Bundesgerichtshof
Urt. v. 08.07.1980, Az.: VI ZR 159/78
„Das Medizinsyndikat III“
Rechtsschutzbedürfnis des Klägers nach Unterwerfung des Beklagten aufgrund einstweiliger Verfügung mit strafbewehrten Auflagen; Besondere Schutzwürdigkeit einer von Ehrverletzungen betroffenen Persönlichkeit wegen "versteckter" Aussagen; Spannungsverhältnis zwischen Meinungsfreiheit und Ehrverletzung; Zulässigkeit und Umfang "offener" und "versteckter" Aussagen und Fakten; Anforderungen an die Widerlegung der Vermutung über die Wiederholung des ehrverletzenden Angriffs; Gewährung von Schmerzensgeld aufgrund einer Ehrverletzung; Auskunftsanspruch eines Ehrverletzten über Umfang und Art eines festgestellten rechtswidrigen Eingriffs gegen den Ehrverletzer
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 08.07.1980
- Aktenzeichen
- VI ZR 159/78
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1980, 12766
- Entscheidungsname
- Das Medizinsyndikat III
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Köln - 16.05.1978
- LG Köln - 01.04.1977
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- BGHZ 78, 9 - 21
- DB 1980, 2441 (amtl. Leitsatz)
- MDR 1981, 40-41 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1980, 2801-2807 (Volltext mit amtl. LS)
Prozessführer
Dr. Dr. Friedrich K., B.-H.
Prozessgegner
Journalist Kurt B., B.-R.
Amtlicher Leitsatz
- a)
Zu den vom Richter zu beachtenden Grenzen, wenn er im Ehrenschutzprozeß aufgrund des Zusammenhangs der in einem Sachbuch enthaltenen "offenen" Aussagen "verdeckte" Behauptungen feststellen will.
- b)
Hat der Autor eines Sachbuchs dessen Text auf ehrverletzende "verdeckte" Behauptungen hin konzipiert, so kann der Verletzte von ihm und dem Herausgeber verlangen, bei Wiederveröffentlichung nicht nur auf die Bezugspunkte des Textes, welche die "verdeckten" Behauptungen tragen, zu verzichten, sondern darüber hinaus ihrem Wiederaufleben durch klarstellende Zusätze entgegenzuwirken.
In dem Rechtsstreit
hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juni 1980
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Weber und
die Richter Dunz, Dr. Steffen, Dr. Kullmann und Dr. Deinhardt
für Recht erkannt:
Tenor:
- I.
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Köln vom 16. Mai 1978 insoweit aufgehoben, als es den Beklagten zur Unterlassung verurteilt hat.
In diesem Umfang wird auf die Berufung des Klägers unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das Urteil des Landgerichts Köln vom 1. April 1977 abgeändert:
- 1.
Der Beklagte wird verurteilt, bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten es zu unterlassen, in den von ihm zu erstellenden und/oder unter seiner Mitwirkung stattfindenden Veröffentlichungen (z.B. Rundfunk-, Fernseh- oder Presseinterviews) mündlich oder schriftlich die Tätigkeiten des Klägers, über die der Beklagte in seinem Buch "Das M.-S." in dem Kapitel "Dunkle Vergangenheit, dunkle Gegenwart" (S. 95-105 1. Absatz) berichtet hat, darzustellen, solange diese Ausführungen nicht durch einen Zusatz nach näherer Maßgabe der Entscheidungsgründe zu 1 I 4 klargestellt werden.
- 2.
Die weitergehende Unterlassungsklage bleibt abgewiesen.
- II.
Die Revision des Klägers und die weitergehende Revision des Beklagten werden zurückgewiesen.
- III.
Von den Kosten des Revisionsrechtszugs trägt der Kläger 7/10, der Beklagte 3/10. Wegen der übrigen Kosten verbleibt es bei der Entscheidung des Berufungsgerichts.
Tatbestand
Der Kläger, von 1935 bis 1960 Leiter des biologischen Instituts der Firma M. Co. KG, eines pharmazeutischen Unternehmens, nimmt den Beklagten als Autor des 1976 erschienenen Buchs "Das M.-S." auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz wegen Äußerungen in dem Kapitel "Dunkle Vergangenheit, dunkle Gegenwart" (S. 95-110) in Anspruch, durch die er sich in seiner Ehre verletzt sieht.
In diesem Kapitel beschäftigt sich der Beklagte kritisch mit Beiträgen aus Medizin und Pharmazie zu den nationalsozialistischen Euthanasie- und Sterilisierungsprogrammen im "Dritten Reich" und der nach seiner Meinung unzureichenden Sühne dieser "dunklen Vergangenheit" nach dem Krieg. Einleitend wirft er den "Ärzteführern" vor, sich "freudig in den Dienst der großen vaterländischen Aufgabe" gestellt und Hitler als Dank für ihren wirtschaftlichen Aufstieg geholfen zu haben, "die Reichsschatulle" von "'lebensunwertem Leben' zu entlasten". Nach einem Exkurs über die ideologische Vorbereitung der Euthanasie durch geisteswissenschaftliche und literarische Beiträge von Ärzten und die Maßnahmen der NS-Machthaber zu deren Verwirklichung setzt er sich mit dem "technisch-perfektionistischen Denken in den Sterilisierungsvorschlägen" und der Forderung auseinander, sie billig, schnell und an praktisch unbegrenztem "Menschenmaterial" durchzuführen.
Es heißt sodann:
"Sogleich traten neue Auguren auf den Plan, die diese Forderungen mit Medikamenten zu verwirklichen suchten.
Wer sich die Mühe macht, die Dokumente des Nürnberger Ärzteprozesses aufmerksam durchzulesen, stößt im Hinblick auf den mit Kriegsverlauf immer ungehemmter hervortretenden Vernichtungswillen den unterworfenen Ostvölkern gegenüber immer wieder auf die dominanten Gesichtspunkte "billig", "in kürzester Zeit", "bei vielen Tausenden". Niemand schien besser geeignet, auf diesem Sektor Schrittmacherdienste zu leisten, als die pharmazeutische Industrie.
Die wissenschaftlich geschulten Ärzte der SS-Führung horchten deshalb auf, als in einer deutschen Fachzeitschrift die Ergebnisse "Tierexperimenteller Studien zur Frage der medikamentösen Sterilisation" veröffentlicht wurden. Gleich von zwei Seiten war SS-Führer Heinrich Himmler auf diese aufsehenerregende Publikation aufmerksam gemacht worden. Dort hieß es u.a. "Die künstliche Erzeugung einer Sterilität ... ist aus naheliegenden Gründen (!) eine häufig diskutierte Frage, die zwar zu umfangreichen tierexperimentellen Untersuchungen geführt hat; die dabei erhaltenen wissenschaftlich sehr aufschlußreichen Versuchsergebnisse sind jedoch praktisch noch nicht zu einer Umwertung auf den Menschen gebracht worden ... Wenn wir nun im folgenden über eine Möglichkeit der künstlichen, d.h. der medikamentösen Sterilisierung berichten, so soll damit nicht leichtfertig ein entsprechendes Verfahren für den Menschen in Aussicht gestellt werden. Anlaß für unsere Untersuchungen war vielmehr die uns im allgemeinen bewegende Frage, inwieweit die in der volksmedizinischen Erfahrung verankerten Heilgebräuche (auch "Unheil-Gebräuche") mit den Erkenntnissen und Gesetzen der Pharmakologie, Physiologie und experimentellen Therapie in Einklang gebracht werden können. Hieraus erhellt auch ohne weiteres der Zweck unseres Arbeitsplanes. Darüber hinaus kann in zweiter Linie die Frage geprüft werden, ob die erarbeiteten Ergebnisse für die Humanmedizin oder als Test für experimentell-therapeutische Zwecke nutzbar gemacht werden können. Speziell zur Frage der medikamentösen Sterilisierung haben wir bereits auf das im tropischen Südamerika beheimatete Caladium seguinum (Schweigrohr) hingewiesen. Der Einfluß von Caladium auf die Sexualorgane ist den dortigen Eingeborenen seit langem bekannt, die diese Pflanze ihren Feinden in größeren Mengen beibringen, um ein Erlöschen der Potenz zu erzielen ..."
Verfasser dieses 19 Seiten langen Artikels waren Dr. med. G. M. und Dr. phil. Dr. med. Fr. E. K. aus dem Biologischen Institut der Firma Dr. M. & Co. in R. bei D., die heute ihren Sitz in K. hat und zu den 15 umsatzgrößten Arzneimittelherstellern der Bundesrepublik gezählt wird."
Sodann zitiert der Beklagte auf S. 101-104 aus Briefen, durch die Himmler auf die Bedeutung der "Studien" für die Sterilisationsvorhaben der SS hingewiesen wurde und eine von Himmler gegebene Anweisung,
"mit Dr. M. Fühlung zu nehmen und ihm den Wunsch zu übermitteln, über diese Fragen der medikamentösen Sterilisierung keine Veröffentlichungen mehr stattfinden zu lassen, ihm aber anzubieten, daß er bei uns - in Zusammenarbeit mit dem Reichsarzt SS - die Möglichkeit zu Versuchen an verbrecherischen Personen, die an und für sich sterilisiert werden müßten, bekommt".
