Bundesgerichtshof
Urt. v. 23.11.1995, Az.: IX ZR 18/95
Insolvenzanfechtung; Bereicherungsanspruch; Vormerkung; Nahestehende Person
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 23.11.1995
- Aktenzeichen
- IX ZR 18/95
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 15646
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 10 Abs. 1 Nr. 2 GesO
- § 13 GesO
- § 37 KO
- § 138 Abs. 2 InsO
- § 140 Abs. 2 InsO
Fundstellen
- BGHZ 131, 189 - 200
- DB 1996, 270-271 (Volltext mit amtl. LS)
- EWiR 1996, 119-120 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
- EWiR 1997, 119-120 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
- MDR 1996, 271-273 (Volltext mit amtl. LS)
- NJ 1996, 422-425 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1996, 461-464 (Volltext mit amtl. LS)
- WM 1996, 136-140 (Volltext mit amtl. LS)
- ZIP 1996, 83-88 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
1. Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung der Masse sind auch im Gesamtvollstreckungsverfahren vorab zu begleichen.
2. Der Anspruch des Anfechtungsgegners auf Ersatz von Verwendungen ist schon im Anfechtungsprozeß zu berücksichtigen.
3. Bei Rechtshandlungen, die eine Eintragung im Grundbuch erfordern, ist, wenn eine Vormerkung bindend bewilligt wird, für die Insolvenzanfechtung der Zeitpunkt maßgebend, zu dem der Antrag auf Eintragung der Vormerkung gestellt wurde.
4. Bei einer juristischen Person als Schuldner ist eine weder dem Vertretungs- oder Aufsichtsorgan angehörende noch am Kapital zu mehr als einem Viertel beteiligte natürliche Person grundsätzlich keine nahestehende Person i. S. des § 10 I Nr. 2 GesO, es sei denn, sie hat aufgrund einer dienstvertraglichen Verbindung zum Schuldner die Möglichkeit, sich über dessen wirtschaftliche Verhältnisse zu unterrichten.
Tatbestand:
Der Kläger ist Verwalter im Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der D. GmbH, Magdeburg. Er verlangt vom Beklagten im Wege der Anfechtung Herausgabe eines Grundstücks und Löschung einer Auflassungsvormerkung.
Die D. GmbH wurde am 1. Mai 1990 durch Umwandlung eines volkseigenen Betriebes errichtet und am 27. September 1990 im Handelsregister eingetragen. An ihrem Stammkapital von 500.000 DM sind der Beklagte mit einem Anteil von 2, 4 % sowie sechs weitere Gesellschafter mit Anteilen zwischen 11 und 21, 1 % beteiligt. Auf die Gesellschaft gingen bei ihrer Errichtung Verbindlichkeiten aus Altlastenkrediten in Höhe von 3.229.000 DM über. Der Abschluß für das Jahr 1990 weist einen Gewinn von 801.871 DM aus. Am 27. März 1991 beschlossen die Gesellschafter, den Gewinn in Höhe von 545.169 DM auszuschütten.
Die GmbH ist Eigentümerin der bebauten Grundstücke H. -Straße 163 und 165 in Magdeburg. Durch notariellen Vertrag vom 8. Mai 1991 verkaufte sie ein 155 m2 großes Teilgrundstück mit dem darauf stehenden Wohngebäude H.-Straße 163 an den Beklagten zum Preise von 70.000 DM. Der Kaufpreis war vor Beantragung der Eigentumsumschreibung zu zahlen und wurde bis dahin zinslos gestundet. Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr gingen sofort auf den Käufer über. Weitere Teile des Grundstücks verkaufte die Gesellschaft durch zwei Verträge vom selben Tage an andere Gesellschafter zu vergleichbaren Bedingungen.
Am 14. Februar 1992 wurde eine Auflassungsvormerkung zugunsten des Beklagten im Grundbuch eingetragen. Am 17. März 1992 wurde der Altkredit gegenüber der GmbH gekündigt. Daraufhin stellten deren Geschäftsführer sofort den Antrag, das Gesamtvollstreckungsverfahren zu eröffnen, was durch Beschluß vom 30. April 1992 geschah.
