Bundesgerichtshof
Urt. v. 29.04.1993, Az.: IX ZR 215/92
Vermögensübernahme; Treuhand; Liquidationsvergleich; Vermögensübertragung; Vergleichsverfahren
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 29.04.1993
- Aktenzeichen
- IX ZR 215/92
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1993, 15394
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlage
Fundstellen
- BGHZ 122, 297 - 308
- BB 1993, 1164-1167 (Volltext mit amtl. LS)
- DB 1993, 1509-1510 (Volltext mit amtl. LS)
- JR 1994, 104-108
- JurBüro 1993, 590 (Kurzinformation)
- MDR 1993, 863 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1993, 1851-1854 (Volltext mit amtl. LS)
- WM 1993, 1137-1140 (Volltext mit amtl. LS)
- ZIP 1993, 930-933 (Volltext mit amtl. LS)
- ZIP 1993, A65-A66 (Kurzinformation)
Amtlicher Leitsatz
§ 419 BGB findet keine Anwendung, wenn der Schuldner sein Vermögen zum Zweck der Verwertung für seine Gläubiger ohne deren Zustimmung außergerichtlich auf einen Treuhänder überträgt. Das gilt grundsätzlich auch, wenn Vermögensübertragungen während eines nach bestätigtem Liquidationsvergleich fortgesetzten Vergleichsverfahrens unter der aufschiebenden Bedingung der Aufhebung des Verfahrens nach § 96 VII VglO vereinbart wird und diese Bedingung eintritt.
Tatbestand:
Die Klägerin ist Gläubigerin des Architekten E. M. Dieser hatte Vermögen in Deutschland und Kanada. Er geriet in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Durch Beschluß des Amtsgerichts Aachen vom 1. Juni 1984 wurde das Vergleichsverfahren über sein Vermögen eröffnet. Entsprechend dem durch das Gericht am 20. August 1984 bestätigten Vergleichsvorschlag überließ der Schuldner sein gesamtes inländisches Vermögen den am Vergleich beteiligten Gläubigern zur Verwertung und setzte außerdem seine in Kanada gelegenen Beteiligungsgesellschaften, Forderungsrechte gegenüber diesen Gesellschaften und etwaige Erlöse aus der Verwertung dieser Rechte zum Ausgleich der von dem Vergleich betroffenen Forderungen ein. Soweit die Vergleichsforderungen einschließlich der nach Eröffnung des Vergleichsverfahrens fällig gewordenen Zinsen durch die Verwertung dieser Vermögenswerte von insgesamt ca. 150 Mio DM nicht gedeckt waren, wurden sie dem Schuldner erlassen; doch erstreckte sich der Erlaß nicht auf den an 35 % der Vergleichsforderungen fehlenden Betrag. Der Schuldner erteilte dem Vergleichsverwalter Vollmacht, das Vermögen zu verwerten. Das Vergleichsverfahren wurde nach der Vergleichsbestätigung fortgesetzt.
Am 2. Oktober 1987 berichtete der Vergleichsverwalter dem Gericht, daß es nicht gelungen sei, das Vermögen des Schuldners vollständig zu verwerten. Laut der dem Bericht beigefügten Aufstellung betrug der Wert der nach Bilanzansätzen ermittelten freien Masse 5748439, 28 DM. 35 % der noch offenen Forderungen der Vergleichsgläubiger beliefen sich insgesamt auf 344387, 25 DM. 10 % ihrer Forderungen wurden in der Folgezeit an die Vergleichsgläubiger ausgekehrt. Die restlichen 25 % betrugen 246723, 20 DM.