Es heißt dann weiter:
"Ein Treibhaus zur Züchtung des Schweigrohrs wurde errichtet, da Freilandversuche der in Südamerika beheimateten Pflanze sich als schwierig erwiesen hatten. Himmler drängte darauf, daß "anhand der etwa vorhandenen Bestandteile dieser Pflanze allenfalls schon Sterilisierungsversuche in den Konzentrationslagern durchgeführt werden". Nach Aussage des SS-Standartenführers Dr. Rudolf Brandt, persönlicher Referent des Reichsführers SS und Leiters des Ministerbüros im Reichsinnenministerium, wurden entsprechende Experimente auch tatsächlich ausgeführt, wobei jedoch bisher nicht bekannt wurde, in welchem Konzentrationslager die Menschenversuche stattfanden.
Weder Dr. M. selbst noch sein Institutsleiter, Direktor Dr. Dr. K. waren jedoch im Nürnberger Ärzteprozeß angeklagt. Dr. K. trat lediglich als Zeuge auf und erklärte u.a., daß sämtliche Experimente ergebnislos verlaufen seien.
Von Erfolg gekrönt war jedoch die Umsiedlung des Medikamentenwerkes (Firmenslogan: "Arzneimittel aus Naturstoffen") nach Beendigung des II. Weltkrieges.
Die Firma bezog das rund 430.000 qm große Gelände eines ehemaligen Luftwaffenstützpunktes. Es kam dem Konzern sicher auch zugute, daß nicht unbedeutende Führungspersönlichkeiten der ehemaligen Hitlerstreitmacht in leitende Stellungen des Hauses aufrückten und sich dort durch Heirat eng mit dem M.-Clan verbanden.
Die Firmenleitung liegt heute in den Händen der Söhne des Gründertrios Hans, Friedemund und Gerhard M.
Die politische Orientierung dieser "Vettern"-Wirtschaft kann man an Besuchen von CSU/CDU-Managern, insbesondere dem Strauß-Stellvertreter Heubl, feststellen. Daß es dabei vor allem um Finanzen geht, wird vom Hause M. nicht geleugnet. Mitglieder des M.-Clans bedauern zutiefst, daß der Versuch der CSU, in Nordrhein-Westfalen einen Brückenkopf zu schaffen, trotz beträchtlichen Engagements fehlgeschlagen ist.
Bekanntlich wundert sich nicht nur das Ausland, wie wenig Konsequenzen in Deutschland aus den Verbrechen der Nazizeit gezogen wurden. Persönlichkeiten, die während der Nazizeit in führenden Positionen tätig waren und eng in das nationalsozialistische Unrechtssystem verstrickt waren, sind heute wieder in führenden Positionen tätig. Dies anzuprangern ist nicht populär, gerät in die Nähe des Querulantentums. Die Vergangenheit wurde verdrängt, bevor sie bewältigt wurde."
Der Kläger hat zunächst eine einstweilige Verfügung erwirkt, durch die dem Beklagten verboten worden ist, zu behaupten, der Kläger - als Leiter des biologischen Instituts der Firma Dr. M. & Co.
1. habe den nationalsozialistischen Machthabern bei den Plänen zur Vernichtung der unterworfenen Ostvölker Schrittmacherdienste geleistet;
2. sei im Nürnberger Ärzteprozeß nicht angeklagt worden, sondern lediglich als Zeuge aufgetreten und habe u.a. erklärt, sämtliche Experimente seien ergebnislos verlaufen, soweit das im Zusammenhang mit den Plänen der nationalsozialistischen Machthaber zur Massensterilisation unter Erwähnung von Menschenversuchen geschieht; sowie im Zusammenhang mit den Plänen der nationalsozialistischen Machthaber zur Massensterilisation aus der vom Kläger mitverfaßten Abhandlung "Tierexperimentelle Studien zur Frage der medikamentösen Sterilisierung" in "Zeitschrift für die gesamte experimentelle Medizin", 1941, den einleitenden Satz in der Weise zu zitieren, daß der Satzteil "besonders die temporäre Ruhigstellung des weiblichen Genitals bei Tuberkulose oder anderen schweren Allgemeinschädigungen" nicht erwähnt wird, sofern nicht der sich an das folgende Wort "ist" anschließende Satzteil "aus naheliegenden Gründen" ebenfalls weggelassen wird.
In einem Parallelverfahren hat der Kläger ferner eine einstweilige Verfügung gegen die Herausgeberin des Buches erwirkt, in der dieser aufgegeben worden ist, die entsprechenden Textstellen in dem beanstandeten Kapitel unkenntlich zu machen.
Der Beklagte und die Herausgeberin haben vor Erhebung der Klage erklärt, diese Auflagen als verbindlich anzuerkennen, und haben demgemäß die beanstandeten Textstellen in den noch nicht vertriebenen Exemplaren geschwärzt. In einer lizenzierten Ausgabe der "Büchergilde" sind diese Stellen weggelassen; außerdem ist das Kapitel um weitere Stellen bereinigt.
Mit seiner Klage hat der Kläger zuletzt beantragt,
den Beklagten zu verurteilen,
- 1.
die Behauptung zu unterlassen, die Firma M. & Co., namentlich der Kläger und Dr. M., hätten durch ihre Tätigkeit im Bereich der Sterilisationsforschung den rassepolitischen Vernichtungsplänen der NS-Gewalthaber den Weg bereitet, diese bewußt und gewollt unterstützt sowie sich an entsprechenden Experimenten zur Durchführung dieser Pläne beteiligt, insbesondere den Text aus seinem Buch auf S. 95-106 weiter zu verbreiten oder verbreiten zu lassen;
- 2.
Auskunft darüber zu geben, in welchem Umfang der Beklagte die zu 1. beschriebenen Handlungen begangen habe, insbesondere wo, wann und wem gegenüber er diese Behauptungen aufgestellt und verbreitet habe;
- 3.
an ihn ein Schmerzensgeld, mindestens jedoch 20.000 DM zu zahlen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht unter Zurückweisung der weitergehenden Anträge den Beklagten verurteilt, die Behauptung zu unterlassen, der Kläger hätte durch seine Tätigkeit als Leiter des biologischen Instituts der Firma M. den nationalsozialistischen Machthabern bei deren Plänen zur Vernichtung der unterworfenen Ostvölker Schrittmacherdienste geleistet, diese bewußt und gewollt unterstützt sowie sich an entsprechenden Experimenten zur Durchführung dieser Pläne beteiligt. Ferner hat es den Beklagten zur Zahlung eines "Schmerzensgeldes" von 10.000 DM verurteilt.
Hiergegen haben beide Parteien (zugelassene) Revisionen eingelegt.
Während der Kläger mit seiner Revision seine Klageanträge weiterverfolgt, soweit sie abgewiesen worden sind, erstrebt die Revision des Beklagten die volle Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
1.
Der Unterlassungsanspruch
Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat der Beklagte in dem beanstandeten Kapitel - in seiner ursprünglichen, noch nicht aufgrund der vom Kläger erwirkten einstweiligen Verfügung "bereinigten" Fassung - gegen diesen ehrverletzende Vorwürfe erhoben, deren Wiederholung dieser gemäß §§ 823, 1004 BGB i.V.m. Art. 1, 2 GG, § 186 StGB im Wege der Unterlassungsklage verbieten kann.
Das Berufungsgericht erwägt: Der Beklagte habe behauptet, der Kläger habe durch seine Tätigkeit als Leiter des biologischen Instituts der Firma M.& Co. KG den NS-Machthabern bei deren Plänen zur Vernichtung der unterworfenen Ostvölker Schrittmacherdienste geleistet, diese bewußt und gewollt unterstützt, sich sogar an entsprechenden Experimenten zur Durchführung dieser Pläne beteiligt. Diese Behauptungen habe der Beklagte zwar nicht ausdrücklich, aber durch geschicktes Zusammenspiel von Auslassungen, mißverständlichen Formulierungen, Kombination falscher Sinnzusammenhänge und Kapitelüberschrift sinngemäß aufgestellt. Sie seien in dieser Form unwahr; der Kläger könne deshalb ihre Wiederholung verbieten.
Allerdings bestehe, nachdem sich der Beklagte den Verboten der einstweiligen Verfügung unterworfen habe, kein Rechtsschutzbedürfnis mehr für ein Verbot der Behauptung, der Kläger habe durch seine damalige Tätigkeit den NS-Machthabern bei deren Plänen Schrittmacherdienste geleistet. Insoweit werde, so führt das Berufungsgericht aus, dieses Verbot nur klarstellend in den Urteilstenor aufgenommen. Die weitergehenden Behauptungen seien jedoch durch die Verbote der einstweiligen Verfügung nicht gedeckt.
Demgegenüber könne der Kläger weder die Verbreitung des Textes auf den S. 95-106, wenn dieser dem ausgesprochenen Unterlassungsgebot Rechnung trage, noch Unterlassung der gegen die Firma Dr. M. & Co. KG und Dr. G. M. erhobenen Vorwürfe für diese Betroffenen verlangen.
