Bundesverwaltungsgericht
Urt. v. 12.05.1966, Az.: BVerwG II C 197/62
Anwendung des Bereicherungsrechts auf die Rückforderung von gezahlten Bezügen eines entlassenen Beamten
Bibliographie
- Gericht
- BVerwG
- Datum
- 12.05.1966
- Aktenzeichen
- BVerwG II C 197/62
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1966, 18431
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OVG Nordrhein-Westfalen - 20.07.1962 - AZ: VIA 1080/61
Rechtsgrundlagen
- § 51 Abs. 1 S. 2 MRVO 165
- § 98 Abs. 2 S. 3 LBG a.F.
- § 820 Abs. 1 S. 2 BGB
Fundstellen
- BVerwGE 24, 92 - 106
- DVBl 1967, 341 (amtl. Leitsatz)
- DÖV 1967, 69 (amtl. Leitsatz)
- DÖV 1967, 429 (amtl. Leitsatz)
- MDR 1966, 1027-1030 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Zur Anwendung des Bereicherungsrechts auf die Rückforderung von Bezügen, die einem entlassenen Beamten auf Grund gerichtlichen Vollziehungsaussetzungsbeschlusses mit Rücksicht auf die von ihm gegen die Entlassungsverfügung erhobene - später rechtskräftig abgewiesene - Anfechtungsklage gezahlt worden sind (im Anschluß an BVerwGE 18, 72 ff.).
- 2.
Zur Rückforderung des - die abgeführte Lohnsteuer umfassenden - Bruttobetrages (Aufgabe der Rechtsprechung im Urteil vom 29. April 1965 - BVerwG II C 41.61 - ZBR 1966 S. 24).
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Ordnet in einem der Regelfälle (§ 51 Abs. 1 MRVO 165; § 80 Abs. 1 VwGO) die Behörde die sofortige Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts an und beseitigt sie dadurch die aufschiebende Wirkung des Recntsbehelfs (§ 51 Abs. 1 Satz 2 MRVO 165, § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO), so ist darin zwar eine behördliche Anordnung zu erblicken. Diese ist aber kein Verwaltungsakt im Sinne des herkömmlichen allgemeinen Verwaltungsrechts und auch nicht im Sinne des verwaltungsgerichtlichen Verfahrensrechts. Denn die Vollziehungsanordnung setzt gerade einen - angefochtenen - Verwaltungsakt voraus und regelt nur die Vollziehung dieses Verwaltungsaktes. Sie kann auch nicht mit den zur Abwehr von Verwaltungsakten gegebenen Rechtsbehelfen - Widerspruch und Klage - angegriffen werden, sondern nur nach Maßgabe der besonderen Regelungen in § 51 Abs. 3 MRVO 165 bzw. § 80 Abs. 5 VwGO.
- 2.
Ordnet die Behörde - wie hier - etwa die sofortige Vollziehung einer beamtenrechtlichen Entlassungsverfügung an "mit der Maßgabe, daß dem Beamten bis zur Rechtskraft der Verfügung die Hälfte der Dienstbezüge belassen wird", so bedeutet dies, dass mit dieser "Maßgabe", d.h. in dem bezeichneten "Maße", die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs fortbestehen soll. Wenn auf Grund einer derartig eingeschränkten Vollziehungsanordnung der Beamte nicht mehr zum Dienst herangezogen wird und nicht mehr die vollen Dienstbezüge, sondern nur noch die Hälfte der Dienstbezüge erhält, so beruht mithin diese beschränkte Fortzahlung nicht etwa auf einer - als "Maßgabe" bezeichneten - behördlichen Anordnung, sondern auf der durch den Rechtsbehelf des Betroffenen herbeigeführten und neben der beschränkten Vollziehungsanordnung fortbestehenden aufschiebenden Wirkung. Nichts anderes gilt, wenn zunächst die Behörde die Vollziehung in vollem Umfang angeordnet hat und nunmehr das Verwaltungsgericht teilweise die Vollziehung aussetzt (§ 51 Abs. 3 Satz 1 MRVO 165) oder - was das gleiche bedeutet - die aufschiebende Wirkung wiederherstellt (§ 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) "mit der Maßgabe, daß dem Antragsteller bis zur Rechtskraft der Verfügung die Hälfte der Dienstbezüge zu belassen ist".
- 3.
Die Fürsorgepflicht bietet grundsätzlich - auch gegenüber dem noch im Dienst befindlichen Beamten - keine selbständige Rechtsgrundlage für die Zahlung von Dienstbezügen. Grundlage dieser Zahlungen ist vielmehr die Alimentationspflicht des Dienstherrn, die selbständig neben der Fürsorgepflicht steht und erschöpfend in Spezialvorschriften des Beamten- und des Besoldungsrechts geregelt ist. Abgesehen hiervon beschränkt sich die Fürsorgepflicht nach Art und Umfang auf die jeweilige Rechtsstellung des Beamten; aus ihr können deshalb grundsätzlich keine Ansprüche hergeleitet werden, die über die jeweilige Rechtsstellung des Beamten und die insoweit im Gesetz speziell und abschließend festgelegten Pflichten des Dienstherrn hinausgehen.
In der Verwaltungsstreitsache
hat der II. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. Mai 1966
durch die Senatspräsidentin Schmitt und die Bundesrichter Dr. de Chapeaurouge, Weber-Lortsch, Dr. Ide1 und Oppenheimer
ohne milnaliche Verhandlung für Recht erkannt:
Tenor:
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 20. Juli 1962 wird aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 22. September 1961 wird zurückgewiesen, soweit durch die angefochtenen Bescheide vom 4. August 1958 und vom 22. Dezember 1958 die dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Oktober 1955 bis 30. Juni 1957 geleisteten Zahlungen zurückgefordert werden.
Insoweit trägt der Kläger die Kosten des Verfahrens.
Im übrigen wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zurückverwies8n.
Insoweit bleibt die Entscheidung über die Kosten der Schlußentscheidung vorbehalten.
Gründe
Der am 4. Januar 1921 geborene Kläger arbeitete vor dem Kriege nach dem Besuch einer Handelsschule und nach einer kaufmännischen Lehre als Handlungsgehilfe. Seit dem Jahre 1945 gehörte er, zuletzt als Kriminalpolizeiwachtmeister im Beamtenverhältnis auf Widerruf, der Kriminalpolizei 1n D an. Durch Verfügung vom 3. Dezember 1952 wurde er unter Widerruf des Beamtenverhältnisses entlassen. Auf seine Beschwerde hob der Chef der Polizei in D durch Verfügung vom 5. August 1953 den Entlassungsbescheid vom 3. Dezember 1952 auf, entließ den Kläger erneut auf Grund der §§ 61 Satz 1 und 62 Abs. 1 und 2 des Deutschen Beamtengesetzes vom 26. Januar 1937 (RGBl. I s. 39) - DBG mit der Begründung mangelnder Eignung und ordnete zugleich die sofortige Vollziehung der Entlassungsverfügung an. Die Beschwerde des Klägers wies der Regierungspräsident in Arnsberg durch Bescheid vom 18. September 1953 zurück. Das Landesverwaltungsgericht Arnsberg wies die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage durch Urteil vom 9. Juli 1954 ab. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen wies die Berufung des Klägers durch Urteil vom 26. April 1957 zurück. Der Kläger nahm die gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegte Beschwerde im Januar 1958 zurück.
Schon vor Klageerhebung hatte das Landesverwaltungsgericht Gelsenkirchen auf Antrag des Klägers durch Beschluß vom 4. September 1953 - 1 L 36/53 - entschieden:
"Die Vollziehung der Entlassurtgsverfügung der Antragsgegnerin vom 5.8.1953 wird ausgesetzt mit der Maßgabe, daß dem Antragsteller bis zur Rechtskraft der Verfügung die Hälfte der Dienstbezüge zu belassen ist."