Durch notariellen Vertrag vom 17. Oktober 1987 zwischen dem Vergleichsverwalter, der zugleich als Vertreter ohne Vertretungsmacht für den Schuldner handelte, dem Beklagten und dessen Sozius G. wurden das verbliebene Vergleichsvermögen sowie Forderungen des Schuldners, die nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens entstanden waren, auf den Beklagten als Treuhänder übertragen. Dieser sollte das Vermögen verwerten und den Erlös nach Abzug der Kosten für etwaige Prozesse und der ihm zugesprochenen Vergütung "gemäß konkursrechtlicher Rangordnung verteilen". Die Vergütung sollte mindestens das Fünffache der Regelvergütung eines Konkursverwalters betragen und sich nach dem verbliebenen Aktivvermögen ohne Abzug der Verbindlichkeiten bemessen. Allen aus dem Vertrag forderungsberechtigten Gläubigern wurde im Wege eines Vertrages zugunsten Dritter ein Anspruch gegen den Beklagten eingeräumt. Der Vertrag sollte mit Rechtskraft des das Vergleichsverfahren aufhebenden Gerichtsbeschlusses wirksam werden und bis dahin als aufschiebend bedingt gelten. Soweit in der Urkunde bedingungsfeindliche Rechtsgeschäfte vorgesehen waren, sollte eine Durchführungsvollmacht dazu ermächtigen, diese Rechtsgeschäfte bedingungslos zu wiederholen. Der Schuldner genehmigte den Vertrag, nachdem Rechtsanwalt G. ihm mit Schreiben vom 26. Oktober 1987 "zu seiner Sicherstellung" im eigenen Namen, im Namen des Vergleichsverwalters und des Beklagten erklärt hatte, daß die rückständigen anerkannten Forderungen der Vergleichsgläubiger und die Forderungen des Finanzamtes vorrangig vor den Vergütungsansprüchen des Treuhänders aus dem Treuhandvermögen zu bezahlen seien.
Durch Beschluß vom 18. Dezember 1987 hob das Amtsgericht das Vergleichsverfahren auf, weil der bestätigte Vergleich fast vollständig erfüllt und die Rückstände in der Erfüllung verhältnismäßig geringfügig seien.
Mit Schreiben vom 8. März 1991 teilte der Beklagte der Klägerin mit, die Erlöse aus dem ihm übertragenen Vermögen hätten nicht einmal die Kosten des Treuhandverfahrens gedeckt. Ausschüttungen an die Vergleichsgläubiger seien daher nicht möglich. Er habe dem Schuldner Schlußrechnung erteilt. Damit sei das Verfahren erledigt.
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten 53014, 17 DM nebst Zinsen, das sind 25 % ihrer ursprünglichen Forderungen gegen den Schuldner. Sie stützt ihren Anspruch vornehmlich auf den Vertrag vom 17. Oktober 1987 und auf § 419 BGB. Der Beklagte macht geltend, die Bilanzansätze hätten sich nicht realisieren lassen. Aus dem notariellen Vertrag vom 17. Oktober 1987 stünde der Klägerin kein Anspruch auf eine Befriedigung mit Vorrang vor seinen Vergütungsansprüchen zu. § 419 BGB finde keine Anwendung. Er sei als Sachwalter im Sinn von § 92 VerglO mit der entsprechenden Haftungsfreistellung gemäß Abs. 5 tätig geworden. Auf jeden Fall gehe der Treuhandvertrag mit seinen detaillierten Regelungen der Bestimmung des § 419 BGB vor.
Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte den Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision bleibt ohne Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch nach § 419 BGB zu. Der Beklagte habe in Kenntnis der Vermögensverhältnisse des Schuldners dessen Vermögen jedenfalls zu seinen ganz wesentlichen Teilen vertraglich übernommen. Seine Stellung als Treuhänder mit der Aufgabe, die Verwertungserlöse gleichmäßig auf die Gläubiger zu verteilen, stehe der Anwendung von § 419 BGB ebensowenig entgegen wie der Umstand, daß er das Vermögen aus den Händen des Vergleichsverwalters erhalten habe. § 92 Abs. 5 VerglO sei im Streitfall weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden. Der Beklagte sei nicht Sachwalter gewesen, und es fehle an einem gesetzlich geordneten Verfahren. Die Vergleichsgläubiger hätten auf die Bestellung des Beklagten keinen Einfluß gehabt, und er habe bei der Erfüllung seiner Pflichten keiner Aufsicht unterlegen.
II. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Überprüfung stand.
