Bundesgerichtshof
Urt. v. 08.01.1963, Az.: VI ZR 35/62
Schadenabwägung; Entstehung des Unfallschadens; Ursächliche Umstände
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 08.01.1963
- Aktenzeichen
- VI ZR 35/62
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1963, 10306
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Braunschweig - 29.12.1961
Rechtsgrundlagen
Fundstelle
- VersR 1963, 285-287 (Volltext mit red. LS)
Redaktioneller Leitsatz
Es dürfen bei einer Schadenabwägung nach § 17 StVG wie auch nach § 9 StVG, § 254 BGB nur solche Umstände verwertet werden, von denen feststeht, deren Ursächlichkeit für die Entstehung des Unfallschadens feststeht (siehe auch BGH vom 16. 10. 1956, VersR 1956, 732, NJW 1957, 99, VRS 12, 17; BGH vom 15. 11. 1960, VersR 1961, 249; BGH vom 17. 1. 1961, VersR 1961, 234; BGH vom 11. 7. 1961, VersR 1961, 854, VRS 21, 241; BGH vom 28. 5. 1963, VersR 1963, 1026).
In dem Rechtsstreit
hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
auf die mündliche Verhandlung vom 7. Dezember 1962
unter Mitwirkung
der Bundesrichter Dr. Kleinewefers, Hanebeck, Dr. Bode, Dr. Hauß und Dr. Pfretzschner
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 29. Dezember 1961 teilweise aufgehoben und wie folgt neu gefaßt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig vom 2. März 1960 dahin abgeändert:
Die von der Klägerin gemäß Schriftsatz vom 17. Mai 1961 geltend gemachten Zahlungsansprüche aus dem tödlichen Verkehrsunfall des Bundesbahn-Stellwerkmeisters a.D. Berthold Stein in Braunschweig vom 1. Dezember 1958 werden dem Grunde nach bis zu einem Drittel des der Witwe Gertrud S. geb. Sc. durch den Unfalltod ihres Ehemannes entstandenen Unterhaltsschadens, begrenzt durch den Haftungsrahmen des Straßenverkehrsgesetzes, für gerechtfertigt erklärt.
Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin bis zu derselben Schadenshöhe und Haftungsgrenze diejenigen weiteren Beträge zu erstatten, welche die Bundesbahn-Versicherungsanstalt, Bezirksleitung Hannover, in Hannover infolge etwa eintretender Rentenerhöhungen und damit verbundener Erhöhungen der Witwenrente an Frau Gertrud S. geb. Sc. in B. zu gewähren hat.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen und die weitergehende Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Zur Verhandlung und Entscheidung über den Betrag des Schadensersatzanspruchs wird die Sache an das Landgericht Braunschweig zurückverwiesen. Die zeitliche Begrenzung der Rentenansprüche bleibt ebenfalls dem Betragsverfahren vorbehalten.
Das Landgericht hat auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden.
Die Kosten der Revision werden zu einem Sechstel der Klägerin und zu fünf Sechsteln dem Beklagten auferlegt.
Tatbestand
Am 1. Dezember 1958 kam der 64-jährige Bundesbahn-Stellwerkmeister a.D. Berthold S. in B. durch einen Verkehrsunfall ums Leben. Als er gegen 1 Uhr nachts von einer Familienfeier in Rüningen heimkehrte, wurde er auf der unbeleuchteten Frankfurter Straße von einem entgegenkommenden Ford-Personenkraftwagen angefahren, dessen Halter und Fahrer der Beklagte war. Die Frankfurter Straße weist eine 6,10 m breite asphaltierte Fahrbahn mit einem Sommerweg auf der einen Seite und einem 3,50 m breiten Radweg und anschließendem 1,80 m. breiten Fußweg auf der anderen Seite auf. Der Beklagte, der sich in Gesellschaft von drei jungen Leuten auf der Heimfahrt von einem Tanzvergnügen befand, fuhr auf der regennassen Fahrbahn mit Abblendlicht scharf rechts entlang dem Radweg und erfaßte Stein mit dem rechten Kotflügel seines Wagens. S. wurde durch den Anprall etwa 8 m weit auf den Radweg geschleudert; er starb infolge Zertrümmerung der Schädeldecke. Es erwies sich, daß er einen Blutalkoholgehalt von 2,09 Promille hatte.
