Berufliche Reha abgelehnt – Kann ein Berufswunsch mit einer einstweiligen Verfügung auf Bewilligung einer Umschulung durchgesetzt werden?

Versicherungsrecht
18.08.20131463 Mal gelesen
Der Kampf um die Reha kann zu einer harten Auseinandersetzung werden. Der Versicherte hat einen speziellen Ausbildungswunsch, der Versicherungsträger beruft sich dagegen auf das behördliche Ermessen und hält andere Berufsfelder für geeigneter oder lehnt die Maßnahme ganz ab.

Wenn dann noch der gewünschte Lehrgang in Kürze beginnen soll und die Entscheidung des Versicherungsträgers auf sich warten lässt, entsteht leicht Zeitdruck. Unter bestimmten Voraussetzungen lässt sich die Bewilligung jedoch durch eine einstweilige Anordnung des Sozialgerichts durchsetzen.

Eine solche Eilentscheidung ist allerdings an sehr strenge Voraussetzungen geknüpft. Denn der Versicherungsträger hat bei der Ausgestaltung der Maßnahme und der Wahl der Einrichtung ein weites Ermessen. Das Neunte Buch Sozialgesetzbuch bestimmt für alle Bereiche der Rehabilitation, dass bei der Auswahl der Leistungen Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt angemessen berücksichtigt werden. Soweit erforderlich, wird dabei die berufliche Eignung abgeklärt oder eine Arbeitserprobung durchgeführt (§ 33 Abs. 4 SGB IX). Wenn Rehabilitationsträger zur Ausführung von Leistungen besondere Dienste oder Einrichtungen in Anspruch nehmen, erfolgt die Auswahl danach, welcher Dienst oder welche Einrichtung die Leistung in der am besten geeigneten Form ausführt (§ 19 Abs. 4 SGB IX). Ähnliche Regelungen enthalten auch die speziellen Leistungsgesetze. So bestimmt § 13 Abs. 1 SGB VI, dass der Träger der Rentenversicherung im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt.

An diesem Ermessensspielraum kann eine einstweilige Anordnung scheitern. Denn die Sozialgerichte greifen in das Ermessen der Versicherungsträger im Prinzip nicht ein. Sie dürfen grundsätzlich nur prüfen, ob die Behörde den Zweck des Gesetzes und die Grenzen des Ermessens beachtet hat. Deshalb bleiben viele Anträge auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung erfolglos.

Eine Ausnahme gilt aber immer dann, wenn das Ermessen der Behörde auf Null reduziert ist, d.h. keine andere gleichwertige Maßnahme in Betracht kommt oder effektiver Rechtsschutz ohne einstweilige Anordnung nicht erreicht werden kann, z.B. wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass auch bei einer erneuten Ermessensbetätigung eine Entscheidung zugunsten des Versicherten ergehen würde und der Versicherungsträger bei der Ablehnung des Ausbildungswunsches keine konkreten und geeigneten Gegenvorschläge macht, den Versicherten also nicht "an die Hand nimmt"

Für schuldhafte Verzögerungen bei der Antragsbearbeitung haftet der Versicherungsträger unter Umständen sogar auf Schadensersatz (vgl. "Deutsche Rentenversicherung Bund wegen verzögerter Antragsbearbeitung zu Schadensersatz verurteilt")

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