1. Die Klage ist aus § 419 BGB begründet. Es kann deshalb auf sich beruhen, ob und in welcher Höhe die Klägerin ihre Ansprüche auch auf den Treuhandvertrag stützen kann.
a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte "durch Vertrag das Vermögen des Vergleichsschuldners M. jedenfalls zu seinen ganz wesentlichen Teilen übernommen." Daraus ist zu entnehmen, daß die dem Beklagten aufgrund des Vertrages vom 17. Oktober 1987 übertragenen Vermögensgegenstände zum damaligen Zeitpunkt nahezu das gesamte Vermögen des Schuldners ausmachten. Die Revision tritt dem mit dem Hinweis entgegen, aus den Darlegungen der Klägerin in der Klageschrift ergebe sich allenfalls, wie sich die Vermögensverhältnisse zum Zeitpunkt der Vergleichsbestätigung (am 20. August 1984) gestaltet hätten. Es fehle indes jede Darlegung, daß diese Vermögensverhältnisse noch zum Zeitpunkt des Abschlusses des Treuhandvertrages fortgedauert hätten.
Diese Rüge bleibt ohne Erfolg. Bei der Feststellung des Berufungsgerichts handelt es sich ungeachtet dessen, daß sie sich in den Entscheidungsgründen befindet, um eine Tatbestandsangabe. Eine etwaige Unrichtigkeit des Tatbestandes kann nur im Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO behoben werden. Eine Verfahrensrüge nach § 554 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b ZPO, die - wie hier - auf ein nur allgemein in Bezug genommenes schriftsätzliches Vorbringen gestützt wird, kommt zur Richtigstellung eines derartigen Mangels nicht in Betracht (BGH, Urt. v. 23. Juni 1959 - VI ZR 83/58, VersR 1959, 853, 854; v. 18. Oktober 1962 - II ZR 47/61, WM 1962, 1289, 1290; v. 20. September 1983 - VI ZR 111/82, VersR 1983, 1160, 1161; v. 15. Juni 1989 - VII ZR 14/88, BGHR ZPO § 314 - Unrichtigkeit 1, insoweit in BGHZ 108, 65, 69 [BGH 15.06.1989 - VII ZR 14/88] nicht abgedr.). Da es an einer Urteilsberichtigung nach § 320 ZPO fehlt, sind die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts für das weitere Verfahren bindend (§ 314 ZPO).
Hat der Beklagte aber aufgrund des Vertrages vom 17. Oktober 1987 im wesentlichen das ganze damalige Vermögen des Schuldners übernommen und hat der Beklagte die Vermögensverhältnisse des Schuldners gekannt - diese Feststellung des Berufungsgerichts greift die Revision nicht an -, liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 419 Abs. 1 BGB grundsätzlich vor (vgl. BGHZ 66, 217, 218 [BGH 19.02.1976 - III ZR 75/74]; 111, 14, 16 [BGH 15.03.1990 - III ZR 131/89]; BGH, Urt. v. 3. Juni 1992 - VIII ZR 138/91VIII ZR 138/91, ZIP 1992, 930, 932; Schricker JZ 1970, 265, 267 m.w.N.).