Das Oberverwaltungsgericht wies die hiergegen eingelegte Beschwerde des Polizeipräsidenten in D Beschluß vom 25. November 1953 - VIII B 1045/53 - zurück. Das beklagte Land leistete entsprechende Zahlungen an den Kläger. Nach dem Erlaß des Berufungsurteils vom 26. April 1957 stellte es die Zahlungen ein. Auf Antrag des Klägers entschied das Oberverwaltungsgericht durch Beschluß vom 21. Juni 1957 - VI D 21/57 -:
"Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, dem Antragsteller für den Monat Juni 1957 die Teilgehaltsbezüge in Höhe von netto 215.90 DM zu zahlen."
In den Gründen des Beschlusses hieß es, der Kläger habe einen Rechtsanspruch auf die Zahlung der halben Bezüge für den Monat Juni 1957 aus dem Beamtenverhältnis, weil die Entlassungsverfügung noch nicht unanfechtbar und ihre Vollziehung bezüglich der Hälfte der Bezüge bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit ausgesetzt sei. Auf Antrag des Polizeipräsidenten in D mit der Begründung, der Kläger stehe seit geraumer Zeit bei der Firma G-P in D in einem festen Arbeitsverhältnis, entschied das Oberverwaltungsgericht durch Beschluß vom 5. Juli 1957 - VI D 22/57 -:
"Der Beschluß des Landesverwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 4. September 1953 - 1 L 36/53 - und der Beschluß des erkennenden Senats vom 25. November 1953 - VIII B 1045/53 - werden mit Wirkung vom 1. Juli 1957 aufgehoben. 11
In den Gründen dieses Beschlusses ist angeführt, nachdem der Kläger in zwei Rechtszügen unterlegen sei, müsse seine Klage als aussichtslos bezeichnet werden.
Der Polizeipräsident in D forderte den Kläger durch Bescheid vom 4. August 1958 auf, die ihm seit der Zustellung der Entlassungsverfügung (8. August 1953) gezahlten Beträge zurückzuzahlen. Er berechnete diese Beträge wie folgt:
"Gezahlt worden sind: "..... 8. August 1953 bis 31. März 1954: 1578.69 DM 1. April 1954 bis 31. März 1955: 2598.25 DM 1. April 1955 bis 31. März 1956: 2364.-- DM 1. April 1956 bls 30. Juni 1957: 3384.25 DM 9925.19 DM "zugl. der von hier vorgelegten Gerichtskosten in Höbe von 79.80 DM sowie der Rechtsanwaltskosten in Höhe von 20.38 DM insgesamt: 10025.37 DM Hiervon sind abzusetzen die mit o.a. Verfügung gem. § 62 Abs. 2 DBG zugesicherten Übergangsgelder in Höhe von 3 x 370.- DM: 1110.-- DM insgesamt: 8915.37 DM."
Den Widerspruch des Klägers wies der Regierungspräsident in A durch Bescheid vom 22. Dezember 1958 mit der Begründung zurück, mit der Rechtskraft der Entlassungsverfügung sei der Rechtsgrund der Zahlungen weggefallen; der wirtschaftlichen Lage des Klägers werde dadurch Rechnung getragen, daß ihm Ratenzahlungen von 75.- DM monatlich eingeräumt werden.
Das Verwaltungsgericht Arnsberg hat die von dem Kläger erhobene Anfechtungsklage mit dem Antrag,
den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidenten in A vom 22. Dezember 1958 und den zugrunde liegenden-Bescheid des Polizeipräsidenten in D vom 4. August 1958 aufzuheben,
durch Urteil vom 22. September 1961 als unbegründet abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht durch Urteil vom 20. Juli 1962 das im ersten Rechtszug ergangene Urteil geändert und die Bescheide vom 4. August 1958 und vom 22. Dezember 1958 aufgehoben, im wesentlichen mit folgender Begründung:
In der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszuge habe der Bevollmächtigte des Beklagten den Rückforderungsbescheid um die Beträge von 79.80 DM und 20.38 DM für Gerichts- und Anwaltskosten ermäßigt. Weitere Erklärungen seien hierzu nicht mehr abgegeben worden. Dieser Rechnungsposten sei schon deshalb unbegründet, weil über die Gerichts- und Anwaltskosten vom Gericht entschieden worden sei, der Beklagte also insoweit einen vollstreckbaren Titel besitze und deshalb kein rechtlich zu schützendes Interesse an der Erlangung eines weiteren vollstreckbaren Titels habe.
Die Entscheidung des Rechtsstreits hänge davon ab, ob der Kläger die Bezüge zurückgewähren müsse, die ihm auf Grund der "Maßgabe" des Beschlusses des Landesverwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 4. September 1953 gezahlt worden seien. Dies sei aus folgenden Gründen zu verneinen:
1. Eine soiche Pflicht wäre begründet, wenn auf den Aussetzungsbeschluß und die in ihm enthaltene "Anordnungn" § 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden wäre. Diese Vorschrift finde aber auf die gemäß § 51 Abs. 3 der Verordnung Nr. 165 der Militärregierung (VOBl. BZ 1948 S. 263) - MRVO 165 - angeordnete Aussetzung der Vollziehung keine entsprechende Anwendung. Die Aussetzung der Vollziehung unterscheide sich wesentlich von der Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung im Sinne des Zivilprozeßrechts.
2. Eine Rückforderung der vorliegenden Art beurteile sich mithin nach § 98 Abs. 2 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Juni 1954 (GV NW s. 237) - LBG -:
"Von der Rückforderung zuviel gezahlter Dienst- oder Versorgungsbezüge ist abzusehen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist, es sei denn, daß eine Herausgabepflicht nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung besteht. Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung steht es gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, daß der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Im übrigen kann von der Rückforderung aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Behörde ganz oder teilweise abgesehen werden."
Eine "Zuviel" -Zahlung im Sinne dieser Vorschrift liege vor, wenn für sie ein Rechtsgrund fehle; ein Verwaltungsakt könne ein Rechtsgrund sein. Ein solcher Rechtsgrund sei hier auf Grund folgender Erwägungen gegeben:
Wenn eine Behörde nach § 51 Abs. 1 Satz 2 MRVO 165 oder nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung vom 21. Januar 1960 (BGBl. I s. 17) - VwGO - die sofortige Vollziehung der Entlassung eines Widerrufs- oder Probe-Beamten mit der "Maßgabe" Anordne, daß dem Beamten "bis zur Rechtskraft oder Unanfechtbarkeit der Entlassungsverfügung die Hälfte der Dienstbezüge belassen wird", und wenn sie damit die ihr obliegende Fürsorgepflicht erfüllen wollet so liege in der "Maßgabe" ein rechtsgestaltender begünstigender Verwaltungsakt, der einen Rechtsgrund darstelle. Eine solche "Maßgabe" sei nicht nur eine "vorläufige verfahrensrechtliche Regelung", sondern habe ihren Grund in dem sachlich-rechtlichen Grundsatz der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht. Die Fürsorgepflicht erstrecke sich auch auf die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, obschon diec in deili hier maßgebenden § 36 DBG noch nicht so ausdrücklich ausgesprochen sei wie in § 79 des Bundesbeamtengesetzes vom 14. Juli 1953 (BGBl. I S. 551) - BBG - und in § 90 LBG. Dieses Fortwirken der Fürsorgepflicht sei allgemein anerkannt, namentlich durch die "Unterstützungsgrundsätze" in der Fassung vom 27. Februar 1943 (UGr.), die in Nordrhein-Westfalen wie im Bunde (zu vgl. MinBlFin. 1951 S. 13) noch anwendbar seien. Nach Nr. 1 Abs. 1 Ziff. 3 UGr. würden auch an frühere Beamte Unterstützungen gewährt, und zwar auch laufende Unterstützungen (Nr. 4 Abs. 1 a). Sogar an die nach § 61 DBG entlassenen Beamten, die ihre Entlassung selbst zu vertreten haben, könnten laufende Unterstützungen für eine Übe1gangszeit gewährt werden. Die Unterstützungsgrundsätze ließen mithin erkennen, daß die Fürsorgepflicht des Beklagten gegenüber dem Kläger auch die Zeit nach seiner Entlassung (8. August 1953) umfaßt und zur Gewährung von Bezügen eine auch im miteriellen Recht fußende Ermächtigung gegeben habe. Deshalb sei es ohne entscheidende Bedeutung, daß durcs die Aussetzung nur die Vollziehung, nicht aber die Rechtswirksamkeit der Entlassungsverfügung gehemmt worden sei. Zwar stehe fest, daß das Beamtenverhältnis des Klägers am 8. August 1953 beendet worden sei. Die Fürsorgepflicht sei aber damit noch nicht beendet gewesen und habe, wie die Gründe des Aussetzungsbeschlusses vom 4. September 1953 zeigten, die Grundlage der weiter gewährten Leistungen gebildet.
