Ärztliche Behandlungsfehler - Anwalt einschalten?

Behandlungsfehler Schadensersatz Tabelle - Anwalt Behandlungsfehler
17.11.202245 Mal gelesen
Ärztliche Behandlungsfehler Anwalt: Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend machen durch einen Anwalt für Behandlungsfehler incl. Schmerzensgeld Tabelle!

Schadensersatzansprüche geltend machen | Schmerzensgeldtabelle

In jedem Beruf werden Fehler gemacht. Auch Ärzte machen (Behandlungs-) Fehler. Selten kommen dabei Patienten zu Schaden. Daraus resultierende Folgen sind jedoch oft für die Patienten selbst oder deren Angehörige untragbar. Der Medizinische Bund der Krankenkassen (kurz: MDK) erhebt jährlich Daten, die die Anzahl der ärztlichen Behandlungsfehler statistisch aufzeigen. Pro Jahr  werden durchschnittlich 15.355 Behandlungsfehlergutachten durch den MDK vorgenommen. (1)

Grundsätzlich stellt sich zunächst die Frage, ob überhaupt ein Behandlungsfehler vorliegt und weiterhin, ob der behandelnde Arzt für die aus dem Behandlungsfehler resultierenden Schäden haftbar gemacht werden kann. Im Folgenden soll das Prozedere samt möglicher Problemfälle im Überblick veranschaulicht werden und verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt werden, um etwaige Ansprüche durchzusetzen.

 

Was sind ärztliche Behandlungsfehler?

Die Vorschriften über den Behandlungsvertrag sind hier zentral. Das Bürgerliche Gesetzbuch (kurz: BGB) enthält in den §§ 630a ff. die entsprechenden Regelungen. Der § 630a Abs. 2 BGB besagt, dass eine medizinische Behandlung grundsätzlich nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen hat, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist. Hat also durch den Arzt eine von den in der Vereinbarung genannten Standards abweichende Behandlung stattgefunden, stellt dies einen Behandlungsfehler (=Pflichtverletzung) dar. 

Behandlungsfehler können sich bspw. durch Mängel in der Diagnose oder Therapie, durch Verstöße gegen Hygienestandards oder Organisationsfehler (Behandlungsfehler im engeren Sinn) sowie durch unrichtige, unvollständige oder unverständliche Aufklärung, § 630e Abs. 1 BGB (Behandlungsfehler im weiteren Sinn) ausdrücken. Der Arzt hat die Pflicht, den Patienten über Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Diagnose oder Therapie zu unterrichten. Gemäß § 630e Abs. 1 S. 3 BGB muss der Arzt auch auf Alternativen zur Maßnahme hinweisen, wenn mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Methoden zu wesentlich unterschiedlichen Belastungen, Risiken oder Heilungen führen können.

Behandlungsfehler - Beispielsfall

Ein Beispiel aus unserer Kanzlei soll einen Fall eines Behandlungsfehlers erklären.

Der 61-jährige Mann (Patient) kam wegen offenen Wunden und Wasser in den Beinen in die Praxis seiner Hausärztin und bat um Behandlung. Es dauerte Monate, bis Wundexperten hinzugezogen wurden, obwohl sich der Zustand des Patienten stetig verschlechterte. Die Wunden wurden 1x im Monat gesäubert und verbunden und es wurden Thrombosestrümpfe von einem Gefäßchirurgen verschrieben. Da die Wunden weiterhin nicht heilten, wurde nach weiteren 2 Monaten entschieden, dass sie jeden Tag verbunden werden müssen. 

Das Verbinden von Wunden in Form einer Kompressionstherapie, wie es in diesem Fall gemacht wurde, hätte durchgehend von geschultem Personal in technisch korrekter Art und Weise durchgeführt werden müssen und nicht teilweise von der Ehefrau des Patienten, die über diese geschulte Technik nicht verfügt. Die Hausärztin verstieß gegen die allgemeinen Regeln der ärztlichen Kunst und verschuldete einen Organisationsmangel, da sie die Ehefrau an 3 Tagen der Woche die Wunden ihres Ehemannes verbinden ließ.