b) Daß das Vermögen des Schuldners dem Beklagten als Treuhänder übertragen wurde, steht der Anwendung von § 419 BGB nicht entgegen. Im Streitfall handelt es sich um einen Fall der sogenannten Liquidationstreuhand. Der Beklagte war gehalten, das ihm übertragene Vermögen unter grundsätzlicher Anwendung der in der Konkursordnung vorgesehenen Rangordnung zugunsten der Gläubiger zu verwerten. In Rechtsprechung und Schrifttum ist umstritten, ob § 419 BGB in einem solchen Fall eingreift (bejahend etwa: RAG JW 1934, 377 Nr. 1 mit Anm. Siebert das. S. 630; OLG Kiel OLGE 29 (1914), 192 ff; OLG Hamburg HansRZ 1926 Sp. 143 f = OLGE 45 (1926), 138; HRR 1933 Nr. 996; OLG Köln NJW 1960, 966, 967 [OLG Köln 18.12.1959 - 4 U 162/59]; Siller Gruchot 71 (1931), 179, 188 f; BGB-RGRK/Weber, 12. Aufl. § 419 Rdn. 61; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht 15. Aufl. § 86 II 2 Fußn. 19; Erman/Westermann, BGB 8. Aufl. § 419 Rdn. 5; vgl. auch RGZ 80, 257, 258 ff; verneinend: OLG Hamburg HansRZ 1927 Sp. 508; H. Emmerich, Die Sanierung Teil I 1930 S. 118 ff; Reimer ZZP 57 (1933), 125, 128 m.w.N.). Der Senat schließt sich der erstgenannten Meinung grundsätzlich an. Sowohl Wortlaut als auch Sinn und Zweck des § 419 BGB lassen es nicht zu, die Vermögensübertragung auf einen Treuhänder allgemein aus dem Anwendungsbereich der Norm auszuklammern. Die Vorschrift dient dem Gläubigerinteresse. Sie bezweckt, das Aktivvermögen des Schuldners als die natürliche Grundlage für seinen Kredit dem Zugriff der Gläubiger auch bei einem Vermögensübergang zu erhalten (vgl. RGZ 69, 283, 288; BGHZ 33, 123, 128; 80, 296, 300 [BGH 13.05.1981 - VIII ZR 117/80]; 108, 320, 323 [BGH 10.09.1989 - IVa ZR 118/88]; 111, 14, 15, 19 [BGH 15.03.1990 - III ZR 131/89]; auch K. Schmidt ZIP 1989, 1025). Dieser Grundgedanke trifft auf eine treuhänderische Vermögensübertragung jedenfalls dann zu, wenn der Treuhänder - wie hier - das Vermögen vollständig zugunsten von Gläubigern verwerten soll, es dem Schuldner also ohne Gegenleistung auf Dauer entzogen wird, und die Gläubiger der Übertragung des Vermögens auf einen Treuhänder nicht zugestimmt haben (vgl. Siebert, Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis 1933 S. 388 - 390; Laue AcP 146 (1941), 156, 177 f; Künne, Außergerichtliche Vergleichsordnung 7. Aufl. S. 362 f; Erman/Westermann aaO; MünchKomm/Möschel, BGB 2. Aufl. § 419 Rdn. 29; Soergel/Zeiss, BGB 12. Aufl. § 419 Rdn. 9; Staudinger/Kaduk, BGB 12. Aufl. § 419 Rdn. 49). Andernfalls hätten es Schuldner und Treuhänder in der Hand, zu Lasten der Gläubiger Regelungen zu vereinbaren, die ihnen durch die zwingende Norm des § 419 BGB (vgl. Abs. 3) untersagt sind.
c) Daß die Vermögensübertragung auf den Beklagten im Rahmen eines nach der Bestätigung des Liquidationsvergleichs aufrechterhaltenen Vergleichsverfahrens erfolgte, steht der Anwendung des § 419 BGB nicht entgegen. Allerdings waren Zwangsvollstreckungen der Vergleichsgläubiger in die Gegenstände der Liquidationsmasse während der Liquidation im Interesse der vergleichsmäßigen Befriedigung der Gläubiger unzulässig (vgl. Bley/Mohrbutter, VglO 4. Aufl. § 85 Rdn. 18 Buchst. b, c; § 96 Rdn. 10; auch Jaeger/Weber, KO 8. Aufl. § 194 Rdn. 4). Da die Übertragung des Vermögens noch während der Dauer des Vergleichsverfahrens aufschiebend bedingt durch die rechtskräftige Aufhebung des Verfahrens vereinbart und - soweit rechtlich möglich - vollzogen wurde und da ferner der Sinn des § 419 BGB dahin geht, den Gläubigern zu ermöglichen, Befriedigung aus dem übertragenen Vermögen in gleicher Weise zu erhalten, wie wenn die Übertragung nicht stattgefunden hätte (ständige Rechtsprechung, zuletzt BGH, Urt. v. 5. November 1992 - III ZR 77/91III ZR 77/91, WM 1993, 246, 247 f), ließe sich daran denken, diese Vorschrift allenfalls insoweit anzuwenden, als die Gläubiger durch den Vertrag gegenüber einer Fortsetzung der Liquidation bei Aufrechterhaltung des Vergleichsverfahrens schlechter gestellt wurden.