Dementsprechend sei ein Rechtsgrund auch dann gegeben, wenn die Behörde - wie hier - zwecks Erfüllung ihrer Fürsorgepflicht sich nicht freiwillig zu einem rechtsgestaltenden Verwaltungsakt entschließe, soandern durch eine gerichtliche Entscheidung mit einer "Maßgabe" zur Leistung angehalten werde. Daß der Aussetzungsbeschluß vom 4. September 1953 einen solchen Zweck verfolgt habe, ergebe sich zweifelsfrei aus seiner Begründung. Dort sei ausgeführt: Dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Entlassung stehe das persönliche Interesse des Klägers an der behördlichen erfülllung der Fürsorgepflicht gegenüber; dieses Interesse habe den Vorrang, weil es dem Charakter des Beemtenverhältnisses widerspreche, fiskalisch Gesichtspunkten eine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen. Die Fürsorgepflicht nach § 36 DBG mache es daher erforderlich, dem Kläger bis zur Bechtrkraft der Entlassungsverfügung wenigstens die Hälfte seiner bisherigen Dienstbezüge zu belassen; denn sein und seiner Ehefrau Lebensunterhalt sei nicht durch die geringen Einkünfte aus der Inkassotätigkeit und auch nicht aus der Nachzahlung von 2400. - DM allein gesichert. Der Kläger habe in den Monaten, in denen er keine Dienstbezüge erhalten habe, im wesentlichen auf Kredit gelebt und müsse nunmehr die Schulden tilgen.- Diese Darlegungen habe das Oberverwaltungsgericht im Beschwerdebeschluß vom 25. November 1953 "aus den zutrerrenden Gründen des angefochtenen Beschlusses" gebilligt. Die gerichtlichen Entscheidungen enthielten hiernach mit der "Maßgabe" ebenso einen Rechtsgrund für die dem Kläger gewährten Bezüge wie ein entsprechender behördlicher Verwaltungsakt.
3. Der Aussetzungsbeschluß vom 4. September 1953 hätte zwar Bedingungen oder Vorbehalte enthalten können; er lasse aber weder dem Wortlaut noch dem Sinne nach einen Vorbehalt des Inhalts erkennen, daß bei Abweisung der Anfechtungsklage die gewährten Bezüge zurückzuzahlen seien. Auch die Entscheidungen des Reichsgerichts vom 14. März 1922, des Bundesgerichtshofs vom 22. September 1952 sowie des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. November 1952 und vom 22. Februar 1950, auf die der Aussetzungsbeschluß vom 4. September 1953 in seinen Gründen verweise, ließen einen solchen Rückzahlungsvorbehalt nicht erkennen.
Ein Vorbehalt ergebe sich allerdings daraus, daß die gewährten Leistungen ausdrücklich mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn begründet und damit erkennbar von der Fürsorgebedürftigkeit des Empfängers abhängig gemacht worden seien. Der Kläger wäre deshalb zur Rückgewähr dessen verpflichtet, was er über seine Bedürftigkeit hinaus erhalten habe. Die Leistungen des Beklagten seien jedoch aus den folgenden Gründen nicht über seinen Bedarf hinausgegangen:
Der Kläger habe nach seinen glaubhaften Angaben in der Zeit nach seiner Entlassung anfänglich nur eine Inkassotätigkeit ohne nennenswerte Reineinkünfte ausgeübt. Die Nachzahlung von 2400.- DM sei zur Tilgung von Schulden verwendet worden. Eine Anstellung habe der Kläger zunächst nicht erreicht, und zwar nach seinen glaubhaften Angaben deshalb nicht, weil ihm die Behörde statt der erbetenen Zeugnisse nur Dienstzeitbescheinigungen vom 8. Januar 1953, vom 11. September 1953 und vom 29. Oktober 1954 erteilt habe, die seinen Bewerbungen eher schadeten als nützten. Auf Grund der Anstellungen, die er seit Oktober 1955 erreicht habe, habe er monatlich brutto zunächst 400.- DM, später 512.- DM, seit Mai 1957 zunächst 500.- DM und später 530.- DM verdient. Hiervon seien für Sozialabgaben und Lohnsteuer rund 20 v.H. abgehalten worden. In der gesamten Zeit vom 8. August 1953 bis zum Juni 1957 habe der Kläger mithin von Oktober 1955 bis Juni 1957 brutto 10032.- DM, bei Abzug von 20 v.H. also netto 8026.- DM verdient. Zusammen mit den "Maßgabe"-Bezügen habe er in der Zeit vom 8. August 1953 bis Juni 1957 8026.- DM und 9925.- DM, also zusammen 17951.- DM erhalten. Hiervon seien unter dem Gesichtspunkt der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht die Kosten der Rechtsstreitigkeiten abzusetzen, die der Kläger wegen seiner Entlassung geführt habe. Denn der Dienstherr habe dem Fürsorgeberechtigten nicht nur den täglichen Lebensbedarf zu gewähren, sondern ihm auch eine sachgemäße Beratung in den Verfahren zu ermöglichen, die er für die Erhaltung seiner beruflichen Existenz durchführen müsse. Nach den glaubhaften Angaben des Klägers hätten diese Kosten 2000.- DM überschritten, so daß von den 17951.- DM 2100.- EM abzuziehen seien. Aus dem verbleibenden Betrag von 15851.- DM ergebe sich für die 47 Monate ein monatliches Durchschnittseinkommen von 335.- DM. Die vollen Dienstbezüge würden monatlich im Durchschnitt 425. - DM betragen haben. Da die vollen Dienstbezüge zür Bestreitung der Lebenshaltungskosten gerade ausreichten, überschritten die "Maßgabe"-Bezüge, die in den um 900.- DM geringeren tatsächlichen durchschnittlichen Monatseinküniten enthalten seien, nicht den beamtenrechtlichen Fürsorgebedarf. Deshalb liege eine "Zuviel"-Zahlung im Sinne des § 98 Abs. 2 LBG nicht vor.
4. Selbst wenn eine "Zuviel"-Zahlung vorläge, so müßte doch die kückforderung an dem Wegfall der Bereicherung scheitern. Der Kläger sei nach seinen glaubhaften Angaberi und den vorstehenden Erörterungen nicht mehr bereichert. Er habe die Zahlungen in vollem Umfange für seine Lebenshaltung verbraucht und sei auch nicht etwa durch eine Verminderung von Verbindlichkeiten bereichert. Daß er mit den Zahlungen Prozeßkosten beglichen habe, sei ohne Bedeutung. Diese Prozeßkosten seien erst aus Anlaß der "Zuviel"-Zahlungen entstanden; hätten dem Kläger die "Maßgabe"-Bezüge nicht zur Verfügung gestanden, so hätte er auf die - sachlich gebotene - Mitwirkung eines Rechtsanwalts verzichten oder dessen Beiordnung im Armenrecht erwirken müssen.