Der Kläger stützt die Anfechtung auf § 10 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GesO. Er behauptet, das Grundstück sei zu einem weit unter dem Verkehrswert liegenden Preis an den Beklagten verkauft worden, was den Vertragspartnern auch bewußt gewesen sei. Bereits bei Abschluß des Vertrages sei die Gesellschaft wegen der von ihr zu tragenden Altverbindlichkeiten überschuldet gewesen. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt, das Oberlandesgericht die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I. Der Kaufvertrag ist von beiden Teilen nicht vollständig erfüllt worden; daraus ergibt sich jedoch für den Kläger kein Anspruch. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 GesO kann der Gläubiger, zu dessen Gunsten eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen ist, vom Verwalter die Erfüllung des gesicherten Anspruchs verlangen. Diese durch das Hemmnisbeseitigungsgesetz vom 22. März 1991 (BGBl. 1991 I 766) eingefügte Vorschrift übernimmt inhaltlich die Regelung des § 24 KO für das Gesamtvollstreckungsverfahren (Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 12/449 S. 15; Landfermann ZIP 1991, 826, 827 f). Das Recht des Verwalters, die Erfüllung eines gegenseitigen Vertrags abzulehnen, berührt den vorgemerkten Anspruch nicht. Die Klage hat deshalb nur Erfolg, wenn die Anfechtung der Rechtshandlung nach § 10 GesO durchgreift.
II. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der Kläger könne die Anfechtung auf § 10 Abs. 1 Nr. 2 GesO stützen. Der Beklagte sei als Gesellschafter eine der Gemeinschuldnerin nahestehende Person im Sinne dieser Vorschrift. Trotz der geringen Beteiligung am Stammkapital habe der Beklagte in der Gemeinschuldnerin keine untergeordnete Rolle gespielt. Die Verbundenheit des Beklagten zur Gemeinschuldnerin und die daraus gewonnenen Kenntnisse seien besonders in seiner Mitwirkung an den Gesellschafterversammlungen vom 7. Januar und 27. März 1991 zum Ausdruck gekommen, in denen die später realisierten Verträge sowie die Gewinnverteilung besprochen worden seien. Es sei auch deshalb gerechtfertigt, den Beklagten als nahestehende Person zu behandeln, weil § 5 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages die Zustimmung aller Gesellschafter für eine Vielzahl von Rechtsgeschäften vorsehe.
Gegen diese Erwägungen wendet sich die Revision zu Recht.
1. Der Senat hat in dem nach Erlaß der angefochtenen Entscheidung verkündeten Urteil vom 6. April 1995 (IX ZR 61/94, ZIP 1995, 1021, 1024 f., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) ausgeführt, der Begriff der "nahestehenden Person" in § 10 Abs. 1 Nr. 2 GesO sei in dem Sinne verwendet worden, wie er von der Kommission zur Reform des Insolvenzrechts entwickelt worden ist und in die §§ 143-145 des Referentenentwurfs der Insolvenzordnung (RefE-InsO) Eingang gefunden hat. Dieses Merkmal ist daher in Anlehnung an den RefE-InsO sowie § 138 InsO auszulegen (vgl. amtliche Begründung der Bundesregierung zu § 153 des Regierungsentwurfs zur InsO (RegE-InsO) , BT-Drucks. 12/2433 S. 162; Landfermann, Festschrift F. Merz S. 367, 378, 382; Lübchen/Landfermann ZIP 1990, 829, 834 m. Fn. 36; Haarmeyer/Wutzke/Förster, GesO 3. Aufl. § 10 Rdnr. 61-63; Gottwald/Huber, Nachtrag GesO zum Insolvenzrechts-Handbuch Kap. III 7 B Rdnr. 9; Smid/Zeuner, GesO 2. Aufl. Rdnr. 54-56). Danach sind bei einer juristischen Person als Gemeinschuldnerin die Mitglieder des Vertretungs- oder Aufsichtsorgans sowie die zu mehr als einem Viertel am Kapital der Gesellschaft Beteiligten "nahestehende Personen", außerdem diejenigen, die aufgrund einer vergleichbaren gesellschaftsrechtlichen oder dienstvertraglichen Verbindung zum Schuldner die Möglichkeit haben, sich über dessen wirtschaftliche Verhältnisse zu unterrichten (§ 138 Abs. 2 Nr. 1 und 2 InsO; §§ 144 Abs. 1 Nr. 1, 145 Nr. 1 RefE-InsO). Mit der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 2 GesO soll die Anfechtung gegenüber Personen erleichtert werden, die aufgrund ihrer rechtlichen Verbindung zur Gemeinschuldnerin die Möglichkeit hatten, umfassende Informationen über deren wirtschaftliche Verhältnisse zu erhalten. Bei Gesellschaftern, denen weniger als ein Viertel des Stammkapitals gehört, kann nicht allgemein angenommen werden, daß entsprechende Voraussetzungen in ihrer Person erfüllt sind (vgl. Begründung zu § 144 RefE-InsO).