Damit würde indes dem Umstand, daß das Vergleichsverfahren aufgehoben wurde, nicht die notwendige Bedeutung beigemessen. Mit der Aufhebung des Verfahrens nach § 96 Abs. 7 VerglO ist den Vergleichsgläubigern, deren Forderungen nicht bis zum Mindestsatz erfüllt wurden, wegen des fehlenden Betrages der unbeschränkte Zugriff auf das Schuldnervermögen (wieder) möglich (vgl. § 7 Abs. 4 VerglO). Bei einer Übertragung dieses Vermögens auf einen Dritten bleibt diese Zugriffsmöglichkeit nach § 419 BGB bestehen. Diese zwingende Rechtsfolge läßt sich nicht dadurch ausschalten, daß der Schuldner ohne Zustimmung der Gläubiger bereits während des Vergleichsverfahrens unter der aufschiebenden Bedingung von dessen rechtskräftiger Aufhebung sein Vermögen überträgt. Dies gilt hier um so mehr, als die Übertragung einiger Vermögensstücke, insbesondere von Grundstücken, ohnehin erst nach der Aufhebung des Vergleichsverfahrens (durch Umschreibung im Grundbuch) vollendet wurde, so daß sie bis dahin dem unbeschränkten Zugriff der Gläubiger unterlagen.
Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, daß es ohne die Vermögensübertragung zu einem Anschlußkonkurs gekommen wäre. Eine solche Möglichkeit hat sich gerade nicht verwirklicht (vgl. BGHZ 104, 355, 360).
d) § 419 BGB wird im Streitfall nicht durch § 92 Abs. 5 VerglO ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung finden die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Haftung des Vermögensübernehmers keine Anwendung, wenn dem Sachwalter zum Zwecke der Erfüllung des Vergleichs Vermögen des Schuldners übertragen worden ist. Der Beklagte war nicht Sachwalter im Sinn der Vergleichsordnung. Zwar leitet auch der Sachwalter - wie der Beklagte - seinen Auftrag vom Schuldner her (BGHZ 35, 32, 36; 61, 1, 2, 4). Voraussetzung für die Stellung als (erster) Sachwalter ist jedoch, daß dieser vom Schuldner "im Vergleich" bezeichnet wird (§ 91 Abs. 1 VerglO). Dies hat zur Folge, daß die Gläubiger mit der zur Annahme des Vergleichs erforderlichen Mehrheit (§ 74 VerglO) der Person des Sachwalters ihre Zustimmung geben müssen und daß das Gericht dem Vergleich nach § 79 Nr. 4 VerglO die Bestätigung versagen, möglicherweise auch bereits von einer Eröffnung des Vergleichsverfahrens absehen kann, wenn es den Sachwalter zur Erfüllung seiner Aufgaben für ungeeignet und den Vergleich deshalb mit dem gemeinsamen Interesse der Vergleichsgläubiger nicht für vereinbar hält (vgl. Bley/Mohrbutter aaO § 91 Rdn. 2; Krantz NJW 1952, 170, 171).
Im Streitfall war der Beklagte im Vergleich nicht als Sachwalter bezeichnet. Weder Gläubiger noch Vergleichsgericht hatten auf seine Bestellung zum Treuhänder irgendeinen Einfluß. Der Beklagte ist mithin nicht als Sachwalter anzusehen, so daß eine unmittelbare Anwendung von § 92 Abs. 5 VerglO ausscheidet.
Auch eine entsprechende Anwendung dieser Norm kommt nicht in Betracht. Der in ihr angeordnete Ausschluß des § 419 BGB erscheint sinnvoll, weil die Gläubiger in ihrer zur Bestätigung des Vergleichs erforderlichen Mehrheit der Übertragung des Schuldnervermögens auf den Sachwalter als Treuhänder zugestimmt haben und dieser außerdem bestimmten Pflichten des Vergleichsverwalters sowie einer gewissen Aufsicht des Gerichts unterliegt, das ihn aus wichtigen Gründen seines Amtes entheben kann (§ 92 Abs. 1, 2 VerglO). Diese besonderen Voraussetzungen lassen es nicht zu, den Anwendungsbereich des § 419 BGB im Wege einer entsprechenden Heranziehung des § 92 Abs. 5 VerglO über den in dieser Norm ausdrücklich geregelten Einzelfall hinaus einzuschränken und auch im Streitfall von einer Anwendung des § 419 BGB abzusehen.