Gründe, die eine Berücksichtigung des Wegfalls der Bereicherung ausschlössen, lägen nicht vor. Rechtshängigkeit im Sinne des § 818 Abso 4 BGB sei nicht schon durch die Erhebung der Anfechtungsklage, sondern frühestens mit der Erhebung der Rückforderung eingetreten. § 98 Abs. 2 Satz 2 LBG in Verbindung mit § 819 BGB sei nicht anwendbar, weil ein "Kennen oder Kennenmüssen" des Mangels des Rechtsgrundes nicht gegeben gewesen sei; der Kläger habe angenommen und annehmen dürfen, daß die "Maßgabe"-Bezüge rechtlich nicht von dem Bestand des ganzen Beamtenverhältnisses, sondern von dem Bestand der Fürsorgepflicht abhingen. § 820 BGB sei auch nicht anwendbar, weil nicht die Rückforderung für den Fall der Klageabweisung vorbehalten worden sei. -
Mit der gemäß § 127 des Beamtenrechtsrahmengesetzes vom 1. Juli 1957 (BGBl. I S. 667) - BRRG - zugelassenen Revision beantragt das beklagte Land,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 20. Juli 1962 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 22. September 1961 zurückzuweisen,
hilfsweise: das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das· Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Revision rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Der Oberbundesanwalt hält das angefochtene Urteil jedenfalls insoweit für bedenklich, als der Kläger nicht zur Rückzahlung der seit Oktober 1955 empfangenen Bezüge verurteilt worden sei. Er wendet sich ferner gegen die Auffassung, der Empfänger von Überzahlungen brauche nicht die für ihn abgeführten Steuerbeträge zu erstatten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
II.
Die Revision des Beklagten ist begrUndet.
Die Frage, ob der Beklagte den Kläger zur Erstattung von 79.80 DM Gerichtskosten und von 20.38 DM Rechtsanwaltskosten heranziehen durfte, bedarf keiner Entscheidung mehr, nachderu der Beklagte bereits im ersten Rechtszuge den Betrag des Rückforderungsbescheides um diese beiden Posten ermäßigt hat. Schon das Berufungsgericht hatte hierüber keine Entscheidung mehr zu treffen.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, auf eine nach § 51 Abs. 3 MRVO 165 beschlossene Aussetzung der Vollziehung finde die im Zivilprozeßrecht für den Arrest und die einstweilige Verfügung vorgesehene Vorschrift des § 945 ZPO keine Anwendung, trifft zu. Die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu dieser Frage (BVerwGE 18, 72 [77 ff.]), auf die hier verwiesen werden kann, werden durch das Vorbringen der Revision nicht widerlegt.
Zutreffend sind auch noch die Ausführungen des Berufungsgerichts darüber, daß hier § 98 Abs. 2 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Juni 1954 (GV NW S. 237) - LBG - anzuwenden sei, daß eine "Zuviel"-Zahlung im Sinne dieser Vorschrift vorliege, wenn ihr der Rechtsgrund fehle, und daß ein Verwaltungsakt ein Rechtsgrund sein könne. Rechtlich fehlerhaft sind jedoch die weiteren Darlegungen darüber, inwieweit die "Maßgabe" des Aussetzungsbeschlusses und die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht als fortbestehende Rechtsgründe für die Zahlungen in Betracht kommen.
Rechtsirrig ist die Ansicht des Berufungsgerichts, die Behörde erlasse einen rechtsgestaltenden begünstigenden Verwaltungsakt, wenn sie die Vollziehung einer Entlassungsverfügung mit der "Maßgabe" anordne, daß dem Beamten bis zur Rechtskraft oder Unanfechtbarkeit der Verfügung die Hälfte der DienstbezUge belassen werde. Ebenso unrichtig ist die hieraus gezogene Folgerung, die entsprechende "Maßgabe" des Aussetzungsbeschlusses vom 4. September 1953 stehe einem begünstigenden Verwaltungsakt gleich. Bei diesen Darlegungen hat das Berufungsgericht die rechtliche Bedeutung der Vorschriften über die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen, die Beseitigung der aufschiebenden Wirkung(durch Vollziehungsanordnung) und deren Wiederherstellung (§ 51 MRVO 165, jetzt § 80 VwGO) verkannt.
Die aufschiebende Wirkung ist grundsätzlich eine unmittelbare gesetzliche Folge des Rechtsbehelfs, das der durch einen belastenden Verwaltungsakt Betroffene zur Abwehr dieses Verwaltungsakts einlegt (§ 51 Abs. 1 Satz 1 MRVO 165, § 80 Abs. 1 VwGO) Die aufschiebende Wirkung wird also in der Regel nicht durch eine behördliche Anordnung, insbesondere nicht durch einen Verwaltungsakt herbeigeführt. Die Ausnahmeregelungen, nach denen in besonderen Fällen die aufschiebende Wirkung nicht schon durch den Rechtsbehelf, sondern erst durch eine behördliche oder gerichtliche Anordnung herbeigeführt wird (§ 51 Abs. 2 MRVO 165, § 80 Abs. 2 Nrn. 1-3 VwGO), können hier außer Betracht bleiben. Ordnet in einem der Regelfälle (§ 51 Abs. 1 MRVO 165; § 80 Abs. 1 VwGO) die Behörde die sofortige Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts an und beseitigt sie dadurch die aufschiebende Wirkung des Recntsbehelfs (§ 51 Abs. 1 Satz 2 MRVO 165, § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO), so ist darin zwar eine behördliche Anordnung zu erblicken. Diese ist aber kein Verwaltungsakt im Sinne des herkömmlichen allgemeinen Verwaltungsrechts und auch nicht im Sinne des verwaltungsgerichtlicben Verfahrensrechts. Denn die Vollziehungsanordnung setzt gerade einen - angefochtenen - Verwaltungsakt voraus und regelt nur die Vollziehung dieses Verwaltungsaktes. Sie kann auch nicht mit den zur Abwehr von Verwaltungsakten gegebenen Rechtsbehelfen - Widerspruch und Klage - angegriffen werden, sondern nur.nach Maßgabe der besonderen Regelungen in § 51 Abs. 3 MRVO 165 bzw. § 80 Abs. 5 VwGO. Wenn die Behörde die Vollziehung nur teilweise anordnet und zum anderen Teil die aufschiebende Wirkung bestehen läßt, beruht die teilweise fortbestehende aufschiebende Wirkung weiterhin nur auf der an das Rechtsmittel anknüpfenden gesetzlichen Regelung und nicht auf einer behördlichen Anordnung, insbesondere nicht auf einem Verwaltungsakt. Das gilt ohne Rücksicht darauf, mit welchen Worten die Behörde die Vollziehung nur teilweise anordnet und im übrigen die aufschiebende Wirkung bestehen läßt. Ordnet sie z.B. die sofortige Vollziehung einer beamtenrechtlichen Entlassungsverfügung an "mit der Maßgabe, daß dem Beamten bis zur Rechtskraft der Verfügung die Hälfte der Dienstbezüge belassen wird", so bedeutet dies, daß mit dieser "Maßgabe", d.h. in dem bezeichneten "Maße", die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs fortbestehen soll. Wenn auf Grund einer derartig eingeschränkten Vollziehungsanordnung der Beamte nicht mehr zum Dienst herangezogen wird und nicht mehr die vollen Dienstbezüge, sondern nur noch die Hälfte der Dienstbezüge erhält, so beruht mithin diese beschränkte Fortzahlung nicht etwa auf einer - als "Maßgabe" bezeichneten - behördlichen Anordnung, sondern auf der durch den Rechtsbehelf des Betroffenen herbeigeführten und neben der beschränkten Vollziehungsanordnung fortbestehenden aufschiebenden Wirkung.