Während die Revision des Klägers unbegründet ist, halten die Ausführungen des Berufungsgerichts der Revision des Beklagten nur teilweise stand.
I.
Zur Revision des Beklagten
1.
Im Ergebnis zu Recht würdigt das Berufungsgericht - wie schon das Landgericht in der von ihm erlassenen einstweiligen Verfügung - die Vorwürfe, die der Beklagte in dem beanstandeten Kapitel - in seiner unbereinigten Fassung - gegenüber dem Kläger erhoben hat, als ehrverletzenden Angriff, dessen Wiederholung der Kläger verbieten konnte.
a)
Mit Recht hat das Berufungsgericht sich nicht auf eine Würdigung der "offen" aufgestellten Behauptungen des Beklagten beschränkt, sondern sie auf ehrenkränkende Beschuldigungen erstreckt, die im Gesamtzusammenhang "offener" Einzelaussagen "versteckt", "zwischen den Zeilen" stehen. Gerade gegenüber solchen "versteckten" Aussagen kann die betroffene Persönlichkeit besonders schutzwürdig sein, weil sie durch sie stärker belastet sein kann als durch "offene" Beschuldigungen. Vorwürfe, die der Betroffene selbst erst mittels Sinninterpretation eruieren muß, geben ihm eine weniger feste Grundlage an die Hand, von der aus er sich wehren kann, und zwingen ihn zudem häufig zu Offenbarungen aus seiner Persönlichkeitssphäre, deren fehlende Kenntnis dem Angreifer gerade von einer "offenen" Beschuldigung abgehalten haben mag. Da die Ermittlung des Aussagegehalts den erkennbar angeregten Schlußfolgerungen des Lesers anheim gegeben ist, ist die Mißverständnisbreite erhöht; auch das kann den Betroffenen zusätzlich belasten.
Andererseits sind der Einbeziehung solcher aus dem Gesamtzusammenhang gewonnenen Sinninterpretationen in die negatorische oder schadensrechtliche Betrachtung des Persönlichkeits- und Ehrenschutzes durch Art. 5 Abs. 1 GG Schranken gesetzt, der die freie Äußerung von Kritik insbesondere in Angelegenheiten gewährleistet, die wie hier die Öffentlichkeit in besonderem Maß interessieren müssen. Unzulässig wäre eine im Interesse des Ehrenschutzes vielleicht erwünschte, indes mit Art. 5 GG nicht zu vereinbarende weite Sinninterpretation, die auf die bloße Möglichkeit abhebt, daß Leser Zusammenhänge für "versteckte" Behauptungen herstellen, die der beanstandete Text nicht mit hinreichender Klarheit liefert. Solches Verständnis würde einseitig auf den Ehrenschutz abheben und außer acht lassen, daß Ehrenschutz und Kritikfreiheit nach der Wertordnung der Verfassung als gleichrangig gegeneinander abzuwägen sind (BVerfGE 43, 130, 136 ff = NJW 1977, 799, 800 [BVerfG 07.12.1976 - 1 BvR 460/72]; zum gleichen Rang der Schutzgüter vgl. zuletzt Senatsurteil vom 30. Mai 1978 - VI ZR 117/76 = LM Art. 5 GG Nr. 45 = NJW 1978, 1797).
Die Gefahren, die sich für die Meinungsfreiheit aus einer einseitig auf den Schutz des Kritisierten ausgerichteten Interpretation eines kritischen Beitrags ergeben, müssen deshalb hier den Tatrichter besonders zur Zurückhaltung veranlassen. Er muß sich an den Text und die durch ihn festgelegte Gedankenführung halten und muß die sich unmittelbar aus ihm ergebenden Maßstäbe zur Grundlage nehmen. Grundsätzlich kann der Kritiker erwarten, daß der Leser seine "offenen" Einzelaussagen zunächst als solche nimmt, ihren Aussagegehalt übrigens auch an den Eigengesetzlichkeiten und Grenzen von Medium und Stoffdarstellung mißt; er muß nicht durch klärende Zusätze der Gefahr, daß Leser in den Text eine "Gesamtaussage" hinein interpretieren, vorbeugen, wo sich der "Sinn" der Folge von Einzelaussagen aus solchen Sachzwängen von Medium, Konzept und sprachlichem Duktus hinreichend deutlich ergibt (BVerfGE = aaO).
So darf der Richter nicht schon den allgemeinen negativen Eindruck, der sich aus den mehreren nachteiligen Einzelaussagen ergibt, für eine zusätzliche Aussage mit eigenständigem Tatsacheninhalt nehmen. Solche zusätzliche Aussage aus einem überformenden Sinngehalt ist gewiß nicht ausgeschlossen, muß aber durch das Zusammenspiel der Einzelaussagen im Text selbst deutlich angelegt sein. Beschränkungen sind dem Richter durch die Gewährleistung von Art. 5 Abs. 1 GG vor allem auferlegt, soweit er, was er nicht nur darf, sondern tun muß, den Zusammenhang, in dem "offene" Einzelaussagen stehen, auf "verdeckte" Aussagen hin überprüft. Rechtlich ist es ein Unterschied, ob der Autor dem Leser überläßt, aus dem Bezugszusammenhang "offener" Einzelaussagen Schlüsse in Richtung auf einen Sachverhalt selbst zu ziehen, oder ob er solche Schlußfolgerungen - "verdeckt" - als eigene dem Leser unterbreitet. Im Ehrenschutzprozeß kann nur im zweiten Fall die "verdeckte" Aussage als eine solche des Autors der "offenen" Behauptung gleichgestellt sein. Demgegenüber kann sich der Betroffene grundsätzlich nicht dagegen wehren, daß der Leser aus den ihm "offen" mitgeteilten Pakten selbst Schlüsse auf einen Sachverhalt zieht, für den zwar die "offenen" Aussagen Anhaltspunkte liefern, den der Autor aber weder "offen" noch "verdeckt" in seinen Einzelaussagen behauptet. Auch insoweit kann dieser verlangen, an seinem Text gemessen zu werden.
Der Autor etwa eines Sachbuchs darf grundsätzlich dem Leser Fakten zur Auseinandersetzung mit ihnen anheimgeben; er kann nicht dazu angehalten werden, hierdurch gesetzte Anstöße für ein Weiterdenken in Richtung auf einen Sachverhalt zu unterbinden, der von ihm nicht behauptet worden ist, etwa weil er sich so nicht zugetragen hat oder nicht verifiziert werden kann. Solche Reglementierung von Autor und Leser würde in vielen Fällen Information und Kommunikation unmöglich machen. Die hieraus für den Ruf des Betroffenen erwachsenen Belastungen sind mit der Gewährleistung in Art. 5 Abs. 1 GG zwangsläufig verbunden und vom Grundgesetz bewußt inkaufgenommen worden.
Anderes gilt freilich, wenn der Autor dem Leser diesen zusätzlichen Sachverhalt - "verdeckt" - selbst mit unterbreitet. Solche eigenen Aussagen können sich durchaus aus dem Sinnzusammenhang seiner "offenen" Einzelaussagen ergeben; sie sind aber - wie dargelegt - nicht schon anzunehmen, wenn die mitgeteilten Fakten als solche dem Leser eine ausreichende Grundlage für ein Weiterdenken in Richtung auf solchen (zusätzlichen) Sachverhalt vermitteln, sondern erfordern zureichend deutliche Hinweise für eine eigene Sachaussage des Autors, mit der er dem Leser eine derartige Schlußfolgerung abnimmt.
b)
Gemessen an diesen Grundsätzen, die aus der nicht nur für den strafrechtlichen, sondern auch für den zivilrechtlichen Ehrenschutz verbindlichen (vgl. Faller in: Festschrift für Löffler, 1980, 43 ff) Wertentscheidung von Art. 5 Abs. 1 GG folgen und deren Beachtung durch den Tatrichter deshalb vom Revisionsgericht nachzuprüfen ist, sind die Ausführungen des Berufungsgerichts zwar in Einzelpunkten bedenklich. Im Ergebnis ist ihm jedoch darin zu folgen, daß die "unbereinigte" Fassung des Kapitels Aussagen über eine aktive Beteiligung des Klägers an den NS-Sterilisationsvorhaben suggeriert. Daß sie nicht eine so umfassende Gesamtaussage stützen, wie sie das Berufungsgericht zugrundelegt, (dazu unter 1 I 2) berührt ihren ehrverletzenden Charakter nicht.
