft der Negele Zimmel Kremer Greuter Rechtsanwälte einer Vielzahl anderer Nutzer zum Download angeboten zu haben. 

Es wird dann weiter behauptet, dass die in der Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzung genannten Daten nebst weiteren Einwahlen beweissicher festgestellt und dokumentiert worden sei. Die Daten seien mittels einer speziell entwickelten Antipiracy-Technologie der Firma Media Protector GmbH, Augsburg, festgestellt und dokumentiert worden. Damit seien ohne Ausnahme korrekte und gerichtsverwertbare Ergebnisse erzielt worden. 

Als Nutzer des P2P-Netzwerkes habe der Betroffene durch das Herunterladen und gleichzeitige Anbieten von dem in der Abmahnung genannten Filmen (Pornofilme) Nutzungsrechte der von den Negele Zimmel pp Rechtsanwälte vertretenen Rechteinhaber verletzt.

Von den Betroffenen wird deshalb mit der Begründung der angeblichen Störerhaftung des Anschlussinhabers neben der Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung mit einer Vertragsstrafe von 10.000,- € für jeden Fall der Zuwiderhandlung auch Ersatz der Rechtsverfolgungskosten und Schadensersatz von in der Regel pauschal 700,- €. 

Die Abmahnungen sind inhaltlich identisch. 

Rechtlich ist folgendes zu beachten: 