Nichts anderes gilt, wenn zunächst die Behörde die Vollziehung in vollem Umfang angeordnet hat und nunmehr das Verwaltungsgericht teilweise die Vollziehung aussetzt (§ 51 Abs. 3 Satz 1 MRVO 165) oder - was das gleiche bedeutet - die aufschiebende Wirkung wiederherstellt (§ 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) "mit der Maßgabe, daß dem Antragsteller bis zur Rechtskraft der Verfügung die Hälfte der Dienstbezüge zu belassen ist". Dieser gerichtliche Aussetzungsbeschluß stellt nur die durch den Rechtsbehelf herbeigeführte, durch die behördliche Vollziehungsanordnung vorübergehend beseitigte, aufschiebende Wirkung wieder her. Eine weitergehende - selbständige materiellrechtliche - Regelung trifft das Gericht nicht und kann es in dem Verfahren nach § 51 Abs. 3 MRVO 165 oder § 80 Abs. 5 VwGO auch gar nicht treffen. Der die aufschiebende Wirkung wiederherstellende gerichtliche Aussetzungsbeschluß kann deshalb nach seinem Inhalt und seiner Wirkung ebenfalls nicht einem Verwaltungsakt gleichgeachtet werden.
Das Berufungsgericht hat allerdings das entscheidende Gewicht seiner Darlegungen nicht auf die Erwägung, daß die "Maßgabe" des Aussetzungsbeschlusses vom 4. September 1953 einem begünstigenden Verwaltungsakt gleichzuerachten sei, sondern auf die Auffassung gelegt, daß dem Dienstherrn die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht auch gegenüber dem entlassenen Beamten obliege und daß diese fortbestehende Fürsorgepflicht für die Fortzahlung der Hälfte der Dienstbezüge einen Rechtsgrund bilde, der auch nach rechtskräftiger Abweisung der Anfechtungsklage nicht rückwirkend entfalle. Diese Auffassung des Berufungsgerichts ist aber ebenfalls rechtsirrig.
Bichtig ist zwar, daß die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht des Dienstherrn nicht zugleich mit dem Beamtenverhältnis endet, sondern daß der Dienstherr "im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl des Beamten und seiner Familie auch für die Zeit nach Beendigung des BeamtenverhältEisses zu sorgen hat" (§ 90 Satz 1 LBG; ebenso § 79 Satz 1 BBG). Dies mag auch gelten, soweit hier noch § 36 DBG anzuwenden ist, obgleich diese Vorschrift nicht ausdrücklich "die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses" erwähnt. Der Umfang der Fürsorgepflicht läßt sich aber nicht frei bestimmen und ausweiten. Die Fürsorgepflicht bietet grundsätzlich, auch gegenüber dem noch im Dienst befindlichen Beamten, keine selbständige Rechtsgrundlage für die Zahlung von Dienstbezügen. Grundlage dieser Zahlungen ist vielmehr die Alimentationspflicht des Dienstherrn, die selbständig neben der Fürsorgepflicht steht und erschöpfend in Spezialvorschriften des Beamten- und des Besoldungsrechts geregelt ist. Abgesehen hiervon beschränkt sich die Fürsorgepflicht nach Art und Umfang auf die jeweilige Rechtsstellung des Beamten; aus ihr können deshalb grundsätzlich keine Ansprüche hergeleitet werden, die über die jeweilige Rechtsstellung des Beamten und die insoweit im Gesetz speziell und abschließend festgelegten Pflichten des Dienstherrn hinausgehen (vgl. BVerwGE 15, 3 [7]; 19, 279 [283]; 19, 332 [338]).
Der Kläger hatte nach den hier noch anwendbaren Vorschriften des Deutschen Beamtengesetzes als entlassener Widerrufsbeamter "nach der Entlassung", - d.h. für die Zeit, die dem Tag folgt, zu dem der Kläger entlassen wurde-, keinen Anspruch auf Dienstbezüge, soweit nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt war (§ 66 Abs. 2 Halbsatz 1 DBG); das gleiche galt übrigens auch nach § 48 Satz 1 LBG. Ihm standen lediglich noch für den Monat, in dem ihm der Widerrrf mitgeteilt wurde, die vollen Dienstbeztige sowie das gesetzlich näher bestimmte Übergangsgeld zu (§ 62 Abs. 2 DBG). Darüber hinaus ließen die hier in Betracht kommenden Vorschriften des Beamten- und des Besoldungsrechts die Zahlung von Dienstbezügen an einen entlassenen Beamten nicht zu. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn hat sich im Rahmen dieser Vorschriften zu halten. Der Hinweis des Berufungsgerichts auf die UnterstUtzungsgrundsätze geht in diesem Zusammenhang fehl. Die Unterstützungsgrundsätze bestätigen zwar, daß - in dem dort bestimmten beschränkten Umfange - die Fürsorgepflicht des Dienstherrn auch zugunsten entlassener Beamter fortbesteht. Sie enthalten jedoch keine Rechtsgrundlage für die Fortzahlung von Dienstbezügen an entlassene Beamte. Wenn sie solche Bestimmungen enthielten, so wären diese gesetzwidrig.
Verfuhlt ist übrigens auch die Ansicht des Berufunesgerichts, der Dtenstherr müsse auf Grund seiner Fürsorgepflicht dem entlassenen Benmten die Beträge zahlen, die dieser zur Durchführung des - erfolglosen - Anfechtungsprozesses benötigt, und zwar nicht nur vorläufig, sondern endgültig auch für den Fall, daß die Errolglosigkeit des Prozesses schließlich rechtskräftig klargestellt wird. Für die hierfür angeführte Begründung des Berufungsgerichts, der Dienstherr habe dem Hürsorgeberechtigten "nicht nur den täglichen Lebensbedarf zu gewähren, sondern auch ihm eine sachgemäße Beratung zu ermöglichen in den Verfahren, die er für die Erhaltung seiner beruflichen Existenz durchführen muß", bietet das geltende Beamtenrecht keine Rechtsgrundlage. Diese Ansicht, die gerade für erfolglose Anfechtungsprozesse gelten soll und Bedeutung hat, weil der Dienstherr im Falle seines Unterliegens die Kosten des Anfechtungsprozesses schon nach den Kostenvorschriften des gerichtlichen Verfahrensrechts tragen muß, ist zudem rechtspolitisch höchst bedenklich; denn sie ermuntert jeden entlassenen Beamten, die Entlassungsverfügung auf Kosten des Dienstherrn, d.h. letzlich auf Kosten der Steuerzahler, unter Erschöpfung des Rechtsweges anzufechten, auch wenn er - wie hier - einen Erfolg nicht erwarten kann.