aa)
Was zunächst die Behauptung angeht, der Kläger habe der NS-Sterilisationspolitik zielgerichtet "Schrittmacherdienste" geleistet, so ist es allerdings rechtlich verfehlt, wenn das Berufungsgericht hierfür die Titelüberschrift: "Dunkle Vergangenheit, dunkle Gegenwart" sowie folgende Textstellen ins Felde führt
S. 95/96:
"Freudig stellten sich die "Ärzteführer" in den Dienst der großen vaterländischen Aufgabe als "Diener der Volksgesundheit" und wurden zu linientreuen Anhängern des Nationalsozialismus" ... "Konsequenter noch handelten Ärzte in Irrenhäusern und Konzentrationslagern. Hitler hatte ihnen den wirtschaftlichen Aufstieg beschert, zum Dank dafür halfen sie dem "Führer", die Reichsschatulle von "lebensunwertem Leben" zu entlasten. Unter diesen Helfern befanden sich auch solche Medizinmänner, die es heute wieder zu Ruhm, Nacht und Geld gebracht haben.",
die für den Leser nach Inhalt und Stoßrichtung klar auf die Ärzte und nicht auf den pharmazeutischen Tätigkeitsbereich bezogen waren, in dem der Kläger angeblich einen Beitrag zu den Verbrechen der Nationalsozialisten geleistet haben soll. Durch seine Nennung in diesem Kapitel und im Anschluß an die genannten Passagen mag sich der negative Eindruck, den der Leser durch die Ausführungen über seine Aktivitäten von seiner Persönlichkeit erhält, dadurch verstärken, daß ihm jene "dunkle Vergangenheit" vor Augen geführt wird. Am Inhalt der Aussagen über die Ärzteschaft nimmt der Kläger damit aber nicht schon teil, auch nicht durch den Hinweis auf seinen akademischen Titel (Seite 100: "Dr. med."). Insofern ist der Kläger im Kontext des Kapitels von jenen Textstellen ("Ärzteführer"; "Ärzte in Irrenhäusern und Konzentrationslagern") klar abgesetzt. Der Beklagte wendet sich hierin von den praktisch tätigen Ärzten (S. 95/96) zunächst den geisteswissenschaftlichen Wegbereitern der Euthanasie (S. 96-99) und dann erst der pharmazeutischen Industrie zu (S. 99 ff); erst an dieser Stelle kommt er auf den Kläger als Mitverfasser jener pharmazeutischen Forschungsstudie und als Angehörigen eines pharmazeutischen Unternehmens zu sprechen (S. 100). Diese Textgliederung des Beklagten, der allein, wie schon gesagt, nach Art. 5 GG die Maßstäbe für eine Sinninterpretation entnommen werden dürfen, verfehlt das Berufungsgericht, wenn es inhaltliche Bezüge durch Übertragung von Aussagen über die Ärzteschaft auf die den Kläger betreffenden Schilderungen herzustellen sucht.
bb)
Doch hält sich die Würdigung des Berufungsgerichts, der Beklagte habe den Kläger als Mitverfasser jener Studien "zielgerichteter", "vorsätzlichfinaler" Schrittmacherdienste für die NS-Sterilisationspolitik beschuldigt, im Rahmen eines objektiven Verständnisses der Textstellen, die sich mit seinen Tätigkeiten als Leiter im biologischen Institut der Firma Dr. M. & Co. während des Krieges befassen. Dieses Verständnis wird gestützt durch Verfremdung von Zitaten aus jenen "Studien" mittels Auslassungen und Hinzufügungen, die in dem Zusammenhang, in dem jene Ausführungen stehen, bei dem Leser den Eindruck erwecken mußten, die Verfasser hätten den Beitrag im Bewußtsein seiner Bedeutung für die NS-Sterilisationspläne an die Öffentlichkeit gebracht (S. 99/100). Unterstützt wird dieses Verständnis durch das besondere Gewicht, das die Ausführungen über den Beitrag der Verfasser der "Studien" als einziges Beispiel der "Schrittmacherdienste" der pharmazeutischen Industrie (S. 99) in dieser Beziehung zuteil werden lassen, und das durch die Ausführungen auf S. 105 nahegelegte Fazit des Beklagten, der Kläger habe im Nürnberger Ärzteprozeß 1946/47 nicht lediglich als Zeuge gehört, sondern angeklagt werden sollen. Dem Beklagten ist zwar zuzugeben, daß solche Anprangerung des Klägers eine ausreichende Grundlage allein schon in der (objektiven) Tatsache finden kann, daß er an der Veröffentlichung von Forschungsergebnissen über Methoden medikamentöser Sterilisation ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, zu welchem Fachkreisen das Interesse der NS-Politik an solchen Möglichkeiten kaum verborgen sein konnte, mitgewirkt hat, ohne daß damit schon notwendig der Vorwurf auch eines (subjektiv) zielgerichteten Vorgehens verbunden sein mußte. Er muß sich aber daran festhalten lassen, daß er dem unkritischen Leser vor allem durch die Art der Zitierung des Einleitungssatzes der "Studien"
"Die künstliche Erzeugung einer Sterilität ... ist aus naheliegenden Gründen (!) eine häufig diskutierte Frage, die zwar zu umfangreichen tierexperimentellen Untersuchungen geführt hat; die dabei enthaltenen, wissenschaftlich sehr aufschlußreichen Versuchsergebnisse sind jedoch praktisch noch nicht zu einer Umwertung auf den Menschen gebracht worden"
von solchem eingeschränkten Verständnis ablenkt.
cc)
Rechtlich nicht zu beanstanden ist im Ergebnis auch die Würdigung des Berufungsgerichts, der Kläger werde in der Veröffentlichung bezichtigt, sich zur Ermöglichung dieser Pläne an Versuchen an Menschen beteiligt zu haben.
Es kann dahinstehen, ob dem Berufungsgericht darin gefolgt werden könnte, daß sich dieser Schluß beim Lesen geradezu notwendig aufdrängt (BU Bl. 9). Jedenfalls liegt solches Verständnis angesichts der mehrdeutigen Fassung der betreffenden Textstelle sehr nahe (S. 105). Hier berichtet der Beklagte über die Anweisung Himmlers, Dr. M. u.a. "Möglichkeiten zu Versuchen an verbrecherischen Personen, die an und für sich sterilisiert werden müßten", anzubieten. Im gedanklichen Zusammenhang hiermit heißt es sodann:
"Nach Aussage des (persönlichen Referenten) des Reichsführers SS ... wurden entsprechende Experimente auch tatsächlich ausgeführt, wobei jedoch bisher nicht bekannt wurde, in welchem Konzentrationslager die Menschenversuche stattfanden.
Weder Dr. M. selbst noch sein Institutsleiter (der Kläger) waren jedoch im Nürnberger Ärzteprozeß angeklagt. (Der Kläger) trat lediglich als Zeuge auf und erklärte u.a., daß sämtliche Experimente ergebnislos verlaufen seien."
Auf dieser textlichen Grundlage ist es auch bei Berücksichtigung der Sachzwänge, unter denen der um gedrängte Darstellung bemühte Autor steht, nicht rechtsfehlerhaft, wenn das Berufungsgericht die beiden letzten Sätze als Ergänzung zu der geschilderten Aussage des persönlichen Referenten von Himmler sieht und insoweit der formalen Zäsur des Absatzes für die Gedankenführung keine Bedeutung beimißt. Sollte der Beklagte hierdurch wirklich mißverstanden worden sein, so beruht dies auf seiner objektiv mehrdeutigen Formulierung, die zu seinen Lasten geht.
c)
Diese (sinngemäßen) Äußerungen würdigt das Berufungsgericht als Tatsachenbehauptungen, von deren Unwahrheit auszugehen sei, da der Beklagte selbst nichts anderes vorgetragen habe. Auch das läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Zwar steht fest, daß der Kläger auf das "Angebot" Himmlers hin Versuche mit dem Medikament an Tieren durchgeführt hat; nicht aber hat er sich an Versuchen an Menschen beteiligt, wie dies der Beklagte (sinngemäß) behauptet hat. Daß der Kläger durch diese unwahre Behauptung in ein falsches Licht gerückt wird, bezweifelt offensichtlich auch die Revision des Beklagten nicht.
Der Vorwurf der willentlichen Beteiligung an den verbrecherischen Plänen des NS-Regimes verletzt die Ehre des Klägers schwer; das bedarf keiner weiteren Ausführungen. Auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen kann sich der Beklagte nicht berufen; die Aufstellung unwahrer Behauptungen ist nie geschützt. Soweit für die Behauptung "innerer" Tatsachen Grundsätze heranzuziehen sind, die für Werturteile und Meinungen entwickelt worden sind (Senatsurteil vom 1. Februar 1977 - VI ZR 204/74 = GRUR 1977, 801 = LM Art. 5 GG Nr. 40 - Halsabschneider), könnten auch sie im Streitfall keine andere Abwägung rechtfertigen. Denn auch vom Standpunkt des Beklagten ist solcher Vorwurf, den er nach seiner Einlassung gar nicht hat aufstellen wollen, völlig unbegründet.
2.
Sind somit zwar all diese einzelnen Aussagen zu beanstanden, so vermögen sie doch nicht eine derart umfassende "Gesamtaussage" zu stützen, wie sie das Berufungsgericht seinem Unterlassungsgebot zugrundelegt. Denn es konnte nur Aussagen verbieten, die der Beklagte - wenn auch nur sinngemäß - konkret gemacht hat. Das Unterlassungsgebot darf sich nicht auf umfassendere Inhalte erstrecken, die die Aussage nicht in Anspruch genommen hat; insoweit werden Inhalt und Umfang des Unterlassungsanspruchs durch den ehrverletzenden Eingriff festgelegt. Auch für das Unterlassungsgebot gegenüber ehrverletzenden Eingriffen durch "verdeckte" Aussagen gelten die sich aus Art. 5 GG ergebenden Grenzen für eine Sinninterpretation, die aus dem Zusammenhalt "offener" Einzelaussagen eine "Gesamtaussage" entnehmen will: Es muß sich nach Inhalt und Umfang daran ausrichten, welchen konkreten Inhalt die Einzelaussagen der sie verbindenden "Gesamtaussage" mitteilen.