Die Witwe des Verunglückten erhält von der Klägerin Hinterbliebenenbezüge und von der Bundesbahn-Versicherungsanstalt eine Witwenrente.
Die Klägerin hat im Hinblick darauf, daß S. auf der Grenze zwischen Fahrbahn und Radweg gegangen sei, den Beklagten für verpflichtet gehalten, 2/3 der durch den Unfalltod des S. verursachten Schäden zu tragen. Sie hat den Unterhaltsanspruch, den die Witwe S. gegen ihren Ehemann bei dessen Fortleben gehabt hätte, auf monatlich 182,06 DM errechnet und unter Berufung auf den Forderungsübergang nach § 87 a BBG den Beklagten wegen ihrer Aufwendungen an Hinterbliebenen bezügen auf Erstattung von 667,42 DM und Zahlung von monatlich 74, 19 DM ab 1. August 1959 in Anspruch genommen sowie festzustellen beantragt,
daß der Beklagte verpflichtet sei, ihr diejenigen weiteren Beträge zu 2/3 zu erstatten, welche sie über das derzeitige Witwengeld hinaus infolge etwa eintretender Gehaltserhöhungen und damit verbundener Erhöhungen des Witwengeldes an Frau S. zu zahlen habe.
Der Beklagte hat eingewendet, der Unfall sei ein für ihn unabwendbares Ereignis gewesen; S. sei plötzlich vom Radweg kommend auf der Fahrbahn aufgetaucht.
Das Landgericht hat eine Schadensersatzpflicht des Beklagten verneint und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin hat gegen das Urteil Berufung eingelegt, sich im Berufungsverfahren von der Bundesbahn-Versicherungsanstalt den Schadensersatzanspruch abtreten lassen, der nach § 1542 RVO auf diese übergegangen ist, und in Erweiterung ihrer Klage auch diesen Anspruch - wieder auf der Grundlage einer 2/3-Schadenshaftung des Beklagten - gegen den Beklagten geltend gemacht. Sie hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 970,99 seit dem 1. August 1959 sowie vom 1. August 1959 an bis zum 1. Mai 1972, jedoch nicht über den Tod der Witwe S. hinaus, monatlich 121,37 DM jeweils am Monatsletzten nebst 4 % Zinsen vom Fälligkeitstage an zu zahlen.
Weiter hat sie festzustellen beantragt,
daß der Beklagte verpflichtet sei, ihr diejenigen weiteren Beträge zu 2/3 zu erstatten, welche die BundesbahnVersicherungsanstalt in Hannover über die derzeitige Witwenrente hinaus infolge etwa eintretender Rentenerhöhungen und der damit verbundenen Erhöhungen der Witwenrente an Frau S. zu zahlen habe.
Der Beklagte hat gegenüber den abgetretenen Ansprüchen die Einrede der Verjährung erhöben.
Das Oberlandesgericht hat die Zahlungsansprüche des Berufungsbegehrens im Rahmen des Straßenverkehrsgesetzes zu 3/4 dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und festgestellt, daß der Beklagte im Rahmen des Straßenverkehrsgesetzes verpflichtet ist, der Klägerin diejenigen weiteren Beträge zur Hälfte zu erstatten, welche die Bundesbahn-Versicherungsanstalt infolge etwa eintretender Rentenerhöhungen und damit verbundener Erhöhungen der Witwenrente an Frau S. zu zahlen hat. Die weitergehende Klage hat das Oberlandesgericht abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.
Mit der Revision erstrebt der Beklagte weiterhin die volle Abweisung der Klägerin mit den geltend gemachten Ansprüchen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
1.)