Den Rechtsgrund für die Zahlung der gekürzten Dienstbezüge, die der Kläger während des Anfechtungsrechtsstreits erhielt, bildet hiernach weder eine einem begünstigenden Verwaltungsakt gleicbzuerachtende Anordnung, die in der "Maßgabe" des Aussetzungsbeschlusses vom 4. September 1953 zu erblicken wäre, noch die gegenüber dem entlassenen Beamten bestehende beamtenrechtliche Fürsorgepflicht. Der Rechtsgrund für diese Zahlung ist vielmehr darin zu erblicken, daß die durch den Rechtsbehelf herbeigeführte aufschiebende Wirkung durch den Aussetzungsbeschluß teilweise wiederhergestellt wurde, daß daher die Entlassungsverfügung vom 5. August 1953 insoweit noch nicht vollziehbar war und daß deshalb das Beamtenverhältnis, soweit es den Anspruch auf Zahlung der Dienstbezüge zum Inhalt hatte, in dem durch die "Maßgabe" bezeichneten Umfang als einstweilen fortbesteheLd anzusehen war. Diese Fiktion des einstweilen teilweise fortbestehenden Beamtenverhältnisses hat zwar einen materiell-rechtlichen Inhalt. Sie folgt aber allein aus der verfahrensrechtlichen Regelung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs (§ 51 MRVO 165; § 80 VwGO). Ihr Bestand und ihre Rechtswirkungen richten sich deshalb nach dem Sinn und Zweck der bezeichneten Regelung: Solange und soweit die aufschiebende Wirkung gilt, hat der Dienstherr den entsprechenden Teil der Dienstbezüge weiterzuzahlen; insoweit bildet die Fiktion des fortbestehenden Beamtenverhältnisses den Rechtsgrund der Zahlungen. Wird auf die Anfechtungsklage die Entlassungsverfügung rechtskräftig aufgehoben, so folgt daraus, daß das Beamtenverhältnis fortbesteht und einen bleibenden Rechtsgrund für die Zahlungen bildet. Wird dagegen die Anfechtungsklage rechtskräftig abgewiesen, so folgt daraus, daß das Beamtenverhältnis seit dem Zeitpunkt, zu dem die Entlassung ausgesprochen war, nicht mehr bestanden hat. Daran ändert die aufschiebende Wirkung nichts; denn sie hemmt nur die Vollziehbarkeit der Entlassungsverfügung, schiebt aber nicht den Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis hinaus. Mit dem rechtskräftigen Abschluß des Anfechtungsverfahrens entfällt die nur für die Dauer des Rechtsstreits vorgesehene aufschiebende Wirkung und macht mit Rückwirkung der durch das rechtskräftige Urteil klargestellten Rechtslage flatz. Das hat die Folge, daß mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt, zu dem die Entlassung ausgesprochen war, die Rechtsgrundlage für die einstweilen teilweise fortgezahlten Dienstbezüge enträllt (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24. November 1960 - BVerwG II C 50.56 -; Urteil vom 21. Juni 1961 - BVerwG VIII C 398.59 - [BVerwGE 13, 1, 8]; Beschluß vom 7. September 1962 - BVerwG VI B 10.62 - [ZBR 1963 S. 30; DÖV 1962 S. 795]; Urteil vom 21. Februar 1964 - BVerwG VI C 8.61 - [BverwGE 18, 72, 75]; Beschluß vom 14. Oktober 1965 - BVerwG VI C 35.65 -). Dies hat das Berufungsgericht zwar richtig erkannt; seine rechtsirrigen Erwägungen zur Fürsorgepflicht haben es aber gehindert, hieraus die zutreffende Folgerung bezüglich des Rechtsgrundes der Zahlungen zu ziehen.
Die Rechtslage wäre vielleicht anders zu beurteilen, wenn das Landesverwaltungsgericht Gelsenkirchen mit dem Aussetzungsbeschluß vom 4. September 1953 die durch § 51 Abs. 3 MRVO 165 gesetzten Grenzen - unzulässigerweise - überschritten und mit der "Maßgabe" der Beschlußformel eine Anordnung getroffen hätte, die über die (teilweise) Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hinausginge. Das ist jedoch nicht der Fall. Ausweislich der Entscheidungsgründe des Beschlusses hat das Landesverwaltungsgericht in der üblichen Weise gemäß § 51 Abs. 3 MRVO 165 die Vollziehung ausgesetzt. Daß die nach der teilweisen Wiederherstellung der aufschiebender Wirkung fortzuzahlenden gekürzten Dienstbezüge dem Kläger nicht endgültig und bei Erfolglosigkeit der Anfechtungsklage überhaupt nicht zustehen würden, hat es bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen zutreffend mit den Worten zum Ausdruck gebracht: "Ein solches öffentliches, nämlich fiskalisches, Interesse besteht in der Regel daran, daß während eines Verwaltungsstreitverfahrens oder Beschwerdeverfahrens nicht ein Gehalt weitergezahlt wird, das die Behörde bei einer ihr günstigen Entscheidung nicht Schuldet, jedoch wegen schlechter Vermögenslage des Beamten nicht zurückerlangen kann." Das Verwaltungsgericht hat also nicht zum Ausdruck gebracht, daß der Beklagte diese Bezüge dem entlassenen Kläger aufgrund der Fürsorgepflicht "schulde". Die weiteren Darlegungen des Inhalts, daß der Beamte ein überwiegendes Interesse daran habe, daß die Behörde ihre Fürsorgepflicht erfülle, wenn nicht feststehe, daß die geltend gemachten Ansprüche völlig unbegründet seien, stellen zutreffend auf den Zustand der Ungewißheit während des Rechtsstreits und nicht auf eine unabhängig hiervon in jedem Falle fortbestehende Fürsorgepflicht ab. Sie entsprechen der zu jener Zeit üblichen Begründung derartiger Aussetzungsbeschlüsse und bringen offensichtlich nicht zum Ausdruck, daß eine andere als die nach § 51 Abs. 3 MRVO 165 zulässige Entscheidung getroffen werden sollte.
Das Berufungsgericht hat hiernach verkannt, daß die Bestätigung der Entlassungsverfügung durch das rechtskräftige Urteil vom 26. April 1957 den dem Kläger für die Zeit von August 1953 bis Juni 1957 geleisteten Zahlungen rückwirkend den Rechtsgrund entzogen hat. Wegen dieses Rechtsfehlers müßte allerdings das angefochtene Urteil nicht aufgehoben werden, wenn die zu Nr. 4 der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils angestellten Hilfserwägungen zu billigen wären, wenn sich der Kläger also auf den Wegfall der Bereicherung berufen könnte. Auch diese Erwägungen sind jedoch rechtlich fehlerhaft.
Es kann unerörtert bleiben, ob hier ein Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) im vollen Umfange - auch bezüglich der getilgten Prozeßschulden - anzuerkennen ist. Denn jedenfalls ist die Vorschrift des § 820 Abs. 1 Satz 2 BGB anzuwenden. Nach dieser Vorschrirt ist der Empränger einer ohne Rechtsgrund geleisteten Zahlung zur Herausgabe so verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zur Zeit des Empfanges rechtshängig geworden wäre (§ 818 Abs. 4 BGB), "wenn die Leistung aus einem Rechtsgrund, dessen Wegfall nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts als möglich angesehen wurde, erfolgt ist und der Rechtsgrund wegfällt". Dieser Tatbestand ist hier erfüllt. Dem "Inhalt des Rechtsgeschäfts", auf das die ohne Rechtsgrund geleisteten Zahlungen zurückzuführen sind, entspricht hier die Regelung der aufschiebenden Wirkung (§ 51 MRVO 165) und die darauf beruhende Fiktion des einstweilen teilweise fortbestehenden Beamtenverhältnisses. Wesentlicher Inhalt dieser Regelung ist es, wie oben dargelegt worden ist, daß die aufschiebende Wirkung nur einen vorläufigen Rechtsgrund für die Leistungen schaift und daß dieser Rechtsgrund mit Rückwirkung entfällt, wenn die Anfechtungsklage rechtskräftig abgewiesen wird. Die auf Grund der aufschiebenden Wirkung, d.h. auf Grund der Fiktion einstweiligen Fortbestehens des Beamtenverhältnisses, erbrachten Leistungen stehen cteshalb von vornherein unter dem gesetzlichen Vorbehalt, daß möglicherweise - nämlich bei endgültigem Mißerfolg der Anfechtungsklage - ihr Bechtsgrund entfällt. Dieser gesetzliche Vorbehalt gilt auch dann, wenn er im Aussetzungsbeschluß nicht ausdrücklich erwähnt iste Im vorliegenden Fall enthielt der Aussetzungsbeschluß vom 4. September 1953 zudem einen - wenn auch undeutlichen - entsprechenden Hiriweis mit den Worten: "..... ein Gehalt ......., das die Behörde bei einer ihr günstigen Entscheidung nicht schuldet ..."