Diesen rechtlichen Einschränkungen trägt das Berufungsgericht nicht durchweg Rechnung.
a)
Rechtlich nicht zu beanstanden ist allerdings, daß das Berufungsgericht sein Unterlassungsgebot auf die Behauptung erstreckt, der Kläger habe durch seine Tätigkeit als Leiter des biologischen Instituts der Firma M. & Co. KG den NS-Machhabern bei deren Plänen Schrittmacherdienste geleistet. Das Berufungsgericht konnte in den der pharmazeutischen Industrie gemachten Vorwurf solcher "Schrittmacherdienste" den Kläger einbeziehen, auf dessen Beitrag durch die Veröffentlichung der "Studien" der Beklagte unmittelbar im Anschluß an jene Vorwürfe zu sprechen kommt. Dazu ist näheres bereits oben ausgeführt worden.
b)
Zu weit geht es indes, wenn das Berufungsgericht die inkriminierte Veröffentlichung als Grundlage für ein Verbot der Behauptung nimmt, der Kläger habe die Pläne zur Vernichtung der unterworfenen Ostvölker bewußt und gewollt unterstützt. Ein so allgemein gehaltener Vorwurf wird durch den Text nicht gestützt. Auch das Berufungsgericht bezieht, wie sich aus seinen Entscheidungsgründen ergibt, den Vorwurf vorsätzlicher Unterstützung konkret auf die Veröffentlichung der "Studien" und die Beteiligung an Experimenten. Nur in der Begrenzung auf diese konkreten Unterstützungshandlungen kann die Veröffentlichung Grundlage für das Verbot sein. Das allgemeiner gehaltene Unterlassungsgebot, unterstrichen noch durch das Wort "sowie", durch das es gegenüber dem Vorwurf der Beteiligung an Experimenten abgegrenzt ist, geht in seinem Inhalt über den konkret erhobenen Vorwurf hinaus.
Zu weit gefaßt erscheint auch das Verbot der Behauptung, der Kläger habe sich an "Experimenten" zur Durchführung dieser Pläne beteiligt. Betroffen ist dieser nur durch den vom Beklagten erweckten Eindruck, er habe Versuche mit dem Schweigrohr an Menschen durchgeführt. Daß der Kläger sich im Bewußtsein der Zielrichtung solcher Versuche an Tierexperimenten beteiligt hat, hat er eingeräumt. Mit diesem Inhalt können dem Beklagten Vorwürfe gegenüber dem Kläger schon deshalb nicht verboten werden, weil sie sich auf einen wahren Sachverhalt stützen können.
3.
Auch an einem so eingeschränkten Verbot hat der Kläger aber nur dann ein schutzwürdiges Interesse, wenn und solange die Gefahr einer Wiederholung der Behauptungen besteht. Hiervon geht auch das Berufungsgericht aus.
Nach seiner Auffassung ist die Wiederholungsgefahr durch die strafbewehrten Auflagen, die dem Beklagten in der einstweiligen Verfügung gemacht worden sind und denen er sich durch seine vor Klageerhebung abgegebene Erklärung auch für den vorliegenden Rechtsstreit unterworfen hat, zum Teil, nämlich bezüglich der Behauptung ausgeräumt, der Kläger habe den NS-Machthabern bei deren Plänen zur Vernichtung der Ostvölker "Schrittmacherdienste" geleistet. Dem ist zuzustimmen. Diese Aussage ist dem Beklagten schon im Tenor der einstweiligen Verfügung verboten. Im Tenor des Berufungsurteils ist es daher, wie in den Entscheidungsgründen hervorgehoben ist, nur zur Klarstellung wiederholt.
Demgegenüber besteht nach Ansicht des Berufungsgerichts die Wiederholungsgefahr für die Behauptungen fort, der Kläger habe die NS-Machthaber bewußt und gewollt unterstützt sowie sich an entsprechenden Experimenten zur Durchführung ihrer Pläne beteiligt. Dabei geht es durchaus zutreffend davon aus, daß diese Behauptungen durch die einstweilige Verfügung nicht ausdrücklich verboten worden sind. Denn deren Auflagen richten sich an der textlichen Gestaltung des beanstandeten Kapitels aus, dessen Verbreitung in der den Kläger belastenden "unbereinigten" Fassung sie für die Zukunft verhindern sollen. Sie verbieten daher ausdrücklich nur die Wiederholung der "offenen" Aussagen des Beklagten, nicht auch seine "verdeckten" Vorwürfe, die sich aus der Sinninterpretation der ihm verbotenen "offenen" Aussagen ergeben; diese "verdeckten" Aussagen werden von den Auflagen allerdings insoweit erfaßt, als die beanstandeten "offenen" Aussagen, die sie vermitteln, verboten worden sind.
Indessen haben die in der einstweiligen Verfügung von dem Kläger erwirkten Verbote entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht schon deshalb für die Beurteilung seines Schutzbedürfnisses außer Betracht zu bleiben. Das Berufungsgericht trägt der besonderen Bedeutung, der im Streitfall den bereits verbotenen "offenen" Aussagen als Grundlage für die "verdeckten" Vorwürfe zukommt, nicht hinreichend Rechnung, wie die Revision des Beklagten mit Grund rügt.
Zwar bestand nach dem Angriff auf den Kläger durch die beanstandeten Textstellen in ihrer ursprünglichen "unbereinigten" Fassung eine Vermutung dafür, daß der Beklagte diese Vorwürfe wiederholen werde (Senatsurteile vom 25. Mai 1965 - VI ZR 19/64 = LM Art. 5 GG Nr. 19; vom 3. Dezember 1968 - VI ZR 140/67 = GRUR 1969, 236, 238; vom 9. November 1971 - VI ZR 57/70 = GRUR 1972, 435, 437; vom 30. Mai 1974 - VI ZR 174/72 = GRUR 1975, 89, 92). An die Widerlegung dieser Vermutung sind strenge Anforderungen zu stellen; im Regelfall wird die Feststellung, daß der Angreifer daran gehindert ist, seinen Angriff in der Form, in der er ihn vorgetragen hat, zu wiederholen, nicht ohne weiteres ausreichen, um die Gefahr einer Wiederholung des Angriffs in anderer Einkleidung auszuschließen.
Gleichwohl sind der Erstreckung dieser Vermutung für eine Wiederholung des Angriffs in anderer Form hier durch den geschehenen Eingriff, der die konkrete Grundlage für sie bildet, inhaltliche Grenzen gesetzt. Die Vermutung kann sich nur auf eine Äußerung mit demselben ehrverletzenden Inhalt des geschehenen Eingriffs beziehen, an den sie anknüpft. Ergibt sich der Inhalt eines "verdeckten" Vorwurfs erst aufgrund Sinninterpretation aus einer ganz bestimmten Zusammenstellung von an sich nicht zu beanstandenden "offenen" Einzelaussagen, dann kann aufgrund solcher enger Verbindung von textlicher Gestaltung und Inhalt für die Beurteilung der Wiederholungsgefahr nicht außer Betracht bleiben, daß dem Verletzer schon die textliche Gestaltung verwehrt ist, die seinen Vorwürfen erst den inkriminierten Inhalt gibt. Das gilt jedenfalls, wenn es wie hier um eine Buchveröffentlichung geht, für die das Textkonzept eine besondere Rolle spielt, und konkrete Anhaltspunkte dafür, daß der Autor seine Vorwürfe auf einem anderen als dem literarischen Weg wiederholen wird, vom Kläger nicht dargetan sind. In diesem Fall ist die Berücksichtigung derartiger Umstände auch deshalb geboten, weil, wie schon dargelegt, der Inhalt des Unterlassungsanspruchs des Verletzten durch die Störung seiner Schutzsphäre festgelegt ist, die in solchen Fällen erst entscheidend durch das Textkonzept der Veröffentlichung geprägt wird. Zwar ist das Rechtsschutzinteresse des Klägers für seine Unterlassungsklage durch die Streichung der "bereinigten" Fassung nicht völlig beseitigt. Doch ist seinem Schutzanliegen schon dadurch genügt, wenn dem Beklagten aufgegeben wird, bei Wiederholung seiner Kritik an den Aktivitäten des Klägers, um die es hier geht, einen klarstellenden Zusatz zu machen. Für ein so weit gehendes Verbot, wie es das Berufungsgericht für erforderlich gehalten hat, ist angesichts der bereits ergangenen Verbote, denen sich der Beklagte unterworfen hat, kein Raum.
a)
Durch die einstweilige Verfügung ist hinreichend sichergestellt, daß der Beklagte seine ehrverletzenden Angriffe aus der "unbereinigten" Fassung als solche nicht wiederholt.
aa)
Dem Beklagten ist hier untersagt worden, im Zusammenhang mit den Plänen der NS-Machthaber zur Massensterilisation und unter Erwähnung von Menschenversuchen zu behaupten, der Kläger sei im Nürnberger Ärzteprozeß 1946/47 nicht angeklagt worden, sondern lediglich als Zeuge aufgetreten und habe u.a. bekundet, sämtliche Experimente seien ergebnislos verlaufen. Damit ist eine Wiederholung der Aussage, der Kläger habe an Experimenten an Menschen teilgenommen, in der textlichen Gestaltung des beanstandeten Kapitels zureichend unterbunden.
