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Vorkaufsrecht des Mieters

 Normen 

§ 577 BGB

 Information 

Der Mieter ist nach § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB unter zwei - gleichberechtigt nebeneinander stehenden - Alternativen zum Vorkauf berechtigt. Immer muss es sich dabei jedoch um Wohnraum handeln. Das Vorkaufsrecht besteht nicht bei einem gewerblichen Mietvertrag:

  • Voraussetzung der ersten Alternative ist, dass nach der Überlassung der vermieteten Wohnräume an den Mieter Wohnungseigentum begründet worden ist und dieses dann an einen Dritten verkauft wird (BGH 06.04.2016 - VIII ZR 143/15 zum Vorkaufsrecht an einer in demselben Objekt gelegenen Wohnung; BGH 22.11.2013 - V ZR 96/12).

    Dabei reicht es für die Entstehung eines Vorkaufsrechts nicht aus, wenn nach der Überlassung der Wohnräume an den Mieter Wohnungseigentum begründet worden ist. Vielmehr ist zusätzlich erforderlich, dass der Abschluss des Kaufvertrags mit dem Dritten der Begründung von Wohnungseigentum zeitlich nachfolgt. Wird dieses erst nach dem Verkauf an den Dritten begründet, scheidet ein Vorkaufsrecht aus (BGH 07.12.2016 - VIII ZR 70/16, BGH 22.11.2013 - V ZR 96/12; BGH 06.04.2016 - VIII ZR 143/15).

    Das Vorkaufsrechts des Mieters berechtigt bei dem Verkauf des von u.a. dem Mieter bewohnten Mehrfamilienhauses nicht zum Erwerb des gesamten Grundstücks. Nach der Entscheidung BGH 22.11.2013 - V ZR 96/12 entsteht das Vorkaufsrecht des Mieters bei dem Verkauf eines (noch) ungeteilten Mehrfamilienhauses im Grundsatz nur dann, wenn sich der Veräußerer vertraglich zur Durchführung der Aufteilung verpflichtet und ferner die von dem Vorkaufsrecht erfasste zukünftige Wohnungseigentumseinheit in dem Vertrag bereits hinreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar ist.

    Ein Vorkaufsrecht des Mieters entsteht auch dann, wenn vor der Überlassung der Mietsache an den Mieter die für die Aufteilung in Wohnungseigentum erforderliche Teilungserklärung (§ 8 WEG) bereits notariell beurkundet worden ist, weil die Teilung erst mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher wirksam wird (BGH 06.04.2016 - VIII ZR 143/15).

  • Nach der zweiten Alternative ist die Entstehung eines Vorkaufsrechts davon abhängig, dass nach der Überlassung der vermieteten Wohnräume an den Mieter Wohnungseigentum begründet werden soll und das zukünftige Wohnungseigentum an einen Dritten verkauft wird. Gegenstand des Vorkaufsrechts ist in diesem Fall ein sachenrechtlich noch nicht vorhandenes, aber in seiner Entstehung bereits angelegtes Wohnungseigentum. Das Vorkaufsrecht des Mieters entsteht in einem solchen Fall nur dann, wenn sich der Veräußerer beim Verkauf des noch ungeteilten Grundstücks gegenüber dem Dritten zur Durchführung der Aufteilung nach § 8 WEG verpflichtet und ferner die von dem Vorkaufsrecht erfasste künftige Wohneinheit in dem Vertrag bereits hinreichend bestimmt oder bestimmbar ist (BGH 06.04.2016 - VIII ZR 143/15).

    Das Vorkaufsrecht besteht insofern nicht, wenn die Wohnung an zum Hausstand des Vermieters gehörende Personen oder an seine Familienangehörigen verkauft wird.

Der Mieter muss vom Vermieter oder von dem Käufer von dem Inhalt des Kaufvertrages und das Bestehen eines Vorkaufsrechts unterrichtet werden. Bei Verletzung dieser Pflichten besteht ein Schadensersatzanspruch:

Sieht der Vermieter pflichtwidrig davon ab, den vorkaufsberechtigten Mieter über den Inhalt des mit einem Dritten über die Mietwohnung abgeschlossenen Kaufvertrags sowie über das Bestehen des Vorkaufsrechts zu unterrichten, so kann der Mieter, der infolgedessen von diesen Umständen erst nach Erfüllung des Kaufvertrags zwischen Vermieter und Drittem Kenntnis erlangt, Ersatz der Differenz von Verkehrswert und Kaufpreis (abzüglich im Falle des Erwerbs der Wohnung angefallener Kosten) verlangen. Dies gilt auch dann, wenn der Mieter sein Vorkaufsrecht nach Kenntniserlangung nicht ausgeübt hat (BGH 21.01.2015 - VIII ZR 51/14).

Die Ausübung des Vorkaufsrechts muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten erklärt werden. Die Frist beginnt mit dem Zugang der vollständigen Informationen über den Verkauf und das Bestehen eines Vorkaufsrechts.

Wenn der Mieter stirbt, geht das Vorkaufsrecht auf denjenigen über, der das Mietverhältnis nach § 563 BGB fortsetzt.

Das Vorkaufsrecht des Mieters kann weder in Allgemeinen Geschäftsbedingungen noch individualvertraglichen Vereinbarungen zu seinem Nachteil ausgeschlossen werden (§ 575 Abs. 5 BGB).

 Siehe auch 

Probe - Kauf auf

Vorkaufsrecht

Vorkaufsrecht der Gemeinde

Vorkaufsrecht der Miterben

Wiederkauf

Bacher: Das gesetzliche Vorkaufsrecht des Mieters beim Verkauf an Familienangehörige und beim en-bloc-Verkauf, (Anmerkung zu BGH, U. v. 22.06.2007 - V ZR 269/06); Monatsschrift für Deutsches Recht - MDR 2007, 1349