Der Kläger unterliegt deshalb bezüglich der Rückerstattung der ihm fortgezahlten Hälfte der Dienstbezüge cter in § 820 Abs. 1 in Verbindung mit § 818 Abs. 4 BGB bestimmten verschärtten Haftung. Er kann sich nicht schlechthin nach § 818 Abs. 3 BGB auf den Wegfall der Bereicherung berufen, sondern haftet "nach den allgemeinen Vorschriften", und zwar bereits für die Zeit vom jeweiligen Empfang der Leistungen an (§ 820 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 BGB). Das entspricht auch der konkreten Sach- und Rechtslage. Denn ein entlassener Beamter muß, wenn er die Entlassungsverfügung anficht und wenn er nur deshalb, weil auf Grund der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs das einstweilige Fortbestehen des Beamtenverhältnisses fingiert wird, während des Rechtsstreits noch Dienstbezüge erhält, damit rechnen, daß der Prozeß zu seinen Ungunsten ausgebt und daß dann das Beamtenverhältnis und die daraus herzuleitenden Ansprüche auf Dienstbezüge seit dem Entlassungszeitpunkt nicht mehr bestanden haben. Er muß sich deshalb grundsätzlich von vornherein darauf einrichten, daß ihm diese Bezüge möglicherweise nicht zustehen und daß er sie deshalb zurückzuzahlen haben wird. Das ist ein Teil seines Prozeßrisikos.
Die haftungsbefreiende Berufung auf den Wegfall der Bereicherung ist allerdings gegenüber der verschärften Haftung nach den §§ 820 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB nur in der Regel, nicht schlechthin und in jedem Falle ausgeschlossen (vgl. BVerwGE 11, 283 [288]; Urteil vom 26. Juni 1963 - BVerwG VI C 177.60 - [ßuchholz BVerwG 232, § 87 BBG Nr. 1l7]; BVerwGE 18, 72 [76]Urteil vom 24. August 1964 - BVerwG VI C 190.62 - [Buchholz BVerwG 232, § 87 BBG Nr. 17; ZBR 1964 S. 369]; Urteil vom 20. Oktober 1965 - BVerwG VI C 117.63 -). Ausnahmsweise ist der Wegfall der Bereicherung auch gegenüber der verschärften Haftung nach § 820 Abs. 1 BGB beachtlich, soweit die "allgemeinen Vorschriften" dies zulassen (vgl. Soergel-Siebert, Bürgerliches Gesetzbuch, 1962, § 818 Rdnr. 50, § 820 Rdnr. 4; Reichsgerichtsräte-Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 10. Auflage 1953, § 818 Anm. 9, § 820 Anm. 3. Erman, Handkommentar zum Btirgerlichen Gesetzbuch, 3. Auflage 1962, § 820 Anm. 3). Nach den allgemeinen Vorschriften hat der Schuldner die vorsätzlich oder fahrlässig von ihm verursachte Unmöglichkeit der Leistung zu vertreten (§ 276 Abs. 1 Satz 1 BGB); dies gilt insbesondere vom Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Herausgabe- oder Erstattungsanspruchs an (§ 818 Abs. 4 in Verbindung mit §§ 284 Abs. 1 Satz 2, 287 Satz 1 BGB). Der Schuldner kann deshalb das mit dem Rückforderungsanspruch behaftete Empfangene grundsätzlich nicht mit befreiender Wirkung aus eigenem Entschluß so verwenden, als sei es ihm endgültig überlassen (vgl. Urteil vom 26. Juni 1963 - BVerwG VI C 177.60 - a.a.O.), und sich mithin grundsätzlich nicht auf den Verbrauch der ohne Rechtsgrund empfangenen Zahlungen berufen (vgl. BVerwGE 13, 248 [253]). Zu den "allgemeinen Vorschriften" gehören Aber auch die Grundsätze von Treu und Glauben (§§ 157, 242 BGB). Der Gläubiger kann deshalb dann nicht die verschärfte Haftung nach §§ 820 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB geltend machen und den Wegfall der Bereicherung des Schuldners unbeachtet lassen, wenn er demit die Grundsätze von Treu und Glauben verletzt (vgl. RAG,Urteil vom 25. Oktober 1933 - RAG 94/33 - [JW 1934 S. 55 f]). Unter diesem Gesichtspunkt kann im Einzelfall von Bedeutung sein, ob und in welchem Umfange der Schuldner die ohne Rechtsgrund empfangenen Beträge bestimmungsgemäß zum notwendigen Lebensunterhalt für sich und seine Familie verbraucht hat (vgl. BVerwGE 18, 72 [76 f.]).
Ein allgemeiner, nicht auf Treu und Glauben und die Umstände des Einzelfalles abstellender, Rechtsgrundsatz des Inhalts, daß ein entlassener Beamter die ihm auf Grund der aufschiebenden Wirkung seiner Anfechtungsklage einstweilen fortgezahlten Dienstbezüge ersatzlos zum notwendigen Lebensunterhalt verbrauchen und sich insoweit gegenüber der verschärften Haftung nach § 820 Abs. 1 BGB stets auf den Wegfall der Bereicherung berufen dürfe, besteht jedoch nicht. Ein solcher Rechtsgrundsatz läßt sich nicht daraus herleiten, daß bestimmungsgemäß die wegen der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels fortgezahlten Bezüge den notwendigen Lebensunterhalt des prozessierenden Beamten sichern und hierfür verbraucht werden sollen. Denn diesem Zweck dienen die tatsächlich geleisteten Zahlungen auch dann, wenn sie für den Fall rechtskräftiger Abweisung der Anfechtungsklage unter dem Vorbehalt späterer Rückforderung geleistet werden. Ihre Bestimmung ist zwar der Verbrauch, aber nicht der in jedem Falle von einer Ersatzleistung befreiende Verbrauch. Wollte man als Rechtsgrundsatz anerkennen, daß der seine Entlassung anfechtende Beamte in jedem Falle die einstweilen fortgezahlten Bezüge in Höhe des notwendigen Lebensbedarfes ohne Verpflichtung zu einer Ersatzleistung verbrauchen dürfe, so würde dies die verschärfte Haftung nach § 820 Abs. 1 BGB nahezu gegenstandslos machen. Denn die Verwaltung und auch das Gericht lassen regelmäßig die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs nur insoweit bestehen, als der prozessierende Beamte die fortzuzahlenden Bezüge für den notwendigen Lebensunterhalt benötigt. Ein solcher Rechtsgrundsatz würde den prozessierenden Beamten gegenüber dem vergleichbaren bürgerlich-rechtlichen Schuldner unangemessen privilegieren, ohne daß gesetzliche Vorschriften, insbesondere des Beamtenrechts, hierfür eine Rechtsgrundlage erkennen lassen. Ein solcher Grundsatz würde den Beamten sogar gegenüber dem der Sozialhilfe bedürftigen Staatsbürger privilegieren. Denn nach § 92 Abs. 3 des Bundessozialhilfegesetzes vom 30. Juni 1961 (BGBl. I S. 815) in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 31. August 1965 (BGBl. I S. 1027) müssen der Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt und seine Ehefrau die Kosten der ihnen gewährten Hilfe erstatten, soweit ihr späteres Einkommen oder Vermögen gewisse näher bestimmte Sätze übersteigt. Die Anerkennung eines solchen allgemeinen Rechtssatzes ist auch nicht dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Februar 1964 - BVerwG VI C 8.61 - (BVerwGE 18, 72 [76 f.]) zu entnehmen.