Nachdem die inkriminierende Äußerung über die Rolle des Klägers im Nürnberger Ärzteprozeß getilgt ist, fehlt den Aussagen, die sich mit solchen Versuchen befassen, nicht nur der den Kläger belastende Akzent, sondern schon jeder Hinweis auf ihn. Er wird auch nicht dadurch, daß Dr. M. in diesem Zusammenhang genannt wird, ins Spiel gebracht, an den solche Versuche von der SS herangetragen worden sind. Veranlassung, den Kläger mit Dr. M. in Verbindung zu bringen, könnte allenfalls bestehen, wenn der Darstellung entnommen werden müßte, daß die Versuche in dem Institut durchgeführt worden sind, dessen Leiter der Kläger war. Für dieses Verständnis fehlt es aber an jedem Hinweis; vielmehr ging das Angebot Himmlers an Dr. M. nach der Darstellung des Beklagten dahin, solche Versuche "bei uns", also bei der SS durchzuführen. Ferner geht aus der mitgeteilten Aussage des persönlichen Referenten Himmlers hervor, daß es sich um Menschenversuche in Konzentrationslagern gehandelt hat. Ein Hinweis auf den Kläger findet sich in diesem Zusammenhang nicht mehr.
bb)
Ferner ist dem Beklagten bereits verboten worden, im Zusammenhang mit den Plänen der NS-Machthaber zur Massensterilisation aus den "Studien" des Klägers den einleitenden Satz in der Weise zu zitieren, daß der Satzteil "besonders die temporäre Ruhigstellung ..." nicht erwähnt wird, sofern nicht der sich an "ist" anschließende Satzteil "aus naheliegenden Gründen" ebenfalls weggelassen wird. Damit ist eine Wiederholung der Behauptung, der Kläger habe die "Studien" bewußt und gewollt zur Unterstützung der Sterilisierungsverbrechen veröffentlicht, in der textlichen Gestaltung des beanstandeten Kapitels ausgeschlossen. Das "Zitat" des Einleitungssatzes aus den "Studien", das in erster Linie dieses Verständnis stützte, ist nunmehr so neutral zu fassen, daß es dem Leser nicht mehr den Eindruck vermitteln muß, die "Studien" seien gerade im Blick auf die NS-Sterilisationspläne angefertigt und veröffentlicht worden; den Satzteil: "... aus naheliegenden Gründen (!) ..." darf das "Zitat" nicht mehr enthalten. Die Stellen des Originaltextes, die im Zitat ausgelassen werden dürfen, hätten zwar die Zielrichtung der "Studien" deutlicher hervorgehoben ("Die künstliche Erzeugung einer Sterilität - besonders die temporäre Ruhigstellung des weiblichen Genitals bei Tuberkulose oder anderen schweren Allgemeinschädigungen - ist aus naheliegenden Gründen eine häufig diskutierte Frage ..."). Trotz dieser Auslassung weist aber das "Zitat" selbst den Leser nicht in eine den Kläger zusätzlich belastende, falsche Richtung; auch eine vollständige Zitierung hätte den negativen Eindruck nicht verhindern können, daß in jenem Zeitpunkt eine solche Arbeit veröffentlicht worden ist, die sich mit billigen Möglichkeiten zur Sterilisierung von Menschen beschäftigte.
cc)
Auch sonst enthalten die Aussagen aus dem beanstandeten Kapitel in ihrer durch die einstweilige Verfügung "bereinigten" Fassung keine ausreichenden Bezugspunkte für ein Verständnis in Richtung auf die unzulässigen Behauptungen mehr.
Solches Verständnis kann weder in der Kapitelüberschrift "Dunkle Vergangenheit, dunkle Gegenwart", noch in den Textstellen über die Bereitschaft von Ärzten zur Mitwirkung an NS-Euthanasie- und Sterilisationsprogrammen und den Bemerkungen über die "Auguren", die Forderungen nach billigen und schnellen Sterilisationsverfahren "mit Medikamenten zu verwirklichen suchten", gefunden werden.
Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Beklagte schon in seinen Einzelaussagen zwischen Vorgängen aus der Medizin, der Pharmazie, der Geisteswissenschaften und der Politik hin und her wandert. Dies sowie die polemischen Züge, die das Kapitel deutlich aufweist, erschweren dem Leser den Nachvollzug einer so einfachen Linie, die nach Auffassung des Berufungsgerichts die Schilderungen über den Kläger mit den voranstehenden Textstellen in einem inhaltlichen Sinngehalt verbindet. Dann aber ist für den Tatrichter besondere Zurückhaltung geboten, wenn er den "roten Faden" für eine konkrete inhaltliche Aussage feststellen will; insbesondere darf er nicht schon die allgemeine negative Einstellung des Lesers für solches inhaltliches Substrat nehmen. Daß deshalb weder die Kapitelüberschrift noch die Textstellen über die Bereitschaft von Ärzten zur Mitwirkung an den NS-Euthanasie- und Sterilisationsvorhaben als Bezugspunkte für die dem Beklagten zur Last gelegten inhaltlichen Aussage dienen können, weil sie allenfalls dazu beitragen, einen allgemeinen negativen Eindruck über den Kläger zu verstärken, ist bereits dargelegt worden.
Auch in den Bemerkungen über "Auguren", die die Forderung nach billigen und schnellen Sterilisationsverfahren "mit Medikamenten zu verwirklichen suchten", verdichtet sich dieser negative Eindruck bei rechtlich gebotener Würdigung an der Gesamtdarstellung nicht schon zu der inhaltlichen Aussage über den Kläger im Sinne des Berufungsgerichts. Hier vernachlässigt es, daß der Beklagte, bevor er sich dem Kläger zuwendet, die das Kapitel einleitende Angriffslinie gegenüber einer das damalige Regime bejahenden politischen Haltung in der Ärzteschaft verläßt und auf die "Ideologie und Nomenklatur der technischen Welt, dem Rausch der großen Zahl, die lückenlose Organisation, die Perfektion der Apparatur, die Berechnung des Nutzens", das "technisch-perfektionistische Denken" in den Sterilisierungsmaßnahmen zu sprechen kommt. Damit wird der Leser auf den Beitrag technischen Nützlichkeitsdenkens der Naturwissenschaften an den NS-Verbrechen hingelenkt. Von diesem Standort aus wird die Herausstellung der "Studien" auch dann verständlich, wenn ihnen die vom Berufungsgericht unterlegten verbrecherischen Absichten der Verfasser nicht beigemessen werden. Denn auch dann paßt es in das Konzept einer Kritik an einem nur auf die technische Perfektion sehenden Verhaltens, auf die Tatsache hinzuweisen, daß ausgerechnet in einem Zeitpunkt, in dem das NS-Sterilisierungsprogramm in die Ausführungsphase eintrat, "Studien" über ein billiges Sterilisationsverfahren am Menschen veröffentlicht wurden, zumal die SS-Führung, wie unstreitig ist, ihnen erhebliche Aufmerksamkeit gewidmet hat. Solcher Verurteilung einer die moralische Verantwortlichkeit für die Folgen vernachlässigenden Ausrichtung an der technischen Aufgabe ist es im Prinzip gleichgültig, ob die Verfasser der "Studien" diese zur Unterstützung der NS-Sterilisierungspolitik oder allein aus wissenschaftlichem Interesse zu jenem Zeitpunkt in die Öffentlichkeit gebracht haben; für sie zählt schon die Tatsache der Veröffentlichung. Für dieses Verständnis hat auch das Gewicht der Erwähnung der "Studien" als im wesentlichen einziges konkretes Beispiel für das angeprangerte technische Nützlichkeitsdenken keinen unangemessenen Stellenwert. In der "bereinigten" Fassung bewegt sich zudem die Schilderung über die Veröffentlichung der "Studien" in größerer Distanz zu den NS-Gewalthabern. Jetzt wird nur noch berichtet, daß diese von dritter Seite, nicht von den Verfassern, auf die "Studien" aufmerksam gemacht worden sind und daß die SS erst nach Erscheinen der Veröffentlichung mit den Verfassern Kontakt aufnahm, um deren Forschungsergebnisse für ihre Zwecke nutzbar zu machen. Allein der Arzt, der Himmler auf die Veröffentlichung aufmerksam gemacht hatte, war im Nürnberger Ärzteprozeß deshalb angeklagt; die Verfasser der "Studien" werden in der "bereinigten" Fassung mit dem Prozeß nicht mehr in Verbindung gebracht.
b)
Jedoch kann entgegen der Auffassung der Revision des Beklagten nicht außer Betracht bleiben, daß das Verständnis des Lesers oder Hörers, der in der "bereinigten" Form erneut mit den kritisierten Tätigkeiten des Klägers konfrontiert wird, beeinflußt sein kann durch die in der "unbereinigten" Fassung "verdeckt" enthaltenen unzulässigen Aussagen über den Kläger. Der Umstand, daß der Beklagte diese Aussagen in dem "unbereinigten" Kapitel des Buches gemacht hat, wird durch die "bereinigten" Äußerungen nicht gänzlich aus der Welt geschafft. Der Kläger müßte bei der hier gegebenen Fallgestaltung doch befürchten, daß der einmal in die Öffentlichkeit gelangte Aussagegehalt der "unbereinigten" Fassung des Buches für das Verständnis der "bereinigten" Äußerungen, wenn auch in begrenztem Umfang fortwirkt.