2. Der Beklagte war nicht Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin und besaß lediglich einen Kapitalanteil von 2, 4 %. Die nach § 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO maßgeblichen Merkmale sind daher in seiner Person nicht erfüllt. Der Kläger hat auch keine gesellschaftsrechtliche oder dienstvertragliche Verbindung im Sinne des § 138 Abs. 2 Nr. 2 InsO zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten aufgezeigt, die ihm die Möglichkeit gab, sich über deren wirtschaftliche Verhältnisse zu unterrichten.
a) Für Gesellschafter, die nicht dem Vertretungs- oder Aufsichtsorgan der juristischen Person angehören, hat das neue Recht mit der nach § 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO geltenden 25 %-Beteiligung eine generelle Grenze gezogen; denn die Vorschrift stellt auf eine solche Beteiligung auch bei Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit ab, obwohl in einer Kommanditgesellschaft, die dem gesetzlichen Leitbild entspricht, der Kommanditist mit einer Beteiligung von weniger als einem Viertel wegen des Einstimmigkeitsprinzips genauso viele Rechte hat wie der Mehrheitsgesellschafter. Anders als etwa § 23 Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 GWB, der für den Begriff des Zusammenschlusses von der Rechtsstellung eines Aktionärs mit mehr als 25 % des stimmberechtigten Kapitals ausgeht und deshalb einen aufgrund einer umfassenden Gesamtabwägung vorzunehmenden Vergleich verlangt, ob dem Erwerber eine entsprechende Einflußmöglichkeit eingeräumt wurde (vgl. BGHZ 102, 180, 185 ff; 121, 137, 151 ff), läßt § 138 Abs. 2 InsO aus Gründen der Rechtsklarheit für eine entsprechende Wertung unter Einbeziehung aller gesellschaftsrechtlichen Befugnisse im Einzelfall keinen Raum. Das zeigt auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift des Abs. 2 Nr. 2. Sie soll mit dem Merkmal der gesellschaftsrechtlichen Verbindung lediglich die von der Gemeinschuldnerin abhängigen Unternehmen sowie die Unternehmen, von denen die Gemeinschuldnerin ihrerseits abhängig ist, erfassen. Für diese rechtliche Verbindung war im RefE-InsO und im RegE-InsO jeweils eine gesonderte Bestimmung enthalten. Beide Entwürfe sahen als gesellschaftsrechtlich nahestehende natürliche Personen nur solche an, die zu den Mitgliedern des Vertretungs- oder Aufsichtsorgans gehören oder eine Kapitalbeteiligung von mehr als einem Viertel besitzen (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 und 2 RefE-InsO, § 154 Abs. 1 Nr. 1 u. 2 RegE-InsO). Diese Regelung wurde in § 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO ohne inhaltliche Änderung übernommen (vgl. Begründung des Rechtsausschusses zu § 138 Abs. 2 InsO, abgedr. in Kübler/Prütting, Das neue Insolvenzrecht Bd. I S. 354).