e) Zutreffend hat das Berufungsgericht eine Haftung des Beklagten aus § 419 BGB auch nicht deshalb verneint, weil er das Vermögen des Schuldners von dem Vergleichsverwalter übernommen hat. Es ist anerkannt, daß bei der Vermögensübernahme von seiten eines Konkursverwalters eine Haftung aus § 419 BGB ausscheidet (vgl. RGZ 58, 166, 168; BGHZ 66, 217, 228 [BGH 19.02.1976 - III ZR 75/74]; 104, 151, 153). Der Konkursverwalter veräußert kraft seiner Amtsstellung im Rahmen eines geordneten, gerichtlich kontrollierten Verfahrens, das auf gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger abzielt und in dem eine vollständige Erfassung aller Schulden und aller Gläubiger sichergestellt wird. Die Gläubiger sind auf die Befriedigung in diesem Verfahren beschränkt und müssen daher Rechtshandlungen, die der Konkursverwalter zur Versilberung der Masse vornimmt, gegen sich gelten lassen. Aus ähnlichen Gründen ist die Anwendung des § 419 BGB auf den Erwerb vom Nachlaßverwalter abgelehnt worden (BGH, Urt. v. 1. Dezember 1986 - II ZR 287/85, NJW 1987, 1019, 1020). Bei einem Erwerb vom Sequester hat der Bundesgerichtshof § 419 BGB nicht ausgeschlossen (BGHZ 104, 151, 155 ff m. krit. Anm. Grunsky WuB VI C. § 106 KO 3. 88 u. zust. Anm. Joost EWiR § 106 KO 1/88, 811 f; a. A. OLG Köln ZIP 1987, 178 = WM 1987, 1047 m. zust. Anm. Rehbein WuB VI C. § 106 KO 3. 87 u. Brehm EWiR § 419 BGB 1/87, 551). Bei einem Erwerb vom Vergleichsverwalter soll nach verbreiteter Meinung § 419 BGB nicht anzuwenden sein (vgl. MünchKomm/Möschel aaO § 419 Rdn. 36 m.w.N. in Fußn. 125; Staudinger/Kaduk aaO § 419 Rdn. 77, 161). Ob dem zu folgen ist, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Auch wenn man den Erwerb vom Vergleichsverwalter grundsätzlich so behandeln wollte wie den Erwerb vom Konkursverwalter, greift § 419 BGB hier ein. Der Vergleichsverwalter hat den Wert der dem Beklagten übertragenen Gegenstände den Vergleichsgläubigern nicht zugeführt. Er sah sich vielmehr zu einer Verwertung dieser Gegenstände außerstande und hat sie deshalb - ohne eine Gegenleistung dafür zu verlangen - dem Beklagten überlassen, damit dieser sie zugunsten der Gläubiger verwerte. Unter diesen Umständen besteht kein hinreichender Grund, von einer Anwendung des § 419 BGB abzusehen.
2. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht der Klägerin den vollen Klagebetrag vorbehaltlos zugesprochen.
a) Nach den Feststellungen der Instanzgerichte hat der Beklagte sich darauf berufen, daß er allenfalls in Höhe des übernommenen Vermögens hafte. Gleichwohl hat das Berufungsgericht den Beklagten unbeschränkt zur Zahlung nach § 419 Abs. 1 BGB verurteilt. Es scheint zu meinen, zur Durchsetzung der Haftungsbeschränkung gegenüber Zwangsvollstreckungsmaßnahmen hätte der Beklagte über die Berufung auf die Haftungsbeschränkung nach § 419 Abs. 2 Satz 2 BGB hinaus den Antrag stellen müssen, ihm die Beschränkung seiner Haftung im Urteil vorzubehalten. Dies trifft nicht zu. Wie dem Erben, der die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses erhoben hat, ist auch dem Vermögensübernehmer, der sich auf die Beschränkung seiner Haftung beruft, diese Beschränkung ohne besonderen Antrag gemäß § 780 Abs. 1, § 786 ZPO im Urteil vorzubehalten (vgl. RGZ 69, 283, 291; BGH, Urt. v. 9. Mai 1964 - V ZR 47/62, NJW 1964, 2298, 2300; v. . März 1983 - IVa ZR 211/81, NJW 1983, 2378, 2379).