Das Berufungsgericht hat - abweichend vom Landgericht - die Annahme abgelehnt, daß der Unfall durch ein für den Beklagten unabwendbares Ereignis verursacht worden sei (§ 7 Abs. 2 StVG). Wie es festgestellt hat, ist der Beklagte mit einer Fahrgeschwindigkeit von etwa 50 km/st gefahren. Auf dem regennassen Rutschasphalt der Fahrbahn betrug bei dieser Fahrgeschwindigkeit sein Anhalteweg mehr als 40 m. Nach dem Anstoß hat er sein Fahrzeug erst 45 m weiter zum Stehen gebracht. Die abgeblendeten Scheinwerfer gewährten dem Beklagte nur eine Sicht, deren Weite nach der Überzeugung des Berufungsgerichts geringer war als sein Anhalteweg. Das Berufungsgericht ist daher der Auffassung, daß sich der Beklagte wegen mangelnder Anpassung seiner Fahrgeschwindigkeit an die Sichtweite schuldhaft verkehrswidrig verhalten hat. Ob und inwieweit das verkehrswidrige Verhalten des Beklagten für den Unfall des S. ursächlich geworden ist, hat das Berufungsgericht jedoch nicht mit ausreichender Sicherheit feststellen können, da sich, wie es ausgeführt hat, nicht ausschließen läßt, daß S. dem Beklagten vom Radweg her seitlich in. den Wagen gelaufen ist. Das Berufungsgericht hat daher nicht als bewiesen angesehen, daß die Voraussetzungen für eine Verschuldenshaftung des Beklagten nach § 823 BGB erfüllt sind. Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat der Beklagte seinerseits aber auch nicht bewiesen, daß S. ihm tatsächlich vom Radweg her plötzlich in den Wagen gelaufen ist. In dieser Hinsicht ist das Unfallgeschehen nach Auffassung des Berufungsgerichts ungeklärt geblieben. Das Berufungsgericht hat infolgedessen die Schadenshaftung des Beklagten nach § 7 Abs. 1 StVG für begründet gehalten.
Da S. entgegen der Vorschrift des § 37 Abs. 1 StVO nicht den vorhandenen Gehweg benutzte, sondern sich in den Bereich der Fahrbahn begab, hat nach den Darlegungen des Berufungsurteils auch er - und zwar schuldhaft - zu dem Unfall beigetragen.
Das Berufungsgericht ist infolgedessen zu einer Schadensteilung gelangt (§ 9 StVG, § 254 BGB). Bei ihr hat es erwogen, daß zu Lasten des Beklagten die Betriebsgefahr seines Kraftwagens geht; einen weiteren Faktor der Abwägung hat es in dem Verschulden des Beklagten gesehen, daß er die Fahrgeschwindigkeit nicht der Reichweite seiner Scheinwerfer angepaßt hat. Zu Lasten des Verunglückten hat es gewertet, daß er durch die Benutzung der Fahrbahn - sei es auch am äußersten Rande - das Vorrecht des übrigen Straßenverkehrs beeinträchtigt hat und ihm sein Verhalten zum Verschulden gereicht. Das Berufungsgericht hat es im Ergebnis für gerechtfertigt gehalten, daß sich die Schadenshaftung des Beklagten auf die Hälfte der im Haftungsrahmen des Straßenverkehrsgesetzes liegenden Schäden begrenzt.
2.)
Zu Unrecht meint die Revision, ein Beweis des ersten Anscheins spreche für die Richtigkeit der Behauptung des Beklagten, daß ihm S. ganz plötzlich und unvorhersehbar vom Radweg her in den Wagen gelaufen, der Unfall daher für den Beklagten im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG unabwendbar gewesen sei. Auf die Entscheidung des Senats vom 13. April 1953 - VI ZR 72/52 - LM Nr. 13 zu § 286 [C] kann sich die Revision zur Stützung ihrer Ansicht nicht berufen. In dem damaligen Falle war mit einem Kraftwagen ein Fußgänger zusammengestoßen, der, wie feststand, unmittelbar vor dem Unfall die Fahrbahn von rechts zur Überquerung der Straße betreten und keinesfalls für längere oder kürzere Zeit auf ihr verweilt hatte. Daß der Senat damals ausgesprochen hat, ein Beweis des ersten Anscheins spreche lediglich für ein Verschulden des Fußgängers, nicht aber für ein Verschulden des Kraftfahrzeugführers, läßt sich auf den vorliegenden Fall nicht übertragen. Denn hier ist gerade ungeklärt, ob S. vor dem Unfall geradlinig am Fahrbahnrand entlanggegangen oder plötzlich vom Radweg her vor den Kraftwagen gelaufen ist. Ein Anscheinsbeweis für hoch sorgfältige Fahrweise des Beklagten und Unabwendbarkeit des Unfalls im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG ergibt sich, wie nicht weiter ausgeführt zu werden braucht, auch nicht daraus, daß S. einen Blutalkoholgehalt von 2,09 Promille gehabt, der Wagen des Beklagten keine Bremsspuren hinterlassen und nach Aussage des Zeugen R. der Beklagte bei der Aufnahme des Unfall durch die Polizei erklärt, hat, er habe S. - wie er glaube: schaukelnd - erst in etwa drei Metern Entfernung vor sich auf der Fahrbahn erkannt.