Ob der Gesellschafter einer GmbH als nahestehende Person im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 GesO anzusehen ist, hängt daher nicht davon ab, in welchem Umfang Rechtsgeschäfte der Geschäftsführer nach dem Gesellschaftsvertrag der Zustimmung aller Gesellschafter bedürfen. Daraus, daß die Geschäftsführer nach § 5 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages im Innenverhältnis für zahlreiche Rechtsgeschäfte die Zustimmung aller Gesellschafter benötigten, insbesondere für Miet- und Pachtverträge, Darlehen, Bürgschaften, Spekulationsgeschäfte, Anschaffungen oder Veräußerungen im Werte von mehr als 50.000 DM sowie für Anstellungsverträge mit langen Kündigungsfristen und die Erteilung der Prokura, ergibt sich keine gesellschaftsrechtliche Verbindung des Beklagten zur Schuldnerin, die eine Anfechtung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 GesO ermöglicht.
b) Nahestehende Person im Sinne dieser Vorschrift ist jedoch auch derjenige, der aufgrund einer dienstvertraglichen Verbindung zum Schuldner die Möglichkeit hat, sich über dessen wirtschaftliche Verhältnisse zu informieren (§ 138 Abs. 2 Nr. 2 InsO). Nach § 7 Abs. 5 der Satzung der Schuldnerin hatte jeder Gesellschafter einen Arbeitsvertrag mit der GmbH abzuschließen. Der Kläger hat jedoch nicht vorgetragen, daß der Beklagte infolge dieses Rechtsverhältnisses entsprechende Unterrichtungsmöglichkeiten besaß.
III. Das Berufungsgericht meint, die Anfechtung sei auch nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 GesO begründet. Die objektive Gläubigerbenachteiligung liege darin, daß als Kaufpreis nur 70.000 DM vereinbart wurden, während der Verkehrswert damals 213.000 DM betragen habe. Dies ergebe sich aus dem gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten. Die Gemeinschuldnerin habe in Gläubigerbenachteiligungsabsicht gehandelt. Ihre Geschäftsführer hätten die Höhe der Altkredite gekannt. Deren Entschuldung sei ungewiß gewesen, weil die Entscheidung über eine Ausfallbürgschaft noch ausgestanden habe. Die Behauptung des Beklagten, die Treuhandanstalt habe eine Entschuldung zugesagt, sei in sich widersprüchlich und unsubstantiiert. Die Gemeinschuldnerin habe gewußt, daß sie das Grundstück weit unter Wert verkaufe. Das ergebe sich aus der hohen Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Verkehrswert sowie dem Gesellschafterbeschluß vom 7. Januar 1990 (richtig: 1991), die Grundstücke zum Buchwert zu veräußern. Außerdem habe der Beklagte bisher lediglich 8.031, 45 DM als Kaufpreis angezahlt, obwohl er seit dem 8. Mai 1991 jährliche Mieteinnahmen von 24.588 DM erzielt habe. Deren Summe stehe in auffallendem Verhältnis zum Kaufpreis.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht eine objektive Gläubigerbenachteiligung bejaht hat. Nach den tatrichterlichen Feststellungen hatte das an den Beklagten verkaufte Grundstück einen Verkehrswert von 213.000 DM. Die dagegen erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft, jedoch nicht für durchgreifend erachtet; von einer Begründung wird abgesehen (§ 565 a ZPO). Demnach ist der Wert der Konkursmasse durch den Vertrag sowie die zugunsten des Beklagten eingetragene Vormerkung, aufgrund derer der Berechtigte die Erfüllung des Anspruchs verlangen kann (§ 9 Abs. 1 Satz 3 GesO), geschmälert. Dies ergibt sich im übrigen auch daraus, daß für eine Anfechtung nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 GesO - entsprechend § 31 Nr. 1 KO - eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung genügt und das Grundstück im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatrichter unstreitig einen höheren Wert als 70.000 DM hatte.
2. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht eine Benachteiligungsabsicht der Gemeinschuldnerin bejaht hat, ist dagegen von Verfahrensfehlern beeinflußt.
a) Das Berufungsgericht geht im rechtlichen Ansatz zutreffend davon aus, daß die Gemeinschuldnerin in der Absicht, die Gläubiger zu benachteiligen, gehandelt hat, wenn sie die Benachteiligung als Folge ihres Handelns erkannt und gebilligt hat. Beweggrund und Endzweck der Rechtshandlung müssen nicht darin bestehen, den Zugriff anderer Gläubiger auf das Vermögen zu verhindern. Vielmehr genügt insoweit bedingter Vorsatz, der zu bejahen ist, wenn der Schuldner das Bewußtsein hatte, seine Handlungsweise könne sich zum Nachteil anderer Gläubiger auswirken, und er diese Folge in Kauf genommen hat (BGH, Urt. v. 23. Mai 1985 - IX ZR 124/84, ZIP 1985, 1008, 1009; v. 18. April 1991 - IX ZR 149/90, ZIP 1991, 807, 808).
b) Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, hat grundsätzlich der Tatrichter aufgrund des Gesamtergebnisses der mündlichen Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme gemäß § 286 ZPO zu entscheiden. Dabei braucht das Urteil zwar nicht auf jeden einzelnen Punkt ausführlich einzugehen, es muß jedoch erkennen lassen, daß das entscheidungserhebliche Vorbringen erschöpfend berücksichtigt und gewürdigt ist (BGH, Urt. v. 18. April 1991 - IX ZR 149/90, ZIP 1991, 807, 809; v. 12. November 1992 - IX ZR 236/91, ZIP 1993, 276, 278). Die Revision beanstandet zu Recht, daß das angefochtene Urteil diesen Anforderungen nicht genügt.
aa) Der Beklagte hat unter Beweisantritt behauptet, vor Abschluß des Kaufvertrages sei ein in Magdeburg ansässiger Makler eingeschaltet worden, der den vereinbarten Kaufpreis als oberste erzielbare Grenze angegeben habe. Das Berufungsgericht hat sich mit diesem Vorbringen hinsichtlich seiner Bedeutung für die subjektive Seite des Schuldners nicht auseinandergesetzt. Trifft die Behauptung des Beklagten zu, könnte das Zweifel an der Benachteiligungsabsicht begründen.
bb) Entsprechendes gilt, wenn sich die ebenfalls unter Beweis gestellte Behauptung des Beklagten bestätigen sollte, ungefähr um dieselbe Zeit sei ein Hausgrundstück an derselben Straße, für das die Treuhandanstalt Magdeburg ursprünglich 600 DM/m2 verlangt habe, für 80 DM/m2 veräußert worden; denn der Beklagte behauptet, ein entsprechender Preis sei auch für das streitbefangene Grundstück angemessen gewesen, während der gerichtliche Sachverständige einen Verkehrswert von 450 DM/m2 angesetzt hat. Die Zurückweisung des Beweisangebots mit der Begründung, es sei nicht ansatzweise vorgetragen, daß beide Grundstücke gleichwertig seien, wird dem erkennbaren Sinn des Parteivortrags nicht gerecht. Schon aus dem Hinweis auf die räumliche Nähe zwischen beiden Grundstücken - die Belegenheit an derselben Straße - war zu erkennen, daß sie nach Auffassung des Beklagten in dem erforderlichen Maße vergleichbar waren. Etwaige Zweifel hätte das Berufungsgericht ausräumen müssen, indem es von seinem Fragerecht Gebrauch machte (§ 139 ZPO).
cc) Das Berufungsgericht setzt sich auch nicht in der erforderlichen Weise mit dem von der Gemeinschuldnerin eingeholten, am 27. Dezember 1990 erstatteten Gutachten des Sachverständigen Bergmann auseinander, das einen Verkehrswert des Grundstücks von 91.500 DM ermittelt hat. Dieser Wert liegt zwar immerhin 30 % über dem Kaufpreis. Da aber nach der Darstellung des Beklagten zusätzlich ein Makler eingeschaltet wurde und der Sachverständige Bergmann weitaus niedrigere Reparaturkosten als der gerichtliche Sachverständige ermittelt hat, kann auch dieses Gutachten, gerade wegen der damaligen Bewertungsunsicherheiten auf dem Grundstücksmarkt in den neuen Bundesländern, für die Beurteilung der subjektiven Seite der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin Bedeutung gewinnen. In der ersten Zeit nach der Herstellung der deutschen Einheit erwies sich die Bewertung bebauter Grundstücke häufig als besonders schwierig, weil es an hinreichenden Erfahrungswerten oder geeigneten Richtlinien fehlte und die weitere gesamtwirtschaftliche Entwicklung noch ungewiß erschien. Hat die Schuldnerin vor Abschluß des Vertrages mit dem Beklagten die behaupteten Erkundigungen zum Verkehrswert eingeholt, war sie daher möglicherweise der Auffassung, sie verkaufe das Grundstück zu einem marktgerechten Preis.
