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Bürgergeld - Sanktionen

 Normen 

§§ 31 - 32 SGB II

 Information 

Das Recht der durch erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei dem Bezug von Bürgergeld begangenen Pflichtverstöße ist wie folgt geregelt:

  • In § 31 SGB II sind die zu einer Sanktion führenden Pflichtverstöße aufgeführt.

  • Die verschiedenen Sanktionen selbst sind in § 31a SGB II geregelt. Diese wurden zum 01.01.2023 neu gefasst:

    Absatz 1 Satz 1 regelt die Leistungsminderung - soweit diese nach Prüfung des Einzelfalls keine außergewöhnliche Härte nach Absatz 3 darstellt. Die Sanktionen sind gestaffelt:

    • Sie beträgt bei einer Pflichtverletzung 10 % des maßgebenden Regelbedarfs.

    • Bei einer weiteren Pflichtverletzung mindert sich das Bürgergeld um 20 % des maßgebenden Regelbedarfs.

    • Bei jeder weiteren Pflichtverletzung mindert sich das Bürgergeld um 20 % des maßgebenden Regelbedarfs.

    Aber: Bei nachträglicher Pflichterfüllung oder der ernsthaften und nachhaltigen Bereiterklärung zur Pflichterfüllung ist die Leistungsminderung aufzuheben. Leistungsminderungen sind nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 20/3873) nur zumutbar, wenn sie an die Eigenverantwortung der Betroffenen anknüpfen. Die Erklärung muss dabei ernsthaft, nachhaltig und insgesamt glaubhaft sein. Es bedarf jeweils einer prognostischen Einschätzung, ob die Erklärung den Rückschluss erlaubt, dass die oder der Leistungsberechtigte in Zukunft ihren oder seinen Pflichten nachkommen wird. Hierbei sind die Umstände im Einzelfall zu würdigen. Die Minderung ist dann gemäß § 31b Abs. 2 S. 2 SGB II aufzuheben.

    Absatz 2 Satz 1 regelt die Möglichkeit der persönlichen Anhörung. Leistungsberechtigte sind im Rahmen der Aufklärung des Sachverhalts der Pflichtverletzung und im Zusammenhang stehender Umstände gemäß § 24 SGB X anzuhören. Soweit die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten persönlich angehört werden möchten oder Anhaltspunkte vorliegen, dass es ihnen nicht gelingt, die Umstände ihres Falles nur schriftlich darzulegen, soll die Anhörung in einem persönlichen Gespräch erfolgen. Dies kann nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 20/3873) insbesondere bei Personen mit eingeschränkten Lese- und Schreibfähigkeiten, mit gesundheitlichen, insbesondere psychischen Problemlagen oder mit besonderen Belastungssituationen der Fall sein.

    Nach Absatz 2 Satz 2 soll das Jobcenter persönlich anhören, wenn die Leistungsberechtigten ohne Vortrag eines wichtigen Grundes wiederholt ihre Pflichten verletzen oder Meldetermine versäumen. Ziel der Regelung ist es, dauerhafte Leistungsminderungen und einen daraus gegebenenfalls resultierenden dauerhaften Kontaktabbruch zum Jobcenter zu vermeiden und festzustellen, was ursächlich für das Verhalten der Leistungsberechtigten ist.

    Vorliegen einer außergewöhnlichen Härte:

    Absatz 3 regelt die Verpflichtung der Jobcenter bei jeder Leistungsminderung zu prüfen, ob diese eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Ist dies der Fall, hat die Minderung zu unterbleiben.

    Die Regelung sichert die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Zumutbarkeit einer Sanktion im konkreten Einzelfall. So hat das Bundesverfassungsgericht gefordert, Leistungsminderungen in das Ermessen des Jobcenters zu stellen oder durch eine Härtefallregelung sicherzustellen, dass von einer unzumutbaren Leistungsminderung abgesehen werden kann.

    Für eine außergewöhnliche Härte muss eine atypische Ausgangslage vorliegen bzw. eine atypische Folge eintreten, die für den Betroffenen einen deutlich härteren Einschnitt bedeuten würde, als es die Minderung in der Regel nach sich ziehen würde. Die Wirkung der Leistungsminderung muss in diesen Fällen ihrer Art und Schwere nach so ungewöhnlich sein, dass im Hinblick auf den Zweck der Mitwirkungspflicht (Minderung oder Überwindung der Hilfebedürftigkeit oder Eingliederung in den Arbeitsmarkt) die Minderung unvertretbar wäre. Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn durch die Minderung eine dauerhaft negative Prognose im Hinblick auf die Integration in den Arbeitsmarkt gegeben ist.

    Keine "außergewöhnliche Härte2 begründet nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 20/3873) allein die üblicherweise mit der Minderung der Leistung einhergehende Beschränkung der zur Verfügung stehenden Mittel, da der Gesetzgeber diese Folge gerade bezweckt hat. Daher ist ohne das Hinzutreten atypischer Umstände des Einzelfalls keine "außergewöhnliche Härte" anzunehmen.

    In die Prüfung der außergewöhnlichen Härte ist nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 20/3873) nicht nur die von der Leistungsminderung betroffene Person, sondern jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft einzubeziehen.

  • Der Beginn und die Dauer der Minderung sind in § 31b SGB II geregelt.

  • Die Verletzungen einer Meldepflicht oder der Pflicht zum Erscheinen zu einem Untersuchungstermin sind gesondert in § 32 SGB II geregelt.

 Siehe auch 

Agentur für Arbeit

Ältere Arbeitnehmer

Arbeitsgelegenheit

Arbeitslosengeld

Bürgergeld

Bürgergeld - Einkommen und Vermögen

Nichteheliche Lebensgemeinschaft - Sozialleistungen

Vorgezogene Altersrente SGB II

Estelmann: SGB II. Kommentar; 1. Auflage 2023

Fischer: Medizinische Untersuchungen zur Prüfung der Leistungsvoraussetzungen für Arbeitslosengeld II; Neue Zeitschrift für Sozialgeld - NZS 2021,537

Groth/Güssow: Änderungen des SGB II im Überblick - das neue Bürgergeld; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2023, 184