Einen Monat später zeichnete sich ein dunkler Fleck an der Ferse des Patienten ab. Der Gefäßchirurg entschied, dass ein Pflaster genug sei und unterließ jede weitere Behandlung. Er stellte eine Diagnose. 2 Wundexperten wollten sich eine weitere Meinung einholen, da die Wunden "gar nicht gut" aussehen würden und der Patient zudem über Schmerzen in den Unterschenkeln klagte.

Ein weiterer Besuch bei der Hausärztin führte nur zur Verabreichung von Schmerzmitteln (Morphin). Die Ehefrau des Patienten berichtete gegenüber der Hausärztin, eine Woche nach Beginn der Einnahme der Schmerztabletten, über ständige Müdigkeit und Appetitlosigkeit des Patienten und bat um Aufklärung. Diese wurde aufgrund Zeitmangels nicht vorgenommen. Einen Tag später ist der Patient zuhause zusammengeklappt und musste ins Krankenhaus. Es stellte sich heraus, dass die Hausärztin sehr starkes Oxycodon verschrieben hatte und kein Morphin. Im Krankenhaus erlitt der Patient aufgrund der Medikamente eine schwere Sepsis und wurde noch am selben Tag operiert, wobei nicht sicher war, ob er mit dem Leben davonkommt. Durch eine frühere Einweisung hätte das Folgende verhindert werden können.

Es wurden insgesamt 4 Operationen durchgeführt. Die letzte war eine Unterschenkelamputation unterhalb des Knies. Ungefähr 2 Monate später wurde der Patient entlassen.

Es stellte sich im Nachhinein heraus, dass der Gefäßchirurg eine falsche Diagnose stellte und eine frühere Behandlung die spätere Amputation hätte verhindern können. Ein weiterer Verstoß gegen die allgemeinen Regeln der ärztlichen Kunst lag somit auch hier vor.

 

Wie haftet ein Arzt für einen Behandlungsfehler?

Der behandelnde Arzt haftet nur dann, wenn die Symptome (z.B. ausbleibender Behandlungserfolg oder unerwünschte Nebenwirkungen) des Patienten ursächlich auf den Behandlungsfehler zurückzuführen sind und nicht grundsätzlich für jeden Behandlungsfehler, der beim Patienten zu neuen oder verschlimmerten fortbestehenden Leiden führt. Den Ursachenzusammenhang zwischen beidem muss der Patient im Regelfall beweisen. 

Es gibt jedoch Ausnahmen in § 630h Abs. 4 und 5 BGB: Der Ursachenzusammenhang wird gesetzlich vermutet, wenn der behandelnde Arzt nicht für die von ihm durchgeführte Behandlung befähigt war oder wenn ein grober Behandlungsfehler vorliegt und es jeweils tatsächlich zu einer Verletzung des Lebens, des Körpers oder Gesundheit gekommen ist.

 

Hat der Patient einen Schmerzensgeldanspruch?

Die Art und Schwere der körperlichen Schäden und seelischen Leiden bestimmt grundsätzlich über den Schmerzensgeldanspruch. Zukunfts- und Existenzängste sowie Hilflosigkeit bis ans Lebensende erhöhen den Anspruch ebenso wie körperliche Beeinträchtigungen oder lange Krankenhausaufenthalte. Muss der Patient sogar Organe oder Körperteile einbußen oder erleidet er eine schwere körperliche Behinderung, wird das Schmerzensgeld ebenfalls erhöht.

Die horrenden Summen, die in den USA zum Beispiel ausgezahlt werden, sind nicht vergleichbar mit denen, die in Deutschland ausgezahlt werden. Deutsche Richter sind nicht sehr großzügig, wenn es um einen Schmerzensgeldanspruch geht. Die Höhe hängt von einigen Faktoren ab, darunter die Schwere der Verletzung, vorhandene Folgeschäden, die Anzahl der Operationen und die Länge der Krankenhausaufenthalte. (2)

Sie können im Internet verschiedene Schmerzensgeldtabellen einsehen, um ganz grob herausfinden zu können, ob und in welcher Höhe Ihnen ein Anspruch zusteht. Beachten Sie dabei jedoch, dass jeder Fall unterschiedlich ist und die Höhen sehr variabel sind.