c) Dagegen hat nach dem bisherigen Sach- und Streitstand die Feststellung des Berufungsgerichts Bestand, die Geschäftsführer der Schuldnerin hätten gewußt, daß die Entschuldung hinsichtlich der Altkredite ungewiß sei. Dies ergibt sich unmittelbar aus dem vom 30. April 1991 datierenden Lagebericht des Geschäftsführers F. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch das Vorbringen des Beklagten hinsichtlich der angeblichen Zusagen der Treuhandanstalt als unerheblich gewertet. Die Behauptung, eine entsprechende Zusage habe noch bei Vertragsschluß am 8. Mai 1991 bestanden, genügt - abgesehen davon, daß die Darstellung nicht hinreichend substantiiert ist - schon deshalb nicht, weil es rechtlich auf einen späteren Zeitpunkt ankommt (dazu unten IV). Im übrigen steht dieses Vorbringen in unvereinbarem Widerspruch damit, daß der Beklagte zugleich erklärt hat, schon mit Abschluß des Einigungsvertrages sei in diesem Punkt eine Wendung im Verhalten der Treuhand eingetreten.
3. Die zu 2 b dargelegten Rechtsfehler beeinträchtigen in gleicher Weise die Feststellungen zur Kenntnis des Beklagten von einer Benachteiligungsabsicht der Gemeinschuldnerin.
IV. Das angefochtene Urteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis zutreffend.
1. Das Berufungsgericht befaßt sich nicht näher mit der Frage, auf welchen Zeitpunkt es für die Feststellung der Benachteiligungsabsicht ankommt. Die Begründung deutet jedoch darauf hin, daß es auf den Tag des Kaufvertrages (8. Mai 1991) abgestellt hat. Dies erweist sich als rechtsfehlerhaft. Maßgeblich ist vielmehr der Tag, an dem der Antrag auf Eintragung der Auflassungsvormerkung gestellt wurde.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Recht der Konkursordnung und des Anfechtungsgesetzes ist bei einem aus mehreren Teilen zusammengesetzten Rechtsgeschäft auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der das Rechtsgeschäft vollendende Akt stattfindet, bei Grundstücksgeschäften also auf den Zeitpunkt der Eintragung des Erwerbers im Grundbuch (BGHZ 99, 274, 286; 113, 393, 394 f. [BGH 28.02.1991 - IX ZR 74/90]; BGH, Urt. v. 18. Dezember 1986 - IX ZR 11/86, ZIP 1987, 439, 443; v. 24. März 1988 - IX ZR 118/87, ZIP 1988, 585; v. 15. Dezember 1994 - IX ZR 153/93, ZIP 1995, 134, 136); das gilt auch für die Frage, ob der Gemeinschuldner mit Benachteiligungsabsicht gehandelt und der Anfechtungsgegner diese gekannt hat (BGHZ 41, 17; BGH, Urt. v. 13. November 1961 - VIII ZR 58/60, WM 1961, 1371; v. 31. Oktober 1962 - VIII ZR 133/61, WM 1962, 1369, 1371; v. 15. Dezember 1982 - VIII ZR 264/81, ZIP 1983, 32, 33). Demgegenüber soll nach einer in der Literatur verbreiteten Ansicht allein entscheidend sein, wann der Erwerber eine konkursfeste Rechtsposition erlangt hat (Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 30 Rdnr. 94 ff., § 31 Rdnr. 17; Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 29 Rdnr. 10, 10 a, § 31 Rdnr. 11; jeweils m.w.N.). Die Gesamtvollstreckungsordnung hat diese Frage in § 10 Abs. 3 geregelt. Ist für das Wirksamwerden einer Rechtshandlung eine Eintragung im Grundbuch erforderlich, so gilt die Handlung bereits als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem die übrigen Voraussetzungen für die Wirksamkeit erfüllt sind, die vom Schuldner abgegebene Willenserklärung für ihn bindend geworden ist und der andere Teil die Eintragung beantragt hat. Das neue Insolvenzrecht enthält ebenfalls eine entsprechende Vorschrift (§ 140 Abs. 2 InsO). Maßgeblich dafür war die Erwägung, daß bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen eine Rechtsposition erworben wird, die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr beeinträchtigt werden kann (vgl. amtliche Begründung zu § 140 InsO, abgedruckt in Kübler/Prütting, aaO. S. 357 unter Hinweis auf § 878 BGB).