Indessen braucht sich das Gericht nicht mit dem Ausspruch des Vorbehalts zu begnügen mit der Folge, daß die sachliche Klärung des Haftungsumfangs dem besonderen Verfahren gemäß § 785 ZPOüberlassen bleibt, sondern es kann insoweit auch selbst entscheiden (BGH, Urt. v. 29. Mai 1964 u. 9. März 1983 aaO; Staudinger/Marotzke aaO § 1990 Rdn. 13). Eine solche Entscheidung wird namentlich dann geboten sein, wenn das übernommene Vermögen bereits verteilt ist. Davon ist hier nach dem Schreiben des Beklagten vom 8. März 1991 auszugehen. Danach haben die aus dem ihm übertragenen Vermögen erzielten Erträge nicht einmal die Kosten des Verfahrens gedeckt. Auch das Revisionsgericht ist zu einer Entscheidung über den Haftungsumfang befugt, wenn das Berufungsgericht die Haftungsbeschränkung nicht berücksichtigt hat und die Sache - wie hier - zur Endentscheidung reif ist (§§ 561, 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
b) Der Beklagte hat nach seiner Kostenrechnung vom 9. Januar 1991 eine Vergütung in Höhe von 121135, 63 DM erhalten, davon aus dem Treuhandvermögen 64900 DM nebst 16528, 50 DM für Haftpflichtversicherungsprämien. Ein weiterer Betrag von 39707, 13 DM ist ihm von seiten des Schuldners oder dessen Ehefrau unmittelbar zugeflossen. Die ihm nach dem Treuhandvertrag zustehende Höhe der Vergütung hat der Beklagte auf das Fünffache einer Gebühr von 28742, 30 DM nebst 7 % Mehrwertsteuer, also auf 153771, 31 DM bemessen, so daß ein offener Rest von 32635, 68 DM blieb.
Die in dem Treuhandvertrag getroffene Vergütungsvereinbarung ist den Gläubigern gegenüber wegen der zwingenden Vorschrift des § 419 Abs. 3 BGB grundsätzlich ohne Wirkung (vgl. RGZ 69, 283, 287; BGH, Urt. v. 30. April 1955 - VI ZR 19/54, WM 1955, 1229, 1230 zu Nr. 2 a). Nach § 419 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit §§ 1991, 1978 Abs. 3 BGB stand dem Beklagten nur ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zu. Einen solchen Anspruch konnte er freilich vorrangig vor der Erfüllung der Gläubigeransprüche aus dem übernommenen Vermögen befriedigen (vgl. RG WarnR 1914 Nr. 213; RGZ 82, 273, 278; 139, 199, 202, 204; BGHZ 66, 217, 226 [BGH 19.02.1976 - III ZR 75/74]; BGH, Urt. v. 15. Juni 1962 - VI ZR 268/61, WM 1962, 962, 964 f; v. 7. Juni 1984 - I ZR 47/82, WM 1984, 1060, 1063; Erman/Westermann aaO § 419 Rdn. 26; MünchKomm/Möschel aaO § 419 Rdn. 46, 47; Staudinger/Kaduk aaO § 419 Rdn. 136, 138, 146; Staudinger/Marotzke aaO § 1991 Rdn. 13, 19, 20). Indessen bleiben dem Beklagten möglicherweise zustehende Ansprüche auf Ersatz von Aufwendungen zumindest in Höhe der Klageforderung hinter den als Vergütung aus dem Vermögen entnommenen Summen zurück.