  • Auffällig ist zunächst, dass es anscheinend eine unterschiedliche Auffassung der Abmahnkanzleien in Deutschland darüber gibt, mit welchem Gebührensatz die Abmahnungen abgerechnet werden. Hier schwanken die geforderten Anwaltskosten je nach Anwaltskanzlei zwischen 150,- € und 700,- € für Filme der einschlägigen vergleichbaren Art. Daher ist ein besonderes Augenmerk auf die Angemessenheit der in Ansatz gebrachten Anwaltsgebühren zu legen. Oft handelt es sich um Standardschreiben, die es ggf. rechtfertigen, den Gebührensatz zu reduzieren.
  • Der Urheberrechtsinhaber hat selbstverständlich zu beweisen, dass er ein Urheberrecht an dem beanstandeten Filmwerk besitzt und das von der IP-Adresse des Anschlussinhabers tatsächlich das Filmwerk samt Inhalt heruntergeladen bzw. zum upload der Öffentlichkeit angeboten wurde. Das ist meines Erachtens nicht ohne weiteres für die Rechteinhaber so einfach, vor allen Dingen, wenn die Rechteinhaber im Ausland sitzen und Nutzungsrechte angeblich weiterübertragen worden sind. Hier ist eine lückenlose Nutzungsrechtskette von den Rechteinhabern zu beweisen. So mancher Rechteinhaber ist schon vor Gericht gescheitert, weil er die lückenlose Nutzungsrechtskette nicht beweisen konnten.
  • Wurde die IP-Adresse verwechselt? Dies sollten die Betroffenen besonders kritisch prüfen.
  • Da der Name des Films als solcher nicht ohne weiteres den Beweis dafür erbringt, dass auch der Inhalt mit dem Film übereinstimmt (Stichwort: FAKE) ist der Urheberrechtsbeweis nicht mit der bloßen Behauptung erbracht, ein bestimmter Film sei heruntergeladen und der Öffentlichkeit angeboten worden. Betroffene verteidigen sich oft mit dem Einwand, sie hätten zwar ein Computerspiel herunterladen, diesen jedoch nur teilweise (z.B. 10 %) als ZIP oder RAR Datei erhalten und nicht einmal angesehen und auch gleich wieder von der Downloadliste gelöscht.
    Liegen die Filmdateien als RAR oder ZIP Dateien auf der Festplatte vor (das ist in den meisten Fällen wegen des Umfangs des Films der Fall) ist eine Beweissicherung anhand von sogenannten Hash-Dateien nicht ohne weiteres möglich. Es mag bezweifelt werden, dass  Hash-Werte in der Lage, den Inhalt gepackter RAR oder ZIP Dateien zu erkennen, wenn die gepackten Dateien nicht vollständig vorliegen, zumal RAR Dateien wiederum selbst verschlüsselt werden können. Im Falle eines Prozesses wäre die Antipiracy Technologie besonders kritisch zu beleuchten.
  • Wenn ein Film nicht vollständig, sondern nur teilweise (z.B. 1 oder 3 % des Films) heruntergeladen wurde, stellt sich durchaus die Frage, ob hierbei bereits eine unzulässige öffentliche Zugänglichmachung nach § 19a UrhG zu sehen ist. 
  • Ist Der Anschlussinhaber nicht selbst der Täter oder Teilnehmer der behaupteten Urheberrechtsverletzung, kommt nur eine Störerhaftung in Frage. Der Anschlussinhaber ist aber nicht ohne weiteres als Störer für Urheberrechtsverletzungen verantwortlich, die über seinen Internetanschluss begangen werden. Die 2. Zivilkammer des LG Mannheim (Urteil v. 30.01.2007, Az. 2 O 71/06, MMR 2007, 459)) hat eine dauerhafte Überprüfung des Handelns der eigenen Kinder oder des Ehepartners ohne konkreten Anlass für die Annahme, dass Familienmitglieder in rechtswidriger Weise Urheberrechte im Rahmen der Nutzung des Internets verletzen, für nicht zumutbar gehalten und eine ständige Überwachung oder gar eine Sperrung des Anschlusses kommt für diese Familienmitglieder nach Auffassung der Mannheimer Richter nicht in Betracht.
    Diese Meinung wird im übrigen auch von der 7. Zivilkammer des LG Mannheim vertreten (LG Mannheim, MMR 2007, 267 ff.).
    Der 11. Zivilsenat des OLG Frankfurt hat in einem Beschluss vom 20.12.2007 nun ebenfalls die Ansicht vertreten, dass der Inhaber eines Internetanschlusses nicht ohne weiteres verpflichtet sei, nahe Familienangehörige bei der Nutzung des Anschlusses zu überwachen. Eine solche Pflicht bestehe nur dann, wenn der Anschlussinhaber konkrete Anhaltspunkte dafür habe, dass der Anschluss zu Rechtsverletzungen missbraucht werden könnte.
  • Eine Störerhaftung für Urheberrechtsverletzungen, die von unbefugten Dritten durch Zugriff auf das WLAN  begangen werden (z.B. von der Straße her, Nachbarhäuser), besteht nur bei unverschlüsselten WLAN Netzwerken. Bei verschlüsselten WLAN Netzwerken besteht eine Störerhaftung grundsätzlich nicht. Eine Störerhaftung besteht meines Erachtens auch dann nicht, wenn nur die veraltete WEP Verschlüsselung (neuere und sichere Standards sind WPA I und II) vorliegt und diese durch Tools im Internet mittlerweile als unsicher gelten.
  • Ob eine Unterlassungserklärung, ggf. in abgewandelter Form abgegeben wird, hängt von der rechtlichen Beurteilung des Einzelfalls ab. Eine Vertragsstrafe von 10.000,- € für den Fall der Zuwiderhandlung ist meines Erachtens im Regelfall zu hoch angesetzt.
  • Ob eine Unterlassungserklärung zwar abgegeben werden wird, jedoch die Kostenerstattung und Schadensersatz mit der Begründung der fehlenden Störerhaftung oder fehlenden Beweisbarkeit abgelehnt werden kann, hängt ebenfalls von den Umständen des Einzelfalls ab.
  • Keinesfalls sollten Betroffene ungeprüft den geforderten Betrag von 700,- € bezahlen.

    Christian Weiner, LL.M. (Medienrecht)
    Rechtsanwalt
    www.ra-weiner.de