Die Bestimmung des § 10 Abs. 3 GesO wurde ebenfalls durch das Hemmnisbeseitigungsgesetz vom 22. März 1991 eingeführt. Gerade unter den besonderen Verhältnissen der neuen Bundesländer vergeht häufig ein erheblicher Zeitraum zwischen dem Eingang des Antrags beim Grundbuchamt und der Eintragung. Hieraus sollen dem Erwerber keine Nachteile entstehen. Die Gesetzesänderung bezweckte somit, die Übertragung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dazu, welcher Zeitpunkt für die Anfechtung von Grundstücksgeschäften nach der Konkursordnung maßgeblich ist, auf das Gesamtvollstreckungsverfahren zu verhindern (Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 12/449 S. 16; Landfermann ZIP 1991, 826, 828).
b) Entgegen der Auffassung von Haarmeyer/Wutzke/Förster (aaO., § 10 Rdnr. 47) hat diese Gesetzesänderung zur Folge, daß es bei Sicherung von Ansprüchen durch Vormerkung insoweit ebenfalls auf den Zeitpunkt der Antragstellung und nicht denjenigen der Eintragung im Grundbuch ankommt.
Auf die Bewilligung einer Vormerkung findet § 878 BGB entsprechende Anwendung, weil die Vormerkung eine dingliche Gebundenheit des von ihr betroffenen Grundstücks bewirkt (BGHZ 28, 182, 185 f.). Da die Vormerkung eine im Gesamtvollstreckungsverfahren zu beachtende Rechtsposition begründet (§ 9 Abs. 1 Satz 3 GesO) und nach dem Inhalt der in § 10 Abs. 3 GesO normierten Regelung gerade darauf abzustellen ist, ob der Anfechtungsgegner bereits etwas erlangt hat, was durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr beeinträchtigt werden kann, gilt hier nichts anderes als hinsichtlich des dinglichen Rechts, auf das sich die Vormerkung bezieht. Haarmeyer/Wutzke/Förster berufen sich darauf, daß § 140 Abs. 2 Satz 2 InsO die Frage ausdrücklich regelt und eine entsprechende Vorschrift in der GesO fehlt. Dabei ist indes nicht beachtet, daß es in § 140 Abs. 2 InsO einer gesonderten Vorschrift deshalb bedarf, weil Satz 1 nur Anträge auf Eintragung der Rechtsänderung behandelt. § 10 Abs. 3 GesO hat diesen Begriff nicht übernommen, sondern, indem die Norm allgemein auf den Eintragungsantrag abstellt, schon vom Wortlaut her auch die Vormerkung einbezogen. Die Zielrichtung der §§ 9 Abs. 1 Satz 3, 10 Abs. 3 GesO deckt sich zudem vollkommen mit derjenigen der nach der Insolvenzordnung vorgesehenen Regelung; die Gesetzesnovellierung hat für die neuen Bundesländer ein Anliegen der Insolvenzreform bereits verwirklicht.
2. Die Folge, daß hinsichtlich der Benachteiligungsabsicht und deren Kenntnis auf einen späteren Zeitpunkt als den des Vertragsschlusses abzustellen ist, wirkt sich jedoch nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand rechtlich nicht aus; denn es ist bisher nicht erkennbar, ob die Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin, als der Antrag nach bindender Bewilligung der Vormerkung beim Grundbuchamt gestellt wurde, hinsichtlich der hier maßgeblichen Umstände mehr wußten als bei Vertragsschluß. Im übrigen ist bisher nicht einmal bekannt, wann der Antrag auf Eintragung der Vormerkung beim Grundbuchamt eingegangen ist.
V. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 564, 565 Abs. 1 ZPO).