Hier hatte der Beklagte nach den insoweit nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts seinen Text bewußt auf diese "verdeckten" Aussagen hin konzipiert; seine Äußerungen über die Aktivitäten des Klägers haben - wenn auch erst im Licht der ihm jetzt verbotenen Textstellen - die "verdeckten" Aussagen mitgetragen. Damit wird freilich nicht die "unbereinigte" Fassung des Buches in den "bereinigten" Aussagegehalt übernommen. Diese Äußerungen geraten aber durch ihre Verwandtschaft mit der "unbereinigten" Fassung des Buches, die auf das durch sie geprägte Vorverständnis der Öffentlichkeit trifft, selbst in den Einfluß dieses vorgeprägten Verständnisses. Infolge dieser suggestiven Bezüge kann durch die "bereinigte" Fassung der Äußerungen das Verständnis der "unbereinigten" Fassung des Buches bei Lesern und Hörern aktiviert und damit jener "verdeckte" Vorwurf wieder hervorgeholt werden. Jedenfalls bei einer Buchveröffentlichung, für deren Wirkungen der Suggestion des textlichen Konzepts besondere Bedeutung zukommt, sind Autor und Herausgeber, wenn sie den inkriminierten Text - wenn auch "bereinigt" - erneut an die Öffentlichkeit bringen wollen, zu größerer Zurückhaltung verpflichtet, als von ihnen nach Art. 5 GG dann verlangt werden dürfte, wenn sie nicht das Vorverständnis in der Leserschaft durch eine vorausgegangene "unbereinigte" Veröffentlichung belastet hätten. Dann müssen sie zusätzliche Maßnahmen ergreifen, um den unvermeidlichen Reminiszenzen an die frühere Fassung mit ihren "verdeckten" Unrichtigkeiten im Rahmen des Zumutbaren die belastende Wirkung für den Betroffenen zu nehmen.
Dazu reichen nach Auffassung des Senats die inzwischen vorgenommenen Weglassungen nicht aus. Damit sind nur die "verdeckten" Vorwürfe, der Kläger habe durch Veröffentlichung der "Studien" und in Erfüllung der daraufhin ergangenen "Anweisungen" Himmlers experimentell die NS-Sterilisationspolitik bewußt und gewollt unterstützt, entfernt, nicht aber wirkt dies ausreichend der Gefahr entgegen, daß diese Vorwürfe, die in der "ursprünglichen" Fassung enthalten waren, durch "bereinigte" Äußerungen neu bewußt gemacht werden. Dazu lehnen sich diese zu eng an Formulierungen, die diese Vorwürfe ursprünglich getragen haben, an. Bei Verwendung einer derartigen textlichen Verbindung, die Leser oder Hörer auf Bezugszusammenhänge zu der Ursprungsfassung des beanstandeten Kapitels hinweisen kann, bedarf es eines klarstellenden Zusatzes, um belastende Wirkungen, die immer noch auch der "bereinigten" Aussage anhaften, für den Kläger zu neutralisieren.
4.
Indes hat der Kläger schutzwürdige Interessen an einem Verbot der "bereinigten" Äußerungen nur noch insoweit, als diese nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen einen Bezugszusammenhang mit der "unbereinigten" Fassung des Buches vermitteln können. Diesem Interesse kann, was das Berufungsgericht zu Unrecht für nicht möglich hält, der Beklagte schon durch einen klarstellenden Zusatz genügen, der dem durch die ursprüngliche Fassung geschaffenen Vorverständnis gegenwirkt, der Kläger habe durch seine "Studien" und Mitwirkung an Experimenten die NS-Sterilisierungsvorhaben unterstützen wollen. Dazu reicht aus, wenn bei wiederholter Schilderung der Aktivitäten des Klägers, um die es hier geht, seine Aussage im Nürnberger Ärzteprozeß in der Weise, wie dies jetzt in der Lizenzaussage der "Büchergilde" geschehen ist, durch den Satz vervollständigt wird, der durch die vom Beklagten selbst genannte Quelle (Mitscherlich, Medizin ohne Menschlichkeit 1960 S. 239) belegt wird:
"... Wir vermuteten, daß die SS oder Pohl Absichten haben könnten, mit denen wir nicht einig gehen. Darum sind die Versuche sofort in dieser Weise angefaßt, geplant und durchgeführt worden."
Eine andere Möglichkeit wäre, klar auszusprechen, daß den Mitarbeitern der Firma M. solche Absichten nicht unterstellt werden können. Ohnehin steht dem Beklagten frei, jeden zur Vermeidung des falschen Eindrucks geeigneten Zusatz zu wählen.
Ein Zusatz dieser Art nimmt den verzerrenden Akzenten der "unbereinigten" Fassung, mit denen, wie ausgeführt, auch die "bereinigten" Äußerungen belastet sind, ihr Gewicht; er rückt das durch die "unbereinigte" Fassung verzeichnete Bild des Klägers über seine subjektive Einstellung gegenüber den Sterilisationsvorhaben sowohl für die Veröffentlichung der "Studien" als auch für seine hieran anschließende experimentelle Mitwirkung wieder zurecht (vgl. BGHZ 31, 308, 319).
Diese Auflage für eine Wiederholung von Äußerungen über die in seinem Buch geschilderten Tätigkeiten des Klägers greift auch nicht in unzulässiger Weise in die Kritikerfreiheit des beklagten Autors ein. Zwar sind dem Richter durch Art. 5 GG auch für die Ausgestaltung eines Veröffentlichungsverbots aufgrund eines Unterlassungsanspruchs Grenzen gezogen, die sich an Wesen und Bedeutung der freien Meinungsäußerung ausrichten (vgl. BGHZ 57, 325, 331 [BGH 30.11.1971 - VI ZR 115/70] und Senatsurteil vom 3. Juni 1975 - VI ZR 123/74 - NJW 1975, 1882, 1885). Diese Grenzen werden durch die Beschränkung, die dem Beklagten aufgegeben wird, nicht Überschritten. Weder legt sie ihn auf eine andere Konzeption seiner Veröffentlichung fest, noch nötigt sie ihm die Auseinandersetzung mit Sachverhalten ab, auf die er sich nicht einlassen will. Der klarstellende Zusatz betrifft lediglich die Aussage, die der Kläger als Zeuge im Nürnberger Ärzteprozeß gemacht hatte und auf die der Beklagte schon in der "unbereinigten" Fassung eingegangen ist. Sie fordert ihm auch keine Relativierung des schutzwürdigen Anliegens seiner Kritik ab, sondern nur eine vollständigere Sachaussage, die belegt ist, ihm daher in ihrer Fassung nicht vom Gericht vorgeschrieben wird (vgl. dazu das "Mephisto"-Urteil des BGH vom 20. März 1968 - I ZR 44/66 - NJW 1968, 1773, 1778 [BGH 20.03.1968 - I ZR 44/66] [insoweit nicht in BGHZ 50, 133]), und auch dies nicht, um dem Kläger eine mildere Behandlung durch seinen Kritiker zu verschaffen, was nicht zulässig wäre, sondern allein um deswillen, weil ohne solchen Zusatz das durch die "unbereinigte" Fassung verzerrte Bild über den Kläger durch eine Wiederholung der Behauptungen, wenn auch in "bereinigter" Form wiederbelebt zu werden droht. Jedenfalls für einen Fall wie dem vorliegenden, in dem es dem Beklagten in erster Linie auf Information seines Lesers und Hörers ankommt und das künstlerische Anliegen des Buchautors in den Hintergrund tritt, bedeutet es keine unzulässige Zensur, wenn ihm aufgegeben wird, auf diese Weise dem Ehrenschutz Rechnung zu tragen. Dadurch wird der Beklagte in weit geringerem Maß in seiner Kritikerfreiheit begrenzt, als wenn ihm der Verzicht auf "offene" Einzelaussagen, die als solche nicht zu beanstanden sind, aufgegeben wird.
II.
Zur Revision des Klägers
Demgegenüber bleibt die Revision des Klägers mit ihren Angriffen gegen die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht sein weitergehendes Unterlassungsbegehren abgewiesen hat, ohne Erfolg.
1.