3.)
Die Revision wendet sich weiter gegen die Annahme ein Verschuldens des Beklagten. Auf die Rügen, die sie hierzu erhoben hat, braucht nicht weiter eingegangen zu werden. Denn Grundlage der im Berufungsurteil ausgesprochenen Schadensersatszpflicht des Beklagten ist nicht das vom Berufungsgericht für erwiesen gehaltene schuldhafte Verhalten des Beklagten, sondern allein die Gefährdungshaftung, die ihn als Halter des Kraftfahrzeugs nach § 7 StVG trifft.
Allerdings hat das Berufungsgericht bei der Schadensabwägung nach § 9 StVG, § 254 BGB dem Verschulden des Beklagten zu seinen Lasten Bedeutung beigemessen. Darin liegt ein Rechtsfehler. Die Fehlerhaftigkeit beruht aber auf einem Grunde, bei dem es dahingestellt bleiben kann, ob die Angriffe der Revision gegen die Annahme eines Verschuldens gerechtfertigt sind oder nicht.
4.)
Nach feststehender Rechtsprechung können bei der Schadensabwägung nach § 17 StVG wie auch nach § 9 StVG, § 254 BGB nur solche Umstände verwertet werden, von denen feststeht, daß sie für die Entstehung des Unfallschadens ursächlich geworden sind (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 16. April 1955 - VI ZR 196/54 - VersR 1955, 310 - VRS 9, 112; vom 16. Oktober 1956 - VI ZR 162/55 - NJW 1957, 99 = VersR 1956, 732 = VRS 12, 17; vom 9. November 1956 - VI ZR 243/55 - VersR 1957, 63; vom 13. November 1956 - VI ZR 239/55 - VersR 1957, 178; vom 15. November 1960 - VI ZR 30/60 - VersR 1961, 249; vom 17. Januar 1961 - VI ZR 74/60 - VersR 1961, 234; Urteil des III. Zivilsenats des BGH vom 2. März 1961 - III ZR 12/60 - VersR 1961, 536, 539). Nun hat das Berufungsgericht bei der Schadensabwägung zwar bemerkt, der Beklagte hätte das verkehrswidrige Verhalten des Fußgängers bei gehöriger Aufmerksamkeit rechtzeitig wahrnehmen können. Das kann aber nur dahin verstanden werden, daß der Beklagte den Fußgänger rechtzeitig hätte wahrnehmen können und bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte wahrnehmen müssen, wenn dieser vor seinem Unfall etwa geradlinig am Rande der Fahrbahn entlanggegangen und nicht plötzlich von der Seite her in den Wagen hineingelaufen sein sollte. Denn für den letzteren Fall hat das Berufungsgericht eine Verschuldenshaftung des Beklagten ausdrücklich abgelehnt. Gerade daß es auf diese Weise zu dem Unfall gekommen sein kann, hat das Berufungsgericht aber für nicht ausgeschlossen gehalten; nur darum hat es auch die Gefährdungshaftung des Beklagten nach § 7 StVG für begründet erachtet. Es steht nicht fest, daß die angelnde Anpassung der Fahrgeschwindigkeit des Beklagten an seine Sichtweite und das hierin liegende Verschulden des Beklagten für den Unfall ursächlich geworden ist. Ersichtlich hat das Berufungsgericht auch nicht feststellen können, daß die Auswirkungen des Unfalls ohne das schuldhafte Verhalten des Beklagten geringer gewesen wären. Danach durfte das Verschulden bei der Schadensabwägung aber nicht zu Lasten des Beklagten in die Waagschale geworfen werden. Die Schadensverteilung, die das Berufungsgericht vorgenommen hat, ist durch Rechtsirrtum beeinflußt.
5.)