1. Dieses wird zunächst das für die Beurteilung der Benachteiligungsabsicht und deren Kenntnis bedeutsame Vorbringen beachten und die angebotenen Beweise erheben müssen. Der Beklagte hat Gelegenheit, sein Vorbringen dazu, welche Aussichten für die Gesellschaft bestanden, von den Altverbindlichkeiten befreit zu werden, gegebenenfalls zu ergänzen und auch näher zu erläutern, warum die Gemeinschuldnerin auf diese Verbindlichkeiten 1990 und 1991 keine Zinsen zu zahlen brauchte.
2. Für den Fall, daß das Berufungsgericht wiederum zu dem Ergebnis gelangt, der Kläger habe den nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 GesO zu führenden Beweis erbracht, weist der Senat auf folgendes hin:
Da die Anfechtung nur die Minderung des haftenden Schuldnervermögens ausgleichen soll, dürfen werterhöhende Aufwendungen des Anfechtungsgegners der Masse nicht zugute kommen. Dieser in der Konkursordnung nicht ausdrücklich normierte, aber allgemein anerkannte Grundsatz (BGH, Urt. v. 27. Februar 1992 - IX ZR 79/91, ZIP 1992, 493, 494; Jaeger/Henckel, aaO. § 37 Rdnr. 122; Gerhardt/Kreft, Aktuelle Probleme der Insolvenzanfechtung 6. Aufl. S. 161; Kuhn/Uhlenbruck, aaO. § 37 Rdnr. 5 a) gilt im Gesamtvollstreckungsverfahren gleichermaßen (Gottwald/Huber, aaO. S. 88; Haarmeyer/Wutzke/Förster, aaO. § 10 Rdnr. 113; Smid, aaO. § 10 Rdnr. 13).
Der Anspruch des Anfechtungsgegners auf Ersatz der Verwendungen ist nach der Konkursordnung ein Masseschuldanspruch (§ 59 Abs. 1 Nr. 4 KO), der damit - anders als bei Ansprüchen aus § 7 AnfG (dazu BGH, Urt. v. 27. März 1984 - IX ZR 49/83, NJW 1984, 2890, 2893) - bereits im Anfechtungsprozeß zu berücksichtigen ist, wenn der Gegner sich auf ihn beruft (Jaeger/Henckel, aaO. Rdnr. 123; Kilger/K. Schmidt, aaO. § 37 Anm. 4; Kuhn/Uhlenbruck, aaO.). § 13 GesO erwähnt Ansprüche wegen rechtloser Bereicherung der Masse nicht. Entgegen der Ansicht des LG Dresden (ZIP 1993, 1269) kann daraus nicht abgeleitet werden, daß der Bereicherungsgläubiger seinen Anspruch nur als einfache Gesamtvollstreckungsforderung geltend machen darf. Es gibt keinen einsichtigen Grund, der Gesamtheit der Gläubiger einen Vermögensgegenstand zur Verfügung zu stellen, der sich objektiv zu Unrecht in der Masse befindet. Auch nach dem zukünftig geltenden Recht sind solche Ansprüche vorab aus der Masse zu begleichen (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO). Die nur fragmentarische Regelung der Gesamtvollstreckungsordnung ist daher zur Vermeidung sachwidriger, objektiv willkürlicher Ergebnisse in diesem Punkt durch entsprechende Anwendung des § 59 Abs. 1 Nr. 4 KO zu ergänzen (im Ergebnis ebenso LG Meiningen ZIP 1995, 1690 m. zust. Anm. Pape EWiR 1995, 885; Haarmeyer/Wutzke/Förster, aaO. § 13 Rdnr. 23 a ff; Lüke WuB VI H. § 13 GesO 1.94). Der Anfechtungsanspruch des Konkursverwalters bemißt sich daher bei Investitionen des Anfechtungsgegners in den anfechtbar erworbenen Gegenstand nach der Gesamtvollstreckungsordnung nicht anders als bei gemäß § 37 KO geltend gemachten Ansprüchen.
Der Beklagte hat sich hier wegen behaupteter Aufwendungen von 30.000 DM für das Haus auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen. Diese Einrede ist beachtlich, sofern die Aufwendungen den Wert des Grundstücks erhöht haben oder ohne die anfechtbare Handlung notwendigerweise bei der Masse angefallen wären (vgl. BGH, Urt. v. 18. April 1991 - IX ZR 149/90, ZIP 1991, 807, 810) , was der Beklagte zu beweisen hat.