Das Urteil vom 21. Fehruar 1964 beruht zudem nicht auf den Erwägungen zur verschärften Haftung nach § 820 Abs. 1 BGB, sondern auf Darlegungen zur Ermessensentscheidung nach § 87 Abs. 2 Satz 3 BBG. Unter diesem für jene Entscheidung maßgebenden Gesichtspunkt ist der hier angefochtene Rückforderungsbescheid nicht zu beanstanden. Denn die in § 98 Abs. 2 Satz 3 LBG - entsprechend dem § 87 Abs. 2 Satz 3 BBG - vorgesehene Ermessensentscheidung hat der Beklagte rechtsfehlerfrei getroffen, indem er den Kläger die Tilgung der Schuld in monatlichen Raten von 75.- DM gestattete (vgl. BVerwGE 18, 72 [77]]; Urteil vom 26. Juni 1963 - BVerwG VI C 177.60 - [Buchholz BVerwG 232, § 87 BBG Nr. 11]).
Da hiernach auch die Hilfserwägungen des Berufungsgerichts jedenfalls insoweit fehlerhaft sind, als sie auf der Annahme der Unanwendbarkeit des § 820 Abs. 1 BGB beruhen, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Für eine den gesamten Rechtsstreit abschließende Revisionsentscheidung reichen die vorliegenden tatsächlichen Feststellungen nicht aus.
Abschließend läßt sich allerdings schon entscheiden, daß der Kläger die Beträge, die ihm für den Zeitraum von Oktober 1955 bis Juni 1957 gezahlt worden sind, an den Beklagten zurückzahlen muß. Denn seit Oktober 1955 war er in Unternehmungen der Privatwirtschaft mit Monatsbezügen angestellt, die anfangs brutto 400.- DM betrugen und später bis auf 530.- DM stiegen. Auch wenn man hiervon die vom Berufungsgericht angenommenen 20 v.H. für Steuern und Sozialabgaben abzieht, überstiegen seit Oktober 1955 die monatlichen Nettobezüge die zur Deckung des notwendigen Lebensbedarfs gezahlte Hälfte der Dienstbezüge. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts und das Vorbringen der Streitbeteiligten lassen keine Umstände erkennen, die nach Treu und Glauben den Rückforderungsanspruch des Beklagten für den bezeichneten Zeitraum einschränken oder ausschließen könnten.
Insoweit hat der Kläger die ihm fortgewährten Dienstbezüge zu erstatten, und zwar nicht nur die ihm unmittelbar zugerlossenen Nettobeträge, sondern auch die Beträge der für ihn abgeführten Lohnsteuern. Die im Urteil vom 29. April 1965 - BVerwG II C 41.61 - (ZBR 1966 S. 24) vertretene abweichende Auffassung gibt der Senat aus den folgenden Erwägungen auf:
Werden Dienstbezüge ohne Rechtsgrund gezahlt, so hat dies nicht ohne weiteres die Folge, daß auch die hierauf entfallende Lohnsteuer ohne Rechtsgrund an das Finanzamt abgeführt wird. Denn nach den Vorschriften des Steuerrechts sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit schon dann zu versteuern, wenn sie dem Empfänger tatsächlich zufließen, ohne Rücksicht darauf, ob er einen Rechtsanspruch auf sie hat (§ 11 Abs. 1 und § 19 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung vom 17. Januar 1952 [BGBl. I S. 33] - EStG -; § 2 Abs. 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung in der Fassung vom 10. November 1953 [BGBl. I S. 1524]; § 3 Abs. 5 Nr. 1 Buchst. a und § 5 des Steueranpassungsgesetzes vom 16. Oktober 1934 [RGBl. I S. 925] - StAnpG -) Zahlt der Empfänger die ihm ohne Rechtsgrund zugeflossenen - versteuerten - Bezüge noch im Kalenderjahr des Empfanges zurück, so läßt sich die Steuerdifferenz im Lohnsteuer-Jahresausgleich berichtigen. Zahlt der Empfänger die ihm ohne Rechtsgrund zugeflossenen Dienstbezüge nicht oder erst in einem späteren Kalenderjahr zurück, so bleiben sie für das Kalenderjahr des Empfanges steuerpflichtig. Die Rückzahlungen können dann im Kalenderjahr der Rückzahlung als "negative Einkünfte" steuerlich abgesetzt werden, so daß auf diese Weise ein steuerlicher Ausgleich erfolgt: eine Aufrollung der Steuerberechnung für das Jahr des Empfanges mit dem Ergebnis eines Erstattungsanspruchs gegen das Finanzamt findet jeaoch nicht statt (vgl. Görbing in "Der Betriebsberater" 1961 S. 92; Bunctesrinanzhor, Urteile vom 13. Dezember 1963 - VI 22/61 S - [BStBl. 1964 III S. 184] und vom 18. September 1964 - VI 244/63 U - [BStBl. 1965 III S. 11]). Deshalb kann auch der Empfänger an den Gläubiger nicht einen gegen das Finanzamt gerichteten Erstattungsanspruch abtreten.
Hieraus ergibt sich für den vorliegenden Fall, daß die Lohnsteuerschuld des Klägers für die Dienstbezüge, die er in den Jahren 1953 bis 1957 tatsächlich erhalten hat, auch nach dem Wegfall des Rechtsgrundes für diese Zahlungen bestehengeblieben ist. Die Steuerschuld für jene Jahre bleibt auch dann bestehen, wenn der Kläger die Bezüge demnächst zurückzahlt. Der Kläger kam dann aber die Rückzahlungen als "negative Einnahmen" steuerlich geltend machen und so einen steuerlichen Ausgleich erwirken. Den Wert der Bereicherung, die er in den Jahren 1953 bis 1957 dadurch erfahren hat, daß der Beklagte seine Lohnsteuerschuld tilgte, muß er gemäß § 818 Abs. 2 BGB in Höhe der gezahlten Steuern dem Beklagten ersetzen. Sollte sich nach Durchführung der Rückzahlungen ergeben, daß der Kläger einen vollen steuerlichen Ausgleich nicht erlangen kann, und sollte sich dann dieser Ausgleich nicht im Wege einer Billigkeitsregelung nach § 131 der Reichsabgabenordnung erreichen lassen, so wird zu prüfen sein, ob insoweit der Betrag der Rückforderung in Anwendung der vom Reichsgericht im Urteil vom 30. Oktober 1942 (RGZ 170, 65 [67]) entwickelten Rechtsgedanken oder des § 98 Abs. 2 Satz 3 LBG zu ermäßigen ist. Gegenwärtig bedarfes über diesen. noch nicht vorliegenden Sachverhalt keiner Entscheidung.
Bezüglich der Zahlungen, die der Kläger für die Zeit von August 1953 bis September 1955 erhalten hat, fehlen ausreichende tatsächliche Feststellungen für eine abschließende Entscheidung darüber, ob nach Treu und Glauben der volle Rückforderungsanspruch berechtigt ist. Bedenken hiergegen könnten insbesondere bestehen, wenn der Kläger - wie es in den Gründen des Berufungsurteils angedeutet wird - nach seiner Entlassung aus dem Beamtenverhältnis eine andere Anstellung deshalb nicht erlangen konnte, weil ihm der Beklagte statt der erbetenen Zeugnisse nur Dienstzeitbescheinigungen erteilt hat, wenn dieses Verhalten des Beklagten rechtswidrig war and wenn deshalb die unbeschränkte Rückforderung der für die betreffende Zeit gezahlten Bezüge treuwidrig erschiene. Dem Revisionsgericht ist es verwehrt, die insoweit noch erforderlichen tatsächlichen Feststellungen selbst zu treffen (§ 137 Abs. 2 VwGO). Um dem Berufungsgericht hierfür die Gelegenheit zu geben, ist die Sache insoweit zur anderweitigen Verhand1ung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Die Kostenentscbeidung ergibt sich, soweit die Berufung des Klägers gegen das im ersten Rechtszuge ergangene Urteil zurückgewiesen wird, aus § 154 Abs. 2 VwGO Im übrigen ist sie der Schlußentscheidung vorzubehalten.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 8 900 DM festgesetzt.