Wenn es auch in erster Linie Aufgabe des Tatrichters ist, darüber zu bestimmen, wie sich bei mitwirkendem Verschulden der Schaden unter Schädiger und Geschädigtem verteilt, so kann das Revisionsgericht diese Bestimmung im vorliegenden Fall doch selbst treffen, da sich der Sachverhalt nicht weiter hat aufklären lassen und die Schadensverteilung von keinen anderen Umständen abhängt, als sie dem Senat bekannt sind. Entscheidend für die Abwägung sind die konkreten von den Beteiligten zu vertretenden Umstände, die zu dem Unfall geführt haben. Das ist hier auf seiten des Beklagten die Betriebsgefahr seines Kraftwagens mit der vom Berufungsgericht festgestellten Wucht des Anpralls und auf der Seite des Verunglückten, daß er sich, statt den vorhandenen Gehweg zu benutzen, schuldhaft in den Bereich der Fahrbahn begeben hat, wo er bei der nächtlichen Dunkelheit besonders gefährdet war. Der Senat hält es für angemessen, die Schadensersatzpflicht des Beklagten auf ein Drittel der durch den. Unfall verursachten Schäden zu begrenzen.
Für den Unterhaltsschaden der Witwe des Verunglückten, um den es sich bei den von der Klägerin kraft gesetzlichen Forderungsübergangs und vertraglicher Forderungsabtretung geltend gemachten Schadensersatzansprüchen handelt, ist der Beklagte daher zu 1/3 ersatzpflichtig; seine Schadensersatzpflicht besteht nur im Haftungsrahmen des Straßenverkehrsgesetzes.
6.)
Das Berufungsgericht hat die Einrede der Verjährung, die vom Beklagten gegenüber den von der Witwe S. gemäß § 1542 RVO auf die Bundesbahn-Versicherungsanstalt übergegangenen und von dieser an die Klägerin abgetretenen Ansprüchen erhoben worden ist, für unbegründet gehalten. Das wird von der Revision angegriffen. Sie kann hiermit keinen Erfolg haben.
Da die Witwe S. nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zur Zeit dies Forderungsübergangs noch keine Kenntnis von dem tödlichen Unfall ihres Ehemannes gehabt hat, kommt es, wie die Revision nicht in Zweifel zieht, für Beginn der zweijährigen Verjährungsfrist des § 14 StVG darauf an, wann die Bundesbahn-Versicherungsanstalt die Kenntnis von dem Schaden und der Person des Schädigers erlangt hat. Festgestelltermaßen hat die Bundesbahn-Versicherungsanstalt von dem Unfalltod des S. durch den Rentenantrag seiner Witwe erfahren, der am 29. Dezember 1958 bei ihrer Bezirksleitung Hannover einging. Der Antrag gab jedoch keinen Aufschluß über die Person des Schädigers. Auf Rückfrage hat die Witwe S. der Versicherungsanstalt mit Schreiben vom 27. Januar 1959 mitgeteilt, Kraftfahrzeugführer sei Wilfried H. (der Beklagte) und Kraftfahrzeughalter sei Wolfgang H. gewesen. An Wolfgang H. hat sich die Bundesbahnversicherungsanstalt darauf am 2. Februar 1959 mit der schriftlichen Aufforderung gewandt, ihre Ersatzansprüche anzuerkennen. Das Schreiben blieb unbeantwortet. Daß nicht ein Wolfgang H., sondern der Beklagte Halter des Fahrzeugs war, ist der Bundesbahn-Versicherungsanstalt erst bekannt geworden, nachdem ihr auf ihre Bitte am 21. April 1959 Einsicht in die aus Anlaß des Unfalls erwachsenen Strafakten gewährt worden war. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, daß die Verjährungsfrist daher nicht vor dem 21. April 1959 in Lauf gekommen ist. Die Klägerin hat die Ansprüche mit der am 18. Mai 1961 zugestellten Klageerweiterung vom 17. Mai 1961 rechtshängig gemacht. Wegen zwischenzeitlicher Verhandlungen der Beteiligten über den zu leistenden Schadensersatz hat das Berufungsgericht aber den Ablauf der Verjährung nach § 14 Abs. 2 StVG vom 30. April bis 21. Juli 1959 als gehemmt angesehen. Bei Eintritt der Rechtshängigkeit war die Verjährungsfrist nach Ansicht des Berufungsgerichts daher nicht schon abgelaufen.
Die Revision vertritt demgegenüber die Meinung, die Verjährungsfrist habe bereits spätestens spätestens am 28. Januar 1959 begönnen, als die Bundesbahn-Versicherungsanstalt das Schreiben der Witwe S. erhalten habe. Darauf, daß die Witwe S. in diesem Schreiben irrtümlich den Beklagten nur als Fahrer des Unfallwagens bezeichnet habe, könne es nicht ankommen. Die zweijährige Verjährungsfrist des § 14 StVG gelte nicht nur für den Halter, sondern nach § 18 Abs. 1 StVG auch für den Fahrer des an einem Verkehrsunfall beteiligten Kraftfahrzeugs.
