Der Bundesgerichtshof hat sich wieder einmal mit der Haftung von Geschäftsführen im Insolvenzfalle befasst. Zum Sachverhalt:
Der Kläger ist Insolvenzverwalter einer GmbH. Er nimmt den Beklagten als ehemaligen Geschäftsführer auf Erstattung von Zahlungen in Anspruch, die dieser vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, aber nach Eintritt der Insolvenzreife veranlasst hat. Die Gesellschaft war Teil eines Konzerns. Nachdem dieser in eine wirtschaftliche Schieflage geraten war, ließen die anderen Konzerngesellschaften an sie gerichtete Zahlungen in Höhe von mehr als 500.000 ? auf das Geschäftskonto der GmbH überweisen, um eine Vereinnahmung der Gelder durch ihre Hausbanken zu verhindern. Von diesem Geschäftskonto ließ der Beklagte insgesamt 329.980 ? an Gläubiger der anderen Gesellschaften auszahlen. An demselben Tag beantragte er für diese Gesellschaften, deren Geschäftsführer er ebenfalls war, die Eröffnung der Insolvenzverfahren. Kurz darauf stellte er auch für die GmbH einen Insolvenzantrag. Das Berufungsgericht hat der Klage auf Erstattung der 329.980 ? im Wesentlichen stattgegeben. Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten. Der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat der Revision stattgegeben und die Klage abgewiesen. Zentrales Problem des Falles war die Frage, ob die Pflicht des Geschäftsführers zur Massesicherung nach § 64 Abs. 2 GmbHG auch dann eingreift, wenn er nach Insolvenzreife der eigenen Gesellschaft Gelder auszahlt, die der Gesellschaft lediglich treuhänderisch von anderen Konzerngesellschaften überlassen worden sind. Der Senat hat angenommen, dass grundsätzlich auch diese Gelder unter den Schutz des § 64 Abs. 2 GmbHG fallen, weil sie in der Insolvenz nicht von den anderen Gesellschaften herausverlangt werden können, sondern endgültig in die Insolvenzmasse fallen und damit zur gleichmäßigen Befriedigung aller Gesellschaftsgläubiger zu verwenden sind. Ob das anders ist, wenn die Gelder auf gesonderten Treuhandkonten verwaltet werden, konnte der Senat offen lassen, da solche Treuhandkonten hier nicht eingerichtet waren.
Der BGH hat aber angenommen, dass der Beklagte durch die Zahlungen dennoch nicht ersatzpflichtig geworden sei, weil er in der konkreten Situation mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns i. S. des § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG gehandelt habe. Dafür war ausschlaggebend, dass der Beklagte zu den anderen Konzerngesellschaften ein besonderes Treueverhältnis begründet hatte, indem er die allein diesen Gesellschaften zustehenden Gelder zu dem Zweck entgegengenommen hatte, damit deren Schulden zu begleichen. Er war einerseits gehalten, die Gelder für die Insolvenzmasse der GmbH zu sichern, andererseits musste er aufgrund des Treueverhältnisses zu den anderen Gesellschaften die Gelder an deren Gläubiger auszahlen. Diese Pflichtenkollision hat der Senat mit dem Fall verglichen, dass ein Geschäftsführer nach Eintritt der Insolvenzreife Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung unter Verstoß gegen § 64 Abs. 2 GmbHG zahlt, um sich nicht strafrechtlicher Verfolgung nach § 266 a StGB auszusetzen. Wie in diesem Fall hat er auch im vorliegenden Fall angenommen, der Geschäftsführer handle nicht sorgfaltswidrig, wenn er in einer derartigen Pflichtenkollision die Gelder auszahle.
Aber soweit wollen Sie es möglichst nicht kommen lassen. Denn es ist grundsätzlich traurige Wahrheit, dass man besser daran tut, früher als später den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Die Hoffnung, durch ein Zuwarten die Situation für alle Beteiligten zu verbessern, trügt oftmals. Alle Kraftakte Ihrerseits, eine Krise auch einmal am formalen Recht vorbei zu meistern, werden im Falle des Scheiterns von der Staatsanwaltschaft grundsätzlich erst einmal nicht honoriert. Bei ersten Anzeichen einer Krise und der nicht vorhandenen Möglichkeit einer Kapitalaufstockung / Liquiditätszufuhr seitens des Gesellschafters sollten Sie anwaltlichen Rat einholen, um zumindest den Versuch zu unternehmen, im weiteren operativen Geschäft Ihr persönliches Risiko zu reduzieren.