Ein Erbe kann nach § 1978 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 BGB eine besondere Vergütung nicht verlangen, weil er wie ein Beauftragter angesehen wird und der Auftragnehmer die Geschäfte nach § 662 BGB unentgeltlich zu besorgen hat (vgl. Erman/Schlüter aaO § 1978 Rdn. 6; Palandt/Edenhofer, BGB 52. Aufl. § 1978 Rdn. 5; Staudinger/Marotzke aaO § 1978 Rdn. 29). Dies gilt nach § 419 Abs. 2 Satz 2 BGB auch für den Übernehmer eines Vermögens. Es bedarf keiner Entscheidung, ob einem Treuhänder, der es berufsmäßig unternimmt, das ihm übertragene Vermögen des Schuldners für dessen Gläubiger zu verwerten, entsprechend dem Rechtsgedanken des § 1836 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BGB (vgl. auch BVerfGE 54, 251, 266 ff) eine angemessene Vergütung als Aufwendungsersatz zustehen kann (vgl. Künne aaO S. 363). Diese könnte im konkreten Fall nicht höher sein als die Vergütung, die einem Vergleichsverwalter in einem Nachverfahren (§ 96 VerglO) nach der Verordnung über die Vergütung des Konkursverwalters, des Vergleichsverwalters, der Mitglieder des Gläubigerausschusses und der Mitglieder eines Gläubigerbeirates vom 25. Mai 1960 (BGBl I S. 329), zuletzt geändert durch Verordnung vom 11. Juni 1979 (BGBl I S. 637) - kurz: VergVO - gebühren würde. Eine dem Beklagten danach zustehende Vergütung (vgl. § 4 Abs. 4, 5, § 5 Abs. 1 Satz 4, § 8 Abs. 3, §§ 9, 10 Abs. 1, 4, § 11 Abs. 1, 3 VergVO sowie Eickmann, VergVO § 11 Rdn. 20-22) wäre in jedem Fall geringer als der Betrag von 68121, 46 DM, der dem Beklagten nach Abzug der Klageforderung von der ihm tatsächlich zugeflossenen Vergütung verbleibt.
3. Die Instanzgerichte haben der Klage deshalb im Ergebnis mit Recht stattgegeben. Eines Haftungsvorbehalts im Revisionsurteil bedarf es im Streitfall nicht. Vermögensgegenstände, in die vollstreckt werden könnte, sind nicht mehr vorhanden. Der Beklagte hat dem Treuhandvermögen zumindest in Höhe der Klagesumme zu Unrecht Beträge entnommen. Diese stünden nunmehr - wären sie noch vorhanden - insoweit allein der Klägerin zu (vgl. RGZ 139, 199, 202; Brox, Erbrecht 11. Aufl. Rdn. 685; Erman/Schlüter aaO § 1991 Rdn. 4; MünchKomm/Siegmann aaO § 1991 Rdn. 8; Soergel/Stein aaO § 1991 Rdn. 7; aber auch Lange/Kuchinke, Erbrecht 3. Aufl. § 51 III 3 c = S. 1020 f; Staudinger/Marotzke aaO § 1991 Rdn. 17). Dies folgt aus § 419 Abs. 2 Satz 2, § 1991 Abs. 3 BGB. Danach wirkt die rechtskräftige Verurteilung des Übernehmers einem anderen Gläubiger gegenüber wie die Befriedigung. Mit Verkündung des Revisionsurteils ist es mithin so anzusehen, als habe der Beklagte die Klägerin aus dem Treuhandvermögen bereits befriedigt. Hierauf kann er sich bei einer Inanspruchnahme durch andere Gläubiger berufen (vgl. BGB-RGRK/Johannsen aaO § 1991 Rdn. 8). Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger gilt jedenfalls für die Befriedigung einer titulierten Forderung nicht (vgl. RGZ 137, 50, 56; BGHZ 16, 184, 187) [BGH 31.01.1955 - II ZR 234/53]. Der Übernehmer macht sich durch die vorrangige Erfüllung einer titulierten Forderung den übrigen Gläubigern nicht nach § 1978 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig.
Da keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, daß ein anderer Vergleichsgläubiger bereits einen Titel gegen den Beklagten erworben hat, ist es mit der beschränkten Haftung des Beklagten vereinbar, wenn er unter den besonderen Umständen des Streitfalls unbeschränkt zur Zahlung des Klagebetrages verurteilt wird.