Kopfverletzungen

Verletzungen am Hals

Verletzungen der Wirbelsäule HWS - BWS - LWS

Oberkörperverletzungen

Schulter- und Armverletzung

Unterkörperverletzungen

Hüftverletzungen

Verletzungen am Bein, Knie und Fuß

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Verbrennungen

Geburtsfehler

Polytrauma

Hundebissverletzungen

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Vergewaltigung

Appalisches Syndrom

Freiheitsentziehung

Sonstige Verletzungen

Wie ist die Verjährung geregelt?

Die Verjährungsfrist beträgt grundsätzlich  3 Jahre, ab Kenntnis des Patienten über diejenigen Einzelheiten, die auf einen Behandlungsfehler zurückführen, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB.

Stichtag ist der 31.12., also erfährt ein Patient im Jahr 2022 von einem Behandlungsfehler, verjährt dieser mit Ablauf des Jahres 2025, also am 31.12.2025.

30 Jahre nach der Begehung des Behandlungsfehlers kann sich der Arzt unabhängig von dem Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs und der Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis des Patienten auf Verjährung berufen, § 199 Abs. 2 BGB.

Diese Frist kann gehemmt werden, bspw. durch einen Schlichtungsantrag des Patienten bei der Schlichtungsstelle für Arzthaftungsfragen. Die Verjährung tritt in solchen Fällen erst nach Ablauf von 6 Monaten nach Ende bzw. nach Anbruch des Schlichtungsverfahrens ein, § 204 BGB.

Der Anspruch wird ebenfalls gehemmt, wenn zwischen den beiden Parteien Verhandlungen stattfinden. Sie dauert auch nach Abbruch der Verhandlungen noch 3 Monate nach, § 203 BGB.

 

So sollten Sie verfahren

Vermuten Sie einen Behandlungsfehler, sollten Sie eine zweite Meinung einholen und sämtliche Untersuchungen und Behandlungen (so ausführlich wie möglich) dokumentieren.

Zudem legen wir Ihnen nahe, dass Sie Ihre Behandlungsunterlagen anfordern. Sie haben ein gesetzliches Recht auf Einsicht in Ihre (vollständige!) Patientenakte, auch ohne dringenden Grund, § 630g BGB. Etwaig anfallende Kosten für das Kopieren müssen Sie jedoch selbst tragen. Weiterhin sollten Sie Ihren behandelnden Arzt von der Schweigepflicht entbinden, andernfalls können Krankenkassen und Gutachter keine Dokumente und sonstige Informationen anfordern. Ihre Krankenkasse kann Ihnen entsprechende Vordrucke aushändigen.

Um den Ablauf der Behandlung und mögliche Fehler zu beweisen, sollten Sie ein Gedächtnisprotokoll verfassen. Dabei ist es wichtig, das "Was", "Wann" und "Wo" der Behandlung niederzuschreiben sowie etwaige Beschwerden und Schmerzen.

 

Haben Sie Fragen?

Sind Sie von einem ärztlichen Behandlungsfehler betroffen und möchten rechtliche Schritte einleiten? Senden Sie uns eine Nachricht oder rufen Sie uns in unserer Kanzlei unter der 04202 63 83 70 an. Wir helfen Ihnen gerne!

 

Quellen

  1. Behandlungsfehlergutachten | Statistik | Medizinischer Dienst Bund (md-bund.de)
  2. Schmerzensgeld: Welche Höhe können Betroffene erwarten? (bussgeldkatalog.de)
  3. https://rechtsanwaltkaufmann.de/allgemeinrecht/zivilrecht/behandlungsfehler-anwalt
Foto von Karolina Grabowska von Pexels

Dieser Artikel wurde geschrieben von Michelle Engelmann