Unverkennbar hat das Berufungsgericht jedoch die Überzeugung gewonnen, daß die Bundesbahn-Versicherungsanstalt durch das Schreiben der Witwe S. in den Glauben versetzt worden ist, es mit zwei verschiedenen Personen als Haftpflichtigen zu tun zu haben. Kommen mehrere Personen als Schädiger in Betracht, so richtet sich die Verjährung der Ersatzansprüche des Berechtigten gegen jede einzelne von ihnen aber danach, wann er von der Person des betreffenden Schädigers Kenntnis erlangt hat. Die Bundesbahn-Versicherungsanstalt hat nach dem Inhalt ihres Aufforderungsschreibens vom 2. Februar 1959 von den beiden Personen, die ihr die Witwe S. in ihrer Mitteilung vom 27. Januar 1959 benannt hatte, nicht den Fahrer, sondern den Halter des Unfallwagens haftbar machen wollen. Wer wirklich Halter gewesen ist, hat sie aber nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vor dem 21. April 1959 erfahren. Mit Recht hat das Berufungsgericht daher angenommen, daß die Schadensersatzansprüche gegen den Halter des Unfallwagens, als der sich der Beklagte herausgestellt hat, nicht vor dem 21. April 1959 zu verjähren begönnen haben. Im Rechtsstreit ging es allerdings um die Schadensersatzpflicht des Beklagten nicht nur aus § 7 StVG, sondern auch aus § 823 BGB; weiter hatte sich die Erörterung auch auf § 18 StVG als Anspruchsgrundlage erstrecken können. Bei einer Anspruchsmehrheit gilt aber für jeden Anspruch die eigene Verjährung. Daß der Anspruch aus § 18 StVG gegen den Beklagten verjährt sein mochte, konnte den zuerkannten Anspruch aus § 7 StVG daher nicht berühren.
Der Beginn der Verjährungsfrist für den Anspruch aus § 7 StVG kann auch nicht darum vorverlegt werden, weil die Bundesbahn-Versicherungsanstalt auf anderweitige Erkundigungen möglicherweise schön vor dem 21. April 1959 hätte erfahren können, daß der Beklagte Halter des Unfallwagens war. Kann sich der Verletzte, dem Name und Anschrift des Ersatzpflichtigen unbekannt sind, die fehlenden Angaben in zumutbarer Weise ohne besondere Mühe verschaffen, so gilt zwar die Kenntnis von der Person des Ersatzpflichtigen als gegeben, sobald der Berechtigte auf entsprechende Erkundigung Auskunft erhalten hätte (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 9. Februar 1955 - VI ZR 40/54, LM Nr. 4 zu § 852 BGB = NJW 1955, 706 = VersR 1955, 234; vom 3. November 1961 - VI ZR 254/60, VersR 1962, 86). Das Vorbringen der Parteien läßt aber nicht erkennen, welche andere Erkundigung die Bundesbahn-Versicherungsanstalt noch dem Eingang des Rentenantrages der Witwe Stein hätte anstellen können als die Rückfrage bei ihr selbst. Ihr Rentenantrag hat keine Angaben über Art und Zeit des Unfalls enthalten. Es ist auch nicht erkennbar, inwiefern die Bundesbahn Versicherungsanstalt nach dem Eingang der Auskunft der Witwe S. Anlaß gehabt hätte, noch anderswo Erkundigungen einzuholen. Daß ihr Aufforderungsschreiben an Wolfgang Habekost unbeantwortet blieb, enthüllte nicht die Unrichtigkeit der Auskunft. Ob es, wie die Revision anzunehmen scheint, der Bundesbahn-Versicherungsanstalt zum Verschulden gereicht, beim Ausbleiben einer Antwort nicht sofort schon Schritte unternommen zu haben, in deren Folge ihr noch vor dem 21. April 1959 bekannt goworden wäre, daß Halter, des Kraftwagens der Beklagte war, kann dahingestellt bleiben, weil § 14 StVG Kenntnis von der Person des Ersatzspflichtigen voraussetzt und ein Kennenmüssen nicht genügt.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 ZPO.
Hanebeck
Dr. Bode
Dr. Hauß
Dr. Pfretzschner