Soweit sich die Revision dagegen wendet, daß das Berufungsgericht dem Antrag, die S. 95-106 des beanstandeten Kapitels weiter zu verbreiten, nicht stattgegeben hat, muß sie schon deshalb erfolglos bleiben, weil für solches Verbot dem Kläger das Rechtsschutzinteresse fehlt.
Durch die dem Beklagten mit der einstweiligen Verfügung gemachten strafbewehrten Auflagen, denen sich dieser unterworfen hat, ist hinreichend sichergestellt, daß dieser seine ehrverletzenden Angriffe gegen den Kläger durch Weiterverbreitung des Kapitels in seiner "unbereinigten" Fassung nicht wiederholt. Das ist in den Ausführungen zur Revision des Beklagten näher dargelegt worden.
2.
Ohne Erfolg muß die Revision des Klägers auch insoweit bleiben, als sie dessen Anspruch auf Unterlassung der Vorwürfe gegen Dr. G.M. und die Firma M.& Co. KG weiter verfolgt. Eine Aktivlegitimation zur Wahrung der Interessen der Genannten steht ihm nicht zu. Soweit er selbst einen Anspruch auf Unterlassung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe hat, sind seine Interessen hierin ausreichend berücksichtigt.
2.
Der Anspruch auf Geldentschädigung ("Schmerzensgeld")
Zum Ausgleich der immateriellen Nachteile, die dem Kläger durch den ehrverletzenden Eingriff aufgrund des beanstandeten Kapitels zugefügt worden sind, hat ihm das Berufungsgericht eine Geldentschädigung von 10.000 DM zugebilligt.
Hiergegen wenden sich beide Revisionen im Ergebnis ohne Erfolg.
1.
Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Gewährung einer Geldentschädigung Verschulden des Verletzers voraussetzt. Darüber hinaus kommt sie nur in Betracht, wenn solcher Ausgleich für den Verletzten unabweislich ist. Deshalb billigt die Rechtsprechung sie nur bei schweren Verletzungen und nur dann zu, wenn sich die erlittene Beeinträchtigung nicht auf andere Weise befriedigend ausgleichen läßt (BGHZ 35, 363, 369) [BGH 19.09.1961 - VI ZR 259/60]. Ob ein derart schwerer Eingriff anzunehmen ist, läßt sich nur aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles beurteilen. Hierbei sind insbesondere Art und Schwere der Beeinträchtigung, ihr Anlaß und Beweggrund und der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 26. Januar 1971 - VI ZR 95/70 = NJW 1971, 698 mit Nachw.; st. Rspr.).
2.
Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht Verschulden, und zwar Vorsatz des Beklagten festgestellt. Nach seiner Würdigung hat dieser die ehrverletzenden, "verdeckten" Aussagen aufgrund einer Vielzahl zielgerichtet ineinandergreifender Manipulationen nur mit Verleumdungsvorsatz machen können.
Diese Feststellung überschreitet nicht die Grenzen tatrichterlicher Würdigung. Insbesondere konnte das Berufungsgericht hierzu auch unter Berücksichtigung des Umstandes gelangen, daß Rechtsanwalt G. unter Mitwirkung des Beklagten das Buch vor seinem Erscheinen auf seine presserechtliche Zulässigkeit geprüft hat; denn der Rechtsanwalt ist nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten nicht von ihm, sondern von dem Verlag eingeschaltet worden. Daß das Berufungsgericht diesen Umstand nicht unbeachtet gelassen hat, ergibt sich aus den Entscheidungsgründen, die zur Einschaltung des Rechtsanwalts im Rahmen der Verschuldensprüfung Stellung nehmen. Auf das Vorbringen des Beklagten dazu, inwieweit der Verlag durch die Hinzuziehung des Rechtsanwalts entlastet worden ist, kommt es hier nicht an, wo allein das Verschulden des Beklagten in Frage steht. Die Beratung des Rechtsanwalts könnte ihn nicht hinsichtlich der Richtigkeit der von ihm aufgestellten "verdeckten" Behauptungen entlasten, wenn ihm, wie festgestellt, Vorsatz vorzuwerfen ist. Die dazu von ihm erhobenen Revisionsrügen gehen deshalb ins Leere.
3.
Daß die Beschuldigung eines Mediziners, sich wissentlich in den Dienst der NS-Sterilisierungsvorhaben gestellt zu haben, außergewöhnlich schwer wiegt, bedarf keiner näheren Begründung. Auch der Umstand, daß der Kläger sich dadurch der Kritik ausgesetzt haben mag, daß er seine "Studien" zu einem Zeitpunkt veröffentlicht hat, der den Interessen der NS-Machthaber entgegenkam, kann entgegen der Auffassung der Revision hieran nichts ändern; es ist für sein Ansehen ein wesentlicher Unterschied, ob er den NS-Gewalthabern unwissentlich oder willentlich zur Hand gegangen ist.
Unzutreffend ist die Auffassung der Revision, das Berufungsgericht habe erschwerend berücksichtigt, daß der Leser die "verdeckte" Aussage zwischen den Zeilen herauslesen müsse. Mit den hier angesprochenen Ausführungen wollte das Berufungsgericht nur seine Feststellung stützen, daß der Beklagte vorsätzlich gehandelt hat.
Dem Berufungsgericht ist auch darin zuzustimmen, daß die dem Kläger durch die Verbreitung der "unbereinigten" Fassung zugefügten immateriellen Nachteile nicht mit negatorischen Rechtsbehelfen voll ausgeglichen werden können, sondern eine billige Entschädigung in Geld erheischen; auch durch einen Widerruf ist die Störung nicht folgenlos zu beseitigen, zumal er die Leser des "unbereinigten" Buchs nicht zuverlässig erreichen könnte.
4.
Auch die Festsetzung der Höhe der Entschädigung, die im wesentlichen dem Beurteilungsermessen des Tatrichters überlassen ist, läßt keinen Rechtsfehler erkennen.
Das Berufungsgericht, das dafür nur die "unbereinigte" Fassung des Kapitels zugrundegelegt hat, konnte für die Bemessung der Entschädigung den Vorsatz des Beklagten in den Vordergrund stellen. Gegenüber dem dadurch besonders unterstrichenen Genugtuungsinteresse des Klägers kann hier der Umstand, daß das Berufungsgericht nach den Maßstäben, die es nach obigen Ausführungen hätte anlegen müssen, die "verdeckte" Gesamtaussage in Einzelpunkten zugunsten des Beklagten anders hätte beurteilen müssen, hier nicht entscheidend ins Gewicht fallen.
5.
Die Rüge der Revision des Klägers, das Berufungsgericht habe die Entschädigung erst nach Erfüllung des geltend gemachten Auskunftsanspruchs durch den Beklagten höher festsetzen müssen, ist unbegründet, da das Berufungsgericht diesen Anspruch zu Recht verneint hat, wie sogleich dargelegt wird.
3.
Der Anspruch auf Auskunft
Einen Anspruch des Klägers auf Auskunft hat das Berufungsgericht zu Recht verneint.
Ohne Rechtsfehler stellt das Berufungsgericht fest, der Verbreitungsumfang des Buchs sei dem Kläger bekannt. Ihm ist auch darin beizupflichten, daß der Beklagte dem Kläger keine Auskunft darüber zu geben braucht, ob und inwieweit er in anderer Weise seine ehrverletzenden Äußerungen gemacht hat.
Daß der Beklagte derartige Äußerungen eingeräumt habe, wie die Revision des Klägers meint, ist weder dem Tatbestand des Berufungsurteils noch dem Parteivorbringen zu entnehmen. Vor allem kann der Auskunftsanspruch nur dazu dienen, dem Geschädigten Aufklärung über Umfang und Art eines festgestellten rechtswidrigen Eingriffs zu verschaffen. Demgegenüber kann er vom Schädiger keine Aufklärung darüber verlangen, bei welcher Gelegenheit und wem gegenüber dieser weitere unerlaubte Handlungen gleicher Art begangen hat (RG GRUR 1939, 72, 80; 1942, 79, 88; BGH Urteil vom 4. Juli 1975 - I ZR 115/73 - NJV 1976, 193, 194). Der Auskunftsanspruch dient nicht dazu, dem Geschädigten insoweit die Beweislast für die haftungsbegründenden Voraussetzungen abzunehmen. Herum geht es aber dem Kläger, wenn er Auskunft von dem Beklagten verlangt, wo, wann und wem gegenüber dieser die inkriminierenden Behauptungen mündlich oder schriftlich sonst noch verbreitet habe.
4.
Schlußergebnis
Daraus ergibt sich, daß das Berufungsurteil auf die Revision des Beklagten im Unterlassungsausspruch einzuschränken ist. Im übrigen sind beide Revisionen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97 Abs. 1 ZPO. Dabei geht der Senat davon aus, daß der Kläger mit seinem Unterlassungsbegehren nur zu 1/4 obsiegt. Da das Berufungsgericht seiner Kostenentscheidung ebenfalls diese Quote zugrundegelegt hat, konnte seine Entscheidung insoweit bestehen bleiben.
Dunz
Dr. Steffen
Dr. Kullmann
